Aharon Appelfeld

 3,9 Sterne bei 107 Bewertungen

Lebenslauf

Aharon Appelfeld ist ein israelischer Schriftsteller, welcher ursprünglich 1932 in einem Ort in der Nähe von Czernowitz geboren wurde, der damals noch zu Rumänien gehörte. Erst nach Kriegsende kam er nach Palästina, wo er hebräisch lernte und 1950 auch erste Erzählungen in hebräisch verfasste. Während des Krieges wurde seine Mutter von Antisemiten umgebracht und er und sein Vater in ein Lager gesperrt. Ihm gelang die Flucht und er schaffte es, sich als Gelegenheitsarbeiter zu behaupten, ohne seine jüdischen Wurzeln preiszugeben. Später schloss er sich der Roten Armee an. Mittlerweile ist sein Werk mehrfach ausgezeichnet, beispielsweise bekam er 1999 den nationalen jüdischen Buchpreis für sein Werk "Der Eiserne Pfad".

Alle Bücher von Aharon Appelfeld

Cover des Buches Blumen der Finsternis (ISBN: 9783499253201)

Blumen der Finsternis

(12)
Erschienen am 01.03.2010
Cover des Buches Ein Mädchen nicht von dieser Welt (ISBN: 9783499268960)

Ein Mädchen nicht von dieser Welt

(14)
Erschienen am 24.03.2017
Cover des Buches Geschichte eines Lebens (ISBN: 9783499242472)

Geschichte eines Lebens

(12)
Erschienen am 01.07.2006
Cover des Buches Elternland (ISBN: 9783499245404)

Elternland

(10)
Erschienen am 01.10.2008
Cover des Buches Katerina (ISBN: 9783499255106)

Katerina

(9)
Erschienen am 01.08.2011
Cover des Buches Die Eismine (ISBN: 9783499244216)

Die Eismine

(7)
Erschienen am 02.01.2007
Cover des Buches Auf der Lichtung (ISBN: 9783499268915)

Auf der Lichtung

(6)
Erschienen am 26.06.2015

Neue Rezensionen zu Aharon Appelfeld

Cover des Buches Blumen der Finsternis (ISBN: 9783499253201)
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Rezension zu "Blumen der Finsternis" von Aharon Appelfeld

SotsiaalneKeskkond
das schlagartige Ende einer Kindheit

Mitten im Zweiten Weltkrieg sind die Würfel für die Vernichtung der Juden gefallen. Tag für Tag verschwinden mehr und mehr Juden. Dementsprechend versuchen Eltern immer verzweifelter ihre Kind in Sicherheit zu bringen. So wird auch der zwölfjährige Hugo von seiner Mutter zu einer alten Schulfreundin gebracht. Bei dieser lebt er nun Tag ein, Tag aus in deren Abstellkammer. Doch Mariana ist nicht der Typ Mensch, den man als idealen Umgang für seine Kinder bezeichnen würde. Denn Mariana verdient ihr Geld als Prostituierte. Hinzu kommt noch, dass sie ihre psychischen Probleme zunehmend in Alkohol ertränkt. 

Irgendwie bin ich gerade in einer melancholischen Stimmung und habe das Bedürfnis über Verfolgung im Dritten Reich bzw. die Shoah zu lesen. Dementsprechend kam mir diese literarische Aufarbeitung des Autors gerade gelegen. Denn der Autor beschäftigt sich in all seinen Werken mit der Judenverfolgung im Zweiten Weltkrieg, die er selbst am eigenen Leib erfahren hat müssen. 

In diesem Roman tritt die Shoah aber zunehmend in den Hintergrund, gibt mehr das Setting an. Denn der Handlungsort beschränkt sich weite Teile des Buches über nur auf Marianas Zimmer und der dazu gehörenden Abstellkammer. Viel mehr liegt der Wandel Hugos vom Kind hin zum Erwachsenen im Vordergrund. So erscheint es für die Leserschaft erschreckend, wie Hugo tagtäglich Alkoholkonsum und sexuellen Missbrauch erlebt, ohne selbst verstehen zu können, was gerade geschieht. Auch wird er von Mariana zunehmend psychisch belastet. Sie sieht in ihm den Anker, der sie im Leben hält; das Tor durch dass sie für wenige Momente ihrem traurigen Alltag entfliehen kann. 

All das ist schwer zu ertragen und man kann sich glücklich schätzen, nicht Hugos ungewisses Schicksal teilen zu müssen. So ist Aharon Appelfelds Buch ein geschichtlich bedeutendes Stück Literatur im Kampf gegen das Vergessen. 

