Cover des Buches Das geraubte Leben des Waisen Jun Do (ISBN: 9783518465226)
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Rezension zu Das geraubte Leben des Waisen Jun Do von Adam Johnson

Jun Do's Leiden

von rallus vor 9 Jahren

Rezension

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rallusvor 9 Jahren

Kann man ein Buch schlecht finden was die Ungeheuerlichkeit der Mächtigen einer Diktator anprangert, was die Foltermethoden an unschuldigen Menschen beschreibt, was uns ein Einzelschicksal detailliert zeigt, ein Mensch der nicht durch seine Schuld in die Fänge des Geheimdienstes kommt, wie so viele, und dessen Methoden ausgesetzt wird? Ich habe für mich beschlossen zu sagen, dass ich das Buch persönlich nicht gut finde. Die Gründe werde ich gleich erläutern.

Das geraubte Leben des Waisen Jun Do spielt in Nordkorea. Pak Jun Do wächst im Waisenhaus auf, aber nicht weil er Waise ist, sondern weil sein Vater als Aufseher dort arbeitet. Er wird im Militär eingesetzt, raubt Menschen aus Japan, verbringt die Zeit auf einem umgebauten Fischerkutter und erlebt die - aus westlicher Sicht - sehr schräge Art und Weise seines geliebten Führers Kim Jong II seine Untergebenen zu führen. Natürlich fragt man sich ob dies auch alles so richtig ist, wie es hier dargestellt wird, doch man glaubt gerne diesen Darstellungen, die des öfteren doch mal ins Groteske abgleiten. Aber sind Diktaturen nicht alle grotesk? Sehr schräg werden die Beschreibungen, als Jun Do nach Texas reist. Jun Do lernt Englisch von einem gekidnappten Schwarzen und spricht anscheinend flüssig in Amerika mit allen Beteiligten. Nach seiner Reise wird er festgenommen und des Hochverrates angeklagt.

Aber auch ab jetzt schwankt die Stimmung des Buches nicht, sie ist irgendwie heiter und unbedarft, Rippenbrechende Schläge werden mit einem Lächeln entgegengenommen, ja die Geschichte dreht im zweiten Teil des Buches regelrecht ins Groteske ab. Nach einiger Zeit wird klar dass Jun Do sich in sich zurückzieht, dorthin wo ihm keiner folgen kann und alle Erlebnisse und Erzählungen sind in der kleinen Kammer seines Gehirnes, werden mit der Wirklichkeit vermischt und der Leser verirrt sich immer mehr in die Märchenwelt des Jun Do.

So weit so gut, doch muss dies über 400 Seiten dauern? Es passiert im eigentlichen Sinne nicht mehr viel, die Beschreibungen wiederholen sich, man weiß was der Autor uns sagen will, aber er entläßt einen nicht. Was genau bezweckt er damit?! Sicher sind die Zustände in Nordkorea untragbar und die Art der Unterdrückung menschenverachtend und grausam. Auch hat Adam Johnson einen guten Kniff gefunden diese Zustände in Form eines Buches zu schildern, aber....

Es ist zu lang, es ist einfach nicht gut erzählt, es hat für einen Roman keine gute Spannungsführung, ja es langweilt regelrecht gegen Ende hin. Jun do ist einer der wenigen die dem Regime entfliehen können, wenn auch nur ins Innere.

"'Und das, was die Leute zurücklassen, einen Rasierpinsel, ein Paar Schuhe, wie lächerlich das hinterher wirkt, man kann es mit Händen fassen, ober ohne den Menschen hat es jede Bedeutung verloren.' 'Was habe ich denn geschafft?' 'Das hier' sgate er, 'das, was Du machst.''wWas mache ich denn?''Es gibt kein Wort dafür, weil es noch nie jemand getan hat.'"

Am Ende ist man erleichtert dass das Buch zu Ende ist. Ein Märchen mit guten Ansätzen aber einer insgesamt schlechten Ausführung, für mich keine gute literarische Umsetzung des Themas in Romanform.


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