Rezension zu Der Mythos des Sisyphos von Albert Camus
Rezension zu "Der Mythos des Sisyphos" von Albert Camus
von Kaivai
Rezension
Kaivaivor 17 Jahren
">Liebe Seele, trachte nicht nach dem ewigen Leben, sondern schöpfe das Mögliche aus < Pindar,Dritte Phytische Ode" ist die Einleitung zu Camus wichtigstem philosophischem Werk. Mit Mitte Zwanzig hab ich es gelesen und es war neben "Der Fall" der Grund dafür, daß Camus an der Seite von Rilke in meinem literarischen Götterhimmel ganz oben stand. Das Exemplar, das ich damals voll Wissensgier beackert hab, ist mit Bleistiftmarkierungen vollgekliert. Es gibt den Strich am Rand, das Rechteck, das mit Querstrichen ausgefüllte Rechteck und das mit gekreuzten Querstrichen, das extrem wichtige Sätze anzeigte. Zum Beispiel: "Männlich nennen wir nämlich die klaren Köpfe, und wir wollen keine Kraft ohne klaren Blick". Das blieb haften. Oder auch mit Blick auf die liebe Seele: "Wenn Gott nicht existiert hängt alles von uns ab. Für Kirilow wie für Nietzsche heißt Gott töten: selber Gott werden - das heißt: schon auf Erden das ewige Leben verwirklichen, von dem das Evangelium spricht." und "Dostojewskijs Antwort an Kirilow, läßt sich in der Tat so zusammenfassen: die Existenz ist trügerisch, und sie ist ewig." Es ging um fundamentale Fragen. Um die absurde Situation, zu leben, begrenzt, den täglichen Tod vor Augen und doch eine Sehnsucht und eine Leidenschaft zu spüren, daß die Freude und die Lust am Leben niemals vergehen darf. Und dazu noch diese unersättliche Neugier auf die Welt. Wie kann das sein das irgendwann ein dunkler schwarzer Vorhang fällt. Camus "Der Mensch in der Revolte" wird von einem Hölderlin-Gedicht eingeleitet: " ...und offen gab mein Herz, wie du, der ernsten Erde sich, der leidenden, und oft in heilger Nacht gelobt ichs dir, bis in den Tod die Schicksalsvolle furchtlos treu zu lieben und ihrer Rätsel keines zu verschmähn. So knüpft ich meinen Todesbund mit ihr." Camus erlag seinem Todesbund bei einem Autounfall am 4.Januar 1960 im Alter von nur 46 Jahren.