Rezension zu "Ich bin nicht Rotkäppchen!" von Alessandro Lecis
Linda Wolfsgruber hat für dieses wunderbare und bezaubernde Bilderbuch eine kleine Geschichte von Alessandro Lecis ins Deutsche übersetzt und sie mit zarten und phantasievollen Illustrationen versehen.
Es ist die Geschichte eines kleinen Mädchens. Natürlich kennt sie, wie die meisten Kinder, das Märchen von Rotkäppchen. Als sie mit einem Korb in der Hand, in den Wald geht, trägt sie kein rotes Käppchen, sondern einen roten Schal, denn: „Ich bin nicht Rotkäppchen.“
Entsprechend begegnet sie im Wald auch nicht einem schwarzen Wolf, sondern einem weißen Bär. Auf dessen Frage, was sie denn da in ihrem Korb trage, antwortet das Mädchen, dass sie vorhabe Schnee zu sammeln, „weichen Schnee – weißer als Milch, leichter als die Wolken und frischer als Zitroneneis.“
Der Bär, den das Mädchen sofort sympathisch findet und mit ihm der kleine Betrachter dieses schönen Bilderbuchs, erklärt dem Mädchen, dass man solchen Schnee dort findet, wo der Mond sich schlafen legt, und er trägt sie hin auf seinem breiten Rücken. Am Ziel angekommen, tanzt der Bär mit dem Mädchen und das Mädchen fühlt sich leicht wie eine Schneeflocke. Obwohl der Bär sie darauf hingewiesen hat, dass man Schnee nicht sammeln kann, füllt sie ihren Korb damit. Der große, sanfte Bär bringt sie nach Hause und verschwindet dann wieder im Wald, bekränzt vom roten Schal, den ihm das Mädchen geschenkt hat.
Der Schnee im Korb ist indessen geschmolzen. Genauso wie den Bär kann das Mädchen ihn nicht behalten, ist aber dennoch sehr glücklich, dass sie beiden begegnet ist. Auf eine faszinierende, poetische Weise erzählt dieses Buch in kurzen Worten und ansprechenden Bilder eine Geschichte vom Behalten und vom Loslassen, eine Geschichte, die zwischen den Zeilen ein Loblied des Seins singt im Hier und Jetzt.