Rezension zu Mr. Glas von Alex Christofi
Die Mission eines Fensterputzers...
von parden
Kurzmeinung: Irgendwie mochte ich den merkwürdigen Kauz und konnte über manche Szenen auch herzhaft lachen. Für mich jedoch ganz sicher kein Highlight...
Rezension
pardenvor 7 Jahren
DIE MISSION EINES FENSTERPUTZERS...
Günter Glas weiß, dass er kein Superhirn ist. Aber er versucht inständig, ein guter Mensch zu sein und möglichst getreu den Ratschlägen seiner verstorbenen Mutter zu leben. Er will sie stolz machen, und deswegen ist seine Vision, der beste Fensterputzer der Welt zu werden. Der Weg dahin führt über die erste Liebe, die letzte Liebe, einen Todesfall in der Familie, einen verkappten Terroristen und einen unterirdischen Intellektuellen. Am Ende weiß er: Das Glück gehört denen, die sich nicht verbiegen lassen.
Honigwaffeln zum Frühstück. Jeden Tag. So beginnt jeder einzelne Morgen von Günter Glas, und auch sonst ernährt er sich nicht gerade gesund. Er weiß, wozu er besser greifen sollte, denn das hat ihm seine Mutter beigebracht. Doch die ist vor Kurzem gestorben, und so ist Günter sich selbst überlassen. Übergewichtig ist der 22-Jährige inzwischen schon, läuft etwas naiv durch die Welt, ist aber im Grunde mit wenig zufrieden. Allerdings fühlt sich Günter seit dem Tod seiner Mutter einsam - er lebt zwar noch bei seinem Vater, doch seit der in Frührente geschickt wurde und er seine Frau zu Grabe tragen musste, ist dieser in einer Depression verfangen, die Günter keine Hilfe ist.
Günter erkennt ganz richtig, dass er eine Aufgabe im Leben braucht, auch wenn er nichts gelernt hat. Und so wird er Milchmann. Er kommt heim, wenn die anderen aufstehen, doch erfüllt es ihn mit Zufriedenheit, den Leuten in der Stille der Nacht ihre Milch vor die Tür zu stellen. Als Günter plötzlich entlassen wird, stürzt er in eine Krise. Was soll er stattdessen tun? Der Zufall kommt ihm zu Hilfe, und so wird Günter sozusagen über Nacht zum Fensterputzer. Günter, der seit seinerr Kindheit von Glas fasziniert ist (Nomen est Omen), hat sogar das Gefühl, endlich sein Lebensziel zu kennen. Er besorgt sich sein eigenes Equipment, verteilt handgeschriebene Werbezettel und bekommt tatsächlich erste Aufträge. Als er sich nach einem Zwischenfall unverschuldet in der Zeitung wiederfindet, hat der junge Mann keine Mühe mehr, an Aufträge zu kommen. Doch sein Ziel ist höher - Günter hat eine Mission: er will der beste Fensterputzer der Welt werden.
"Also, ich geh dann mal lieber rein", sagte ich. "Ja, und ich muss zum Gericht", sagte sie und richtete sich ein bisschen gerader auf. "O Gott, was haben Sie denn angestellt?", fragte ich. Sie lachte und berührte mich lässig am Arm, als hätte ich einen Witz gemacht. "Ich muss wirklich los. Bis bald, Günter." Als ich vor der zweiten Eingangstür stand, fiel mir wieder ein, dass sie Anwältin war. In Gesprächen schien ich nie in der Lage zu sein, mich an solche Dinge zu erinnern, erst hinterher. Gelegentlich machte es mir Sorgen, dass ich es nicht schaffte, Ereignisse zu verstehen, bevor sie vorbei waren. Nur wenn ich mich ganz hoch oben befand, fühlte die Welt sich unmittelbar an, so als würde mir all das wirklich passieren, hier und jetzt (...) Hoch oben in der Luft erging es mir wie einem Nilpferd im Wasser. Dort oben konnte ich wirklich atmen. (S. 214 f.)
Skurrile Begegnungen pflastern Günters Weg, ihm begegnet aber auch die große Liebe, und immer wieder befällt ihn das Gefühl, nur hoch oben in der Luft er selbst zu sein. Dabei ist der Charakter des jungen Fensterputzers kein wirklich greifbarer. Neben seiner Naivität und Schwerfälligkeit denkt Günter auch viel über das Leben und seine Tücken nach, was sich in oftmals tiefsinnigen lebensphilosophischen Überlegungen äußert, und kommt dabei teilweise zu recht scharfsinnigen Schlussfolgerungen. Außerdem verfügt er über ein großes Allgemeinwissen, das daher rührt, dass Günter ein großer Fan von Wikipedia ist und sich täglich mit einigen der Artikel dieser Online-Enzyklopädie beschäftigt. Und Günter, der immer nach der Prämisse lebte: 'Es ist, wie es ist', beginnt seine eigene Meinung zu entwickeln und für das zu kämpfen, was ihm wichtig ist.
Irgendwie mochte ich den merkwürdigen Kauz und konnte über manche Szenen auch herzhaft lachen. Aber richtig ans Herz gewachsen ist mir Günter nicht, und das Ende lässt mich eher verblüfft zurück. Die Geschichte wird aus der Ich-Perspektive Günters erzählt, und dank des flüssigen Schreibstils ist der Roman auch rasch gelesen. Aber dieses Buch gehört für mich zu denjenigen, die man lesen kann, aber nicht muss. Nicht unangnehm zu lesen aber ganz sicher auch kein Highlight...
