Vorab: Ich verstehe die Kritiken, dass es zu viel Geschichte gibt. Ich mag Geschichte und fand es toll, mehr über Istanbul im Laufe der Jahrhunderte zu lernen, deswegen ist es für mich nicht zu viel, aber grenzwertig war es auf jeden Fall. Tatsächlich ziehe ich deswegen auch einen Stern ab. Die Geschichte steht definitiv mehr im Vordergrund als die Morde, die Spannung geht darüber verloren.
Über all dieses Erforschen der Vergangenheit fehlt mir auch ein wenig die Chance, mich nach Istanbul versetzt zu fühlen. Die Gegenwart steht nahezu im Schatten der Vergangenheit. Mir gefiel aber, dass die verschiedenen Gemeinschaften Istanbuls gezeigt wurden und Ahmet Ümit nahezu betonte, dass sie alle Teil Istanbuls sind.
Während des Lesens fragte ich mich immer wieder, ob Die Gärten von Istanbul ein späterer Band einer Reihe ist. Dem scheint nicht so zu sein nach oberflächlicher Recherche?! Dann wundern (und stören) mich die verschiedenen Anspielungen beispielsweise auf den Tod der Frau und Tochter oder auch, dass die Figuren nicht recht eingeführt werden. Immer wieder wurde über Ali als "mein junger Kollege" gesprochen, und er ist sehr hitzköpfig, gleichzeitig scheint er schon einige Erfahrung zu haben, also doch nicht mehr ganz jung zu sein? Auch Kommissar Nevzat kann zwischen Mitte 30 und Ende 50 gefühlt jedes Alter haben. Auf das Alter oder auch den Tod der Frau wurde so häufig verwiesen, dass es mich die Offenheit wirklich stört, wenn es ein für sich selbst stehendes Buch ist. Ich nehme diese Kritik zurück, wenn es ein Teil einer Reihe, aber das einzige auf Deutsch übersetzte Buch ist.
Trotz dieser Kritik ist Die Gärten von Istanbul ein gut zu lesendes Buch, das zwar keine Spannung aufbaut, durchaus aber schafft, dass ich wissen wollte, wer die Morde denn nun begangen hat und in welches Viertel die Ermittlungen als nächstes führen.