Der zweisprachige Text ist eine Adaption der Rede, die Virginia Woolf 1931 vor der National Society for Women’s Service hielt. Ihr Auftrag lautete vor jungen Frauen, die auf der Suche nach einer Stelle waren, über ihre persönlichen beruflichen Erfahrungen zu sprechen.
Woolf berichtet von Hindernissen, mit denen Frauen gewöhnlich konfrontiert werden, wie z. B. dem "Angel in the House", der phantomartigen Verkörperung der früheren viktorianischen Vorschriften, wie Frauen sich zu benehmen und sich Männern unterzuordnen hatten. "[...] ein Phantom ist viel schwieriger zu töten als etwas Reales."
Sie ermutigt die Frauen eigenständige Entscheidungen zu treffen und auch in Berufsbereiche einzusteigen, die typischerweise von Männern dominiert sind.
Was mir sehr gut gefallen hat, ist dass Woolf sich auf ihre eigene Erfahrungen, ihr eigenes Wachsen, ihr eigenes "sie selbst sein" bezieht, was ihre Rede sehr glaubwürdig und überzeugend macht. Sie nutzt anschauliche Metaphern und drängt ihre Zuhörerinnen durch ihren eindringlichen Ton dazu für eine Gleichberechtigung der Geschlechter mitzu"kämpfen".
Dabei wird – wie bereits in ihrem berühmten Essay von 1929 – deutlich, wie wichtig für Frauen – sozusagen in dem Haus, das bisher ausschließlich im Besitz von Männern war – "ein Zimmer für sich allein" ist. Und dass diese Freiheit erst der Anfang ist, denn "das Zimmer gehört Ihnen, aber es ist noch leer. Es muss möbiliert, dekoriert und geteilt werden. Wie werden Sie es einrichten? Mit wem werden Sie es teilen und unter welchen Bedingungen?" Es ist ein Aufruf zum aktivem Handeln, bildhaft dazu, sich mehr Räume zu erkämpfen und sich diese komfortabler und nach dem eigenen Geschmack einzurichten.
Auch wenn heute sicherlich einiges für Frauen einfacher ist als damals, optimal ist es noch immer nicht. Blau-Rosa-Stereotype, ein auffälliger Männerüberhang in Führungspositionen, Gender Pay Gap usw.
Woolf war und ist eine Inspiration für alle Frauen, die immer noch für ihre Rechte kämpfen.
Neu übersetzt von Isabel Bogdan und (auch innen) sehr schön illustriert von Aino-Maija Metsola.