Inhalt:
Charlotte ist sechzehn und eine Waise. Immer wieder wird sie von Albträumen geplagt, die sie in eine andere Welt entführen. Eine Welt, die so ganz anders ist als die ihre. Maschinen, die mit Dampf betrieben werden prägen das Bild und Menschen die ein goldenes Mal am Handgelenk tragen, so wie sie, werden verfolgt.
Als Traum und Realität zu verschwimmen beginnen, und Charly sich plötzlich dem Gunslinger Zug gegenüber sieht, steigt sie kurzerhand ein und landet in Barston, der Stadt aus ihren Träumen. Gefahr und Verzweiflung, aber auch Hilfe und Hoffnung erwarten sie.
Meine Meinung:
Es ist schon eine ganz besondere Welt, die Alex Pudlich hier im ersten Band dieses Steam-Punk-Romans entwirft. Die dicht gewebte Atmosphäre und die detailliert ausgearbeiteten Settings haben mir unheimlich gut gefallen. Schnell bin ich in das Szenario eingetaucht und konnten den Qualm und den Dampf teilweise schon fast auf der Zunge schmecken.
Ein ganz besondere Ort ist das Clubhaus der Journalisten, das Ebene für Ebene neue Überraschungen bereit hält, womit es einiges mit dem Plot gemein hat, doch dazu später.
Charlotte ist eine wirklich liebenswerte Protagonistin. Einerseits typische Teenagerin mit rebellischen Phasen, dann starke Persönlichkeit und wesentlich erwachsener, als die sie umgebenden Personen, zeigt sie zwischendurch doch immer wieder eine verletzliche und unsichere Seite, die ihrem Alter angemessen ist.
Diese Vielschichtigkeit lässt sie sehr authentisch wirken.
Sympathisch sind auch fast alle Bewohner des Clubhauses, allen voran die Journalisten, die Charlotte helfen von den Soldaten nicht entdeckt zu werden.
Spannend ist der Plotaufbau, den Alex Pudlich gewählt hat. Ähnlich, wie bei einer Putzaktion im Clubhaus, bei der unter diversen Schichten Dreck immer neue Überraschungen hervortreten, kommen auch in ihrer Geschichte mit fortschreitender Storyline immer weitere Schichten und Einblicke hinzu.
Neue Perspektiven werden eröffnet, Rückblenden sind eingewoben und nach und nach erfährt man, dass hier nicht nur zwei Parteien ihr kontroverses Süppchen kochen, in dem Charlotte nichts-ahnend als Hauptzutat gelandet ist.
Gesellschaftskritik blitzt dabei quasi in jeder Dampfwolke auf. Die Gefahr einer zensierten Presse, aber auch die Auswirkungen jahrelangen Lebens in einem System, in dem man immer aufpassen muss, was man sagt, sind zwei Kardinalthenen, die sofort ins Auge fallen.
So führt erst Charlottes Blick von außen dazu, dass die Journalistencrew manche auffälligen Dinge kritisch hinterfragt.
Signifikant dabei auch, dass sie augenscheinlich nicht einmal einen Background Check ihrer eigenen Mitglieder gemacht haben.
Die Unterdrückung von Menschen, ist genau so Thema, wie die Angst der in einer Blase lebenden Oberschicht-Einwohner Barstons vor Veränderung und der damit einhergehenden Gleichgültigkeit.
Auch Charlottes alte Welt kommt nicht ungeschoren davon und es bleibt abzuwarten, inwieweit die dünner werdende Trennwand zwischen den Welten auch mit der Umweltzerstörung und den Verhältnissen, die dort herrschen, zusammenhängt.
Ein ungemein vielschichtiger Auftaktband mit einem fiesen Cliffhänger, der bei genauerer Betrachtung mindestens so viele Themen zwischen den Zeilen transportiert, wie im eigentlichen Plot. Ich freue mich schon sehr auf die Fortsetzung.