Rezension zu "Das Grab am Fjord" von Agnes Lovise Matre
Aber natürlich haben sie welche. Das hat etwas mit der Arbeitsweise unseres Gehirns zu tun, die wir nicht verändern können, auch wenn oft das Gegenteil behauptet wird. In diesem Kriminalroman geht es um Vorurteile gegen Schwule.
In einem Dorf in der Nähe von Bergen wird seit 35 Jahren ein Junge vermisst. Manche behaupten, er hätte sich einfach davon gemacht. Aber so wirklich klar ist das nicht. Morten Vik war schwul.
Als man einen Arm auf einem Grundstück des Dorfes ausbuddelte, dachte man, es würde sich um die sterblichen Überreste von Morten handeln. Die Mordkommission um Kommissar Bengt Alvsaker beginnt zu ermitteln. Dabei stellt sich heraus, dass im Dorf nicht nur Morten Vik schwul war, sondern noch etliche andere. Ob das realistisch ist, sei einmal dahingestellt. Auch die verschwundene Mutter von Bengt Alvsaker ist vermutlich lesbisch. Das setzt der Konstellation gewissermaßen die Krone auf und macht das ganze Buch nebenbei zu einer Art Erziehungsroman. Etwas weniger dick aufzutragen, würde glaubhafter und nicht dermaßen überzogen wirken, wie das in dieser Handlung leider der Fall ist.
Denn neben dem verschwundenen Morten Vik und der Mutter von Bengt hat auch noch ein Mitglied der Mordkommission eine sexuelle Ausrichtung, die ihn zum Mordopfer werden lässt. Unruhe breitet sich unter den Polizisten aus. Bald folgt das nächste homosexuelle Opfer einer offensichtlich durch die Grabungen der Polizei ausgelösten Mordserie.
Wie das in solchen Büchern üblich ist folgen nun zahlreiche falsche Fährten, die nicht zum Täter führen und den Leser verwirren sollen. Allerdings streut die Autorin auch Andeutungen, die auf die richtige Spur führen, jedoch den Täter nicht offenbaren. Der erscheint dann am Ende als echte Überraschung, weil ihn niemand auf dem Schirm hatte.
Das Buch ist nicht schlecht, weil es die reichlich konstruierte Geschichte spannend erzählt. Konstruiert ist sie allein deshalb, weil es in dieser Handlung einfach zu viele Schwule gibt. Eine solche Häufung geht weit über den statistischen Rahmen hinaus. Sie wird aber für die Handlung gebraucht. Vermutlich aber gerät dies aus dem Blick, weil man als moderner Zeitgenosse die geballte Aussage dieses Kriminalromans natürlich akzeptiert, denn sie ist schließlich grundsätzlich richtig. Auch mit weniger Übertreibung hätte man das sicher ähnlich hingekriegt.