Cover des Buches Wurzeln - Roots- (ISBN: B004BFG97I)
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Rezension zu Wurzeln - Roots- von Alex Haley

Schwarz und stolz

von MarkusDittrich vor 10 Jahren

Kurzmeinung: Große Familiengeschichte mit historischer Dimension.

Rezension

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MarkusDittrichvor 10 Jahren
Fight the Power sangen Public Enemy 1989. Für mich ist dieser Track nicht nur die beste Rap-Nummer aller Zeiten (jawohl, besser als Rappers Delight, denkt was ihr wollt!), auch musikalisch übrigens, sondern vor allem die schwärzeste. „Because I’m black and I’m proud“ ist die Zeile, die es auf den Punkt bringt. Und obwohl ich selbst ungefähr so schwarz bin wie eine Kugel Vanille-Eis mit Sahnehäubchen, jagt mir dieser Song beim Hören doch jedes Mal Schauer über den Rücken. Das mag albern sein, na und?
Als Alex Haley Roots 1976 publizierte, lag Rap noch in der Zukunft. Die Geschichte aber, die Haley erzählt, beschreibt in Form einer Familienchronik das, was bis heute in der schwarze Kultur Amerikas wichtig ist: Das Bewusstsein der eigenen Identität. Vordergründig erzählt Roots dabei einfach in zeitlicher Reihenfolge Haleys eigene Familiengeschichte, angefangen bei seinem Vorfahren Kunta Kinte, geboren 1750, der als freier Afrikaner von touboubs (Weißen) in die Sklaverei verschleppt, über dessen Tochter Kizzy, die von ihrem weißen „Massa“ vergewaltigt wird, über deren Sohn Chicken-George, das Hahnenkampf-Genie, der sich als erster hundert Jahre nach Kunta mit eigenem Geld aus der Sklaverei freikauft, über dessen Sohn Tom, den Schmied, der den Treck der Schwarzen nach Aufhebung der Sklaverei 1865 in ein neues Land führt, wo sie eine neue Stadt gründen – als freie Menschen. Dieser Tom Murray ist Alex Haleys Urgroßvater.
Das Buch ist also sehr umfangreich, es erstreckt sich – in unterschiedlicher Breite – über sieben Generationen in mehr als zweihundert Jahren. Und in all den Jahren erzählen die älteren Mitglieder der Familie den Kindern die Geschichte von ihrem Vorfahren dem „Afrikaner“, der von touboubs verschleppt wurde, als er in den Wald ging um sich Holz für eine Trommel zu schlagen.
Haley, der sich vor Roots schon Lorbeeren mit der Biografie von Malcolm X verdient hatte, hörte die Geschichte selbst als kleiner Junge von der Großmutter und kam irgendwann – als professioneller Autor – auf die Idee, sie zu schreiben. Haley recherchierte zehn Jahre für dieses Buch, wobei diese Recherche sogar eine Schiffsfahrt im Rumpf einschloss – genau wie Kunta im Sklavenschiff vier Monate im Schiffsrumpf transportiert wurde. Literarisch spannend, wenn auch schwierig, ist bei dem Buch der ständige Übergang von romanhafter Form zu historischem Bericht. Vermutlich hat Haley deshalb auf jeden stilistischen Schnickschnack verzichtet und einfach die Geschichte erzählt. Er folgt hier ganz der Tradition seiner Vorfahren; in Kunte Kintes afrikanischer Welt gab (und gibt es meines Wissens bis heute) sogenannte griots, alte Männer, die die jahrhundertelange Geschichte ihrer Stämme mündlich überliefern. Der Höhepunkt Haleys persönlicher Geschichte ist, als er im Zuge seiner Recherche im Dorf Juffure, dem Geburtsort Kuntes, die Bestätigung für das hört, was in seiner Familie seit jeher über „den Afrikaner“ erzählt wurde – aus dem Mund eines griots, der die Geschichte von Kunta Kintes Verschleppung unmöglich wo anders herhaben konnte als aus der eigenen Überlieferung. Dieser Moment ist ergreifend. Familienlegende, persönliche Story und historische Wahrheit werden hier eins.
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