© Parden
Günter Glas weiß, dass er kein Superhirn ist. Aber er versucht inständig, ein guter Mensch zu sein und möglichst getreu den Ratschlägen seiner verstorbenen Mutter zu leben. Er will sie stolz machen, und deswegen ist seine Vision, der beste Fensterputzer der Welt zu werden. Der Weg dahin führt über die erste Liebe, die letzte Liebe, einen Todesfall in der Familie, einen verkappten Terroristen und einen unterirdischen Intellektuellen. Am Ende weiß er: Das Glück gehört denen, die sich nicht verbiegen lassen.
Honigwaffeln zum Frühstück. Jeden Tag. So beginnt jeder einzelne Morgen von Günter Glas, und auch sonst ernährt er sich nicht gerade gesund. Er weiß, wozu er besser greifen sollte, denn das hat ihm seine Mutter beigebracht. Doch die ist vor Kurzem gestorben, und so ist Günter sich selbst überlassen. Übergewichtig ist der 22-Jährige inzwischen schon, läuft etwas naiv durch die Welt, ist aber im Grunde mit wenig zufrieden. Allerdings fühlt sich Günter seit dem Tod seiner Mutter einsam - er lebt zwar noch bei seinem Vater, doch seit der in Frührente geschickt wurde und er seine Frau zu Grabe tragen musste, ist dieser in einer Depression verfangen, die Günter keine Hilfe ist.
Günter erkennt ganz richtig, dass er eine Aufgabe im Leben braucht, auch wenn er nichts gelernt hat. Und so wird er Milchmann. Er kommt heim, wenn die anderen aufstehen, doch erfüllt es ihn mit Zufriedenheit, den Leuten in der Stille der Nacht ihre Milch vor die Tür zu stellen. Als Günter plötzlich entlassen wird, stürzt er in eine Krise. Was soll er stattdessen tun? Der Zufall kommt ihm zu Hilfe, und so wird Günter sozusagen über Nacht zum Fensterputzer. Günter, der seit seinerr Kindheit von Glas fasziniert ist (Nomen est Omen), hat sogar das Gefühl, endlich sein Lebensziel zu kennen. Er besorgt sich sein eigenes Equipment, verteilt handgeschriebene Werbezettel und bekommt tatsächlich erste Aufträge. Als er sich nach einem Zwischenfall unverschuldet in der Zeitung wiederfindet, hat der junge Mann keine Mühe mehr, an Aufträge zu kommen. Doch sein Ziel ist höher - Günter hat eine Mission: er will der beste Fensterputzer der Welt werden.
"Also, ich geh dann mal lieber rein", sagte ich. "Ja, und ich muss zum Gericht", sagte sie und richtete sich ein bisschen gerader auf. "O Gott, was haben Sie denn angestellt?", fragte ich. Sie lachte und berührte mich lässig am Arm, als hätte ich einen Witz gemacht. "Ich muss wirklich los. Bis bald, Günter." Als ich vor der zweiten Eingangstür stand, fiel mir wieder ein, dass sie Anwältin war. In Gesprächen schien ich nie in der Lage zu sein, mich an solche Dinge zu erinnern, erst hinterher. Gelegentlich machte es mir Sorgen, dass ich es nicht schaffte, Ereignisse zu verstehen, bevor sie vorbei waren. Nur wenn ich mich ganz hoch oben befand, fühlte die Welt sich unmittelbar an, so als würde mir all das wirklich passieren, hier und jetzt (...) Hoch oben in der Luft erging es mir wie einem Nilpferd im Wasser. Dort oben konnte ich wirklich atmen. (S. 214 f.)
Skurrile Begegnungen pflastern Günters Weg, ihm begegnet aber auch die große Liebe, und immer wieder befällt ihn das Gefühl, nur hoch oben in der Luft er selbst zu sein. Dabei ist der Charakter des jungen Fensterputzers kein wirklich greifbarer. Neben seiner Naivität und Schwerfälligkeit denkt Günter auch viel über das Leben und seine Tücken nach, was sich in oftmals tiefsinnigen lebensphilosophischen Überlegungen äußert, und kommt dabei teilweise zu recht scharfsinnigen Schlussfolgerungen. Außerdem verfügt er über ein großes Allgemeinwissen, das daher rührt, dass Günter ein großer Fan von Wikipedia ist und sich täglich mit einigen der Artikel dieser Online-Enzyklopädie beschäftigt. Und Günter, der immer nach der Prämisse lebte: 'Es ist, wie es ist', beginnt seine eigene Meinung zu entwickeln und für das zu kämpfen, was ihm wichtig ist.
Irgendwie mochte ich den merkwürdigen Kauz und konnte über manche Szenen auch herzhaft lachen. Aber richtig ans Herz gewachsen ist mir Günter nicht, und das Ende lässt mich eher verblüfft zurück. Die Geschichte wird aus der Ich-Perspektive Günters erzählt, und dank des flüssigen Schreibstils ist der Roman auch rasch gelesen. Aber dieses Buch gehört für mich zu denjenigen, die man lesen kann, aber nicht muss. Nicht unangnehm zu lesen aber ganz sicher auch kein Highlight...
© Parden