Rezension zu "Die Welt und alles, was sie enthält" von Aleksandar Hemon
Der bosnisch-amerikanische Autor Aleksandar Hemon wählt in seinem neusten Roman »Die Welt und alles, was sie enthält« ein großes Narrativ und einen Stoff mit ebenso großen historischen Vorgängen, die ihren Auftakt mit dem Schuss auf Franz Ferdinand in Sarajevo nehmen und im ersten weltumspannenden Krieg münden. Er platziert seine Figuren in Schützengräben und auf der Flucht immer weiter gen Osten über Uzbekistan und Shanghai nach Palästina in einem Sprach- Sound-, Religions- und Völkergemisch. Er malt eine queere Liebe zwischen zwei Söhnen Sarajevos, einer jüdisch und behütet, der andere muslimisch und allein, die ausgelebt wird und auf Grenzen stößt. Hinzu kommt eine Tochter, von dem einen gezeugt, von dem anderen durchgebracht, eine überdauernde Verbundenheit zwischen den Männern und ihrem Sehnsuchtssort Sarajevo, der nicht mehr der gleiche sein wird nach dem Krieg.
Den großen Wegen, dem sprachlichen Gemisch und den historisch bewegten Ereignissen stellt Hemon die Sehnsucht nach Beständigkeit und einem Zuhause in einem geliebten Menschen und den Orten der Kindheit gegenüber. Ich geh nicht soweit, dass »Die Welt und alles, was sie enthält« ein Meisterwerk ist, wie David Mitchell schreibt oder atemberaubend, wie Douglas Stuart bescheinigt. Doch hat es mein Herz, weil es all jenen mit brüchiger Heimat und weitgewanderten Familiengeschichten mit gemischten Sprachen und schwer lokal zuordnebaren Geschichten eine Bühne gibt. Hemon widmet es den »Flüchtenden dieser Welt« (|6), das sind viele und sie haben etwas zu erzählen. Auch das Nachwort über den Ausgangspunkt des Romans ist sehr lesenswert und Hemon sowieso.