Die Funktionen des Schlafs

Der Mann, der nicht aufhörte zu schlafen, ist eigentlich ein Junge bzw. ein Jugendlicher. Seine Erzählung beginnt nach Ende des Zweiten Weltkrieges, als er sich mit anderen Juden auf der Flucht von Osteuropa (im Grenzgebiet zwischen dem heutigen Rumänien und der Ukraine) nach Neapel befindet. Allerdings nimmt er an der Flucht nicht aktiv teil, sondern schläft fast pausenlos, weswegen ihn die anderen tragen. Erst in Neapel kommt er langsam wieder zu sich. Dort wird er Teil einer Gruppe, die sich auf die Auswanderung und die Gründung des Staates Palästina vorbereitet und sich damit von den restlichen Flüchtlingen unterscheidet. In einer Art Bootcamp wird er, Erwin, fit gemacht, im Umgang mit Waffen trainiert und er lernt Hebräisch. Aber auch hier braucht Erwin zwischendurch immer wieder Tage zum Schlafen. Irgendwann kommt es tatsächlich zur Auswanderung. Auf der anderen Seite des Mittelmeers geht es zunächst ähnlich weiter wie in Neapel. Doch dann kommt die erste militärische Auseinandersetzung, bei der Erwin, der nun Aharon heißt, verwundet wird, noch ehe der Kampf richtig angefangen hat. Seine Beine sind schwerst verletzt, sodass es ungewiss ist, ob er jemals wieder gehen kann. Sein langer Genesungsprozess nimmt ungefähr die zweite Hälfte des Buches ein.

Warum schläft er nun so viel? Nun, zum einen verdrängt er durch den Schlaf seine Kriegserlebnisse (Eingesperrtsein, Folter) und den Verlust seiner Familie (im Konzentrationslager). Er flüchtet sich also in den Schlaf, um zu vergessen. Zum anderen entflieht er damit auch der Realität, in der er sich eine neue Existenz, gar eine neue Identität aufbauen muss. Schließlich bietet ihm der Schlaf eine Möglichkeit, mit seiner Familie vereint zu sein. Denn in seinen Träumen (davon hat er reichlich) trifft er immer irgendein Familienmitglied, meist die Mutter, um über Gegenwart und Vergangenheit zu diskutieren. Damit ist der traumreiche Schlaf natürlich auch eine Entscheidungshilfe, eine Art Kompass für die Gegenwart.

Neben dem Schlaf gibt es noch weitere zentrale Motive in diesem wohl autobiographisch geprägten Roman. Da wäre zunächst das Motiv der Schuld: Erwin fühlt sich schuldig, weil er ein neues Leben in einem neuen Land anfängt und dabei seine Muttersprache ablegt und einen neuen Namen annimmt. Das fühlt sich für ihn an wie Verrat. 

Daneben gibt es das Motiv des Schreibens: Erwins Vater träumte von einer großen Schriftstellerkarriere, doch kein Verlag hatte Interesse an seinen Werken, was ihn verzweifeln ließ. An die unermüdlichen Bemühungen des Vaters will Erwin nun anknüpfen und nutzt v.a. seine Rekonvaleszenzzeit, um sich dem Schreiben anzunähern, was natürlich zugleich einen Akt der Heilung auf physischer und psychischer Ebene bewirkt.

Schließlich gibt es noch das Motiv des Hauses, des Zuhauses. Zuhause ist nicht notwendigerweise ein fester Ort, also ein Haus. Zuhause ist vielmehr ein Gefühl, das sich einstellt, wenn man mit den richtigen Menschen zusammen ist. Und das kann durchaus im Traum sein, wo sich Erwin mit seiner Familie verbunden fühlt.

Nun klingt das alles gar nicht so schlecht und nach den zwei Sternen, die ich vergeben habe. Mich hat jedoch massiv gestört, dass all das, was ich in das Buch hineingelesen habe, so plakativ ist, dass jeder andere dasselbe hineinliest. (Habe ich in meinem Lesekreis getestet.) Es gibt also keinen Raum für Diskussionen oder Mehrdeutigkeiten, kommt dabei aber so bedeutungsschwanger daher. Solche Bücher lese ich persönlich nicht gerne, wenn ich auch weiß, dass es viele andere tun. Außerdem ist v.a. die zweite Hälfte des Romans extrem handlungsarm, was mich einfach gelangweilt hat.

Versteckt im Wald

«Aharon Appelfeld ist ein wichtiger Zeuge des vergangenen Jahrhunderts. Er zählt zu den großen jüdischen Erzählern Osteuropas» schrieb Imre Kertész (Literaturnobelpreisträger 2002) über den Verfasser zahlreicher Romane, in denen er sich dem Schicksal von Juden nach dem zweiten Weltkrieg widmet.




In diesem Buch erzählt Appelfeld sehr märchenhaft von Adam, den seine Mutter im Wald versteckt. Mutig stellt sich der Neunjährige der Herausforderung des Alleinseins, bis er auf seinen Klassenkameraden Thomas trifft. Der in der Schule als Streber verschriene Junge stammt aus einem gebildeten Elternhaus, Adam dagegen ist praktisch veranlagt. So ergänzen sich die beiden und schaffen es gemeinsam Monate im Wald zu überleben. Als im beginnenden Winter der Wald keine Früchte mehr bereithält, bekommen Sie Hilfe von einem Mädchen, das früher ebenfalls in ihre Klasse ging.




Da sich Appelfeld (1932 in der Bukowina geboren und 2018 bei Tel Aviv gestorben) am Ende des Krieges selbst eine Zeit im Wald verborgen hielt, erwartete ich einen mehr oder weniger realistischen Bericht über diese Zeit. Was ich bekam, waren zwei Jungs, die wie Erwachsene miteinander sprachen. Ich las zwar über die Angst der Jungen und ihre unterschiedliche Einstellung zum Glauben, auch über ihren Hunger und verletzte Menschen, die ihnen im Wald begegneten, aber immer blieb ein emotionaler Abstand erhalten. Vielleicht war es dem Autor nur so möglich, seine Erinnerungen festzuhalten?

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