Rezension zu "Die besondere Traurigkeit von Zitronenkuchen" von Aimee Bender
Rose schmeckt die Empfindungen der Menschen, die ihr Essen zubereitet haben, bzw. die bei der Aufzucht oder Anpflanzung bzw. Verarbeitung beteiligt waren. Zu Beginn tut sie sich schrecklich schwer mit ihrer Begabung. Sie ist ja auch noch ein Kind, als sie erstmals diese besondere Erfahrung macht. Im Laufe ihres Lebens arrangiert sie sich jedoch damit und macht sie letztendlich für ihren Alltag nutzbar. Verständnis dafür erwartet sie auch im Kreis ihrer Familie nicht. Für ihr sonstiges Umfeld soll es sowieso eher ein Geheimnis bleiben. Rose geht trotzdem ihren Weg, wenn auch mit Einschränkungen...
Hört sich doch zunächst ziemlich verrückt an, oder? Wer jedoch einen außergewöhnlichen Roman sucht, könnte hier fündig werden. Doch nicht nur Rose, sondern auch ihr Vater und ihr Bruder haben besondere Begabungen, die auch sie nicht unbedingt glücklich machen. Vererbt also?
Wir erfahren über die Jahre viel von ihrer Familie, die auch eine ganz durchschnittliche sein könnte.
Könnte..., wenn nicht der Segen bzw. Fluch der Besonderheit über ihnen schweben würde. Rose selber schwankt zwischen Verdammung und Akzeptanz, sucht sich über Pubertät, Verliebtheit und Berufswahl ihre eigenes Arrangement. Doch, mussten wir das nicht alle?
Das Buch ist locker zu lesen. Der Stil hat mir gut gefallen. Die Identifikation mit der Hauptperson ist jedoch - verständlicherweise - nicht so einfach. Die Autorin nimmt die außergewöhnliche Betrachtung einer heranwachsenden Frau in ihrem Familienkontext ein. Dabei gibt es den einen oder anderen Nebenschauplatz. Besonders interessant fand ich diesbezüglich die Kennenlern-Geschichte ihrer Eltern.
Was mich gestört und mit den 5. Stern gekostet hat, war dass offensichtlich fast ausschließlich nur negative Gefühle bei den Menschen bestanden, die am Herd standen. Das zeichnet ein doch übertrieben düsteres Bild von unserer Welt.
Fazit: Wird sicherlich nicht jedes Geschmack treffen. Wer sich jedoch auf das abgedrehte Grundthema einlässt, könnte eine interessante Entdeckung machen. Für mich ein Roman voll verrückter Poesie und einem ungewohnten systemischen Blick.