Cover des Buches Jakob der Heiler (ISBN: 9783548600208)
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Rezension zu Jakob der Heiler von Aldous Huxley

Ein wahrhaftiger Mann

von SusannePichler vor 6 Jahren

Kurzmeinung: Ein ungewöhnliches Buch! Am Anfang etwas gewöhnungsbedürftig, aber dann rundum überzeugend.

Rezension

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SusannePichlervor 6 Jahren
Wenn zwei der bekanntesten Schriftsteller des zwanzigsten Jahrhunderts als Autoren eines Buches angeführt werden, dann sind die Erwartungen des Lesers dementsprechend hoch. Bei "Jakob der Heiler" erwecken Aldous Huxley und Christopher Isherwood diese Erwartungen.

Die Hauptfigur des Buches ist jener titelgebende Jakob, der die Gabe des Heilens besitzt. Jakob Ericson ist ein einfacher Mann. Er arbeitet auf einer Ranch in der Mojavewüste. Er ist bescheiden, scheu, friedliebend, ein in sich ruhender Charakter. Die Gesellschaft von Tieren zieht er der der Menschen vor. Sharon Carter, die neunzehnjährige Tochter des Ranchbesitzers, träumt von einer Karriere als Sängerin. Ein verkrüppelter Fuß, Folge einer Kinderlähmung, steht diesen Träumen im Weg. Jakob liebt sie still und aufrichtig.
Als er einige Kälber, die an einer unausweichlich tödlich endenden Krankheit leiden, durch Handauflegen und intensives Zwiegespräch heilt, bittet Sharon ihn, sie ebenfalls zu heilen. Anfangs überfordert ihn diese Bitte, doch letztendlich kann er Sharon den Wunsch nicht abschlagen. Das Wunder geschieht und Sharon wird geheilt. Ohne jemanden vorab zu informieren, verlässt sie daraufhin die väterliche Ranch und versucht, in Los Angeles als Sängerin entdeckt zu werden.
Ohne ihr Wissen folgt ihr Jakob nach Los Angeles und findet sie gut zwei Jahre später. Der Zufall hilft ihm dabei weiter. Er heilt in der ärmlichen Pfingstgemeinde von Pfarrer Wood Kranke; dort wird der schmierige Theatermanager Lou Zacconi auf ihn aufmerksam. Für jenen Lou Zacconi arbeitet auch Sharon als Sängerin im Main Street Art Theater. Obwohl Sharon überglücklich ist, Jakob wiederzusehen, weiß sie dennoch, dass er für diese Welt nicht geschaffen ist. Zacconi und sein dubioser Geschäftspartner Dr. Waldo wollen Jakobs Gabe zu Geld machen. Die gegenseitige Zuneigung zwischen Sharon und Jakob ausnutzend, kommen sie ihrem Ziel einen großen Schritt näher. Doch Jakob lässt sich nicht so leicht beugen und weigert sich, gesunden Patienten das Geld aus der Tasche zu ziehen.Er heilt und hilft, wo es notwendig ist, doch grenzt er sich von den kriminellen Absichten seiner Auftraggeber ab. Gerade als Sharon und Jakob beschlossen haben, Los Angeles zu verlassen und gemeinsam aufs Land zu ziehen, bittet George, ein Freund Jakobs, für den Sohn seiner Arbeitgeberin um Hilfe. Earl Medwin, jung, unendlich reich, in Beverly Hills lebend und von klein auf herzkrank, wird von Jakob geheilt. Mit dieser Heilung verändert sich alles. Zwar werden Zacconi und Waldo von der Familie Medwin großzügig abgefunden, und ziehen sich daraufhin zurück, doch die Auswirkungen des medwinschen Reichtums lenken sowohl Jakobs als auch Sharons Leben in vollkommen neue Bahnen.

"Jakob der Heiler" wird im Untertitel als "Eine Originaldrehbuchvorlage" kategorisiert. Auch als Märchen wird es bezeichnet. Meiner Meinung nach ist es aber am ehesten eine Novelle. Gerade in den ersten Kapiteln sind die Anweisungen, die für ein zukünftiges Drehbuch gelten würden, sehr störend. Da sie nur selten eingesetzt werden, stolpert man beim Lesen sehr bewusst darüber. Diese Drehbuchanweisungen wirken fehl am Platze und unterbrechen den Lesefluss gewaltig. Ab ungefähr der Mitte des Buches treten sie kaum noch auf, die Stimme von außen verstummt sozusagen.
Die Hauptfigur Jakob ist bemerkenswert gelungen. Als Leser weiß man alles und nichts über ihn. Trotz seiner Gabe, Heilen zu können, hält man ihn nicht einmal ansatzweise für einen Schwindler. Er ist ehrlich, anständig und bescheiden. Die Anforderungen, die er an sich selbst, andere Menschen und das Leben ganz allgemein hat, sind zwar scheinbar unerreichbar hoch, doch wird er ihnen gerecht.
Die Menschen um ihn sind einfach Menschen. Sie haben ihre Stärken und ihre Schwächen, sind Gut und Böse, repräsentieren das Beste und das Schlechteste im Menschen. Dennoch werden sie nie zu einer bloßen Karikatur. Aldous Huxley und Christopher Isherwood haben auf knapp 128 Seiten alles erzählt, was es über Jakob Ericson zu sagen gibt. Das Glück, das er letztendlich in der Stille findet, umgeben von Tieren und einem oder mehreren Freunden, das ist dann gar nicht so wichtig, kommt der Vorstellung von Perfektion schon sehr nahe. Und ich glaube, man kann froh sein, dass es nicht zu einer Verfilmung kam. So kann man sich die Geschichte von "Jakob dem Heiler" selbst vorstellen.
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