Alexander Chee

 4,8 Sterne bei 4 Bewertungen
Autor*in von Edinburgh, How to Write an Autobiographical Novel: Essays und weiteren Büchern.

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Cover des Buches Edinburgh (ISBN: 9783863002848)

Edinburgh

(3)
Erschienen am 14.02.2020

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Cover des Buches Edinburgh (ISBN: 9783863002848)
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Rezension zu "Edinburgh" von Alexander Chee

nonostar
Edinburgh

Der zwölfjährige Aphias lebt in eeiner Kleinstadt in Maine, alle nennen ihn nur Phi. Er ist ein eher zurückgezogener Junge, sein engster Freund ist Peter, der wie er gerade dem örtlichen Knabenchor beigetreten ist. Mit Peter verbindet ihn aber noch mehr als Freundschaft, denn er verliebt sich in ihn,auch wenn Peter diese Gefühle nicht zu erwidern scheint. Der Chorleiter Big Eric verhält sich oft seltsam in Anwesenheit der Jungs und in einem Ferienlager kommt es schließlich zu sexuellen Übergriffen, doch Phi schweigt aus Scham und Angst und er will auch, dass Peter nichts verrät.

Alexander Chee folgt in vier Romanteilen dem Leben von Phi und schildert, was die Vergangenheit und die Schuld, die Phi verspürt mit ihm und seinen Freunden machen. Es geht um Moral, um das Verhältnis zwischen Erwachsenen und Kindern, aber auch um die eigene Sexualität, das Erwachen ebenjener und die eigene Identität, die sich nach und nach festigt. Chees Sprachbilder sind poetisch, fast schon philosophisch und standen für mich im großen Gegensatz zu dem tatsächlichen Geschehen.

Abseits von dem großen Einschnitt in sein Leben, den die sexuellen Übergriffe seibes Chorleiters darstellten, muss er auch immer wieder mit dem Verlust von Freunden und Bekannten kämpfen, so dass sich der Tod als ständiger Begleiter durch sein Leben zieht. Edinburgh (übrigens sehr gut übersetzt von Nicola Heine und Timm Stafe) ist eine Geschichte voll mit düsteren Gedanken und dem Schmerz und Schuldgefühlen der Protagonisten aber auch tiefer Zuneigung. Wer sich vom Grundthema nicht überfordert fühlt, dem empfehle ich diesen für mich sehr besonderen Roman über einen Jungen, der mit den Erlebnissen aus seiner Vergangenheit leben muss und der lange mit der eigenen Liebe, Sexualität und Identität hadert. Dieses Buch war nicht immer leicht zu lesen aber es wird mich noch lange in Gedanken begleiten.

Cover des Buches Edinburgh (ISBN: 9783863002848)
Christian1977s avatar

Rezension zu "Edinburgh" von Alexander Chee

Christian1977
Der werfe den ersten Stein!

Der zwölfjährige Aphias, genannt Phi, tritt dem Pine-State-Knabenchor einer Kleinstadt in Maine bei. Ebenfalls neu: Peter O'Hanlon, genauso alt wie Phi, flachsblond - und sofort Phis Schwarm. Während sich die Freundschaft der beiden Jungen festigt, steht das Ferienlager des Chors vor der Tür. Als es dort zu sexuellen Übergriffen des Chorleiters "Big Eric" kommt, schweigt Phi aus Scham - und bringt damit eine Lawine aus Schuldgefühlen ins Rollen, die nicht zuletzt Aphias selbst zu überrollen droht...

"Edinburgh" ist Alexander Chees Debütroman, der in den USA bereits 2001 erschienen ist und knapp 20 Jahre später nun als deutsche Übersetzung vorliegt. Der Roman ist von der Kindheit bis ins junge Erwachsenenalter Phis in vier Abschnitte geteilt, wobei sich der dritte Teil vornehmlich einem anderen Jungen namens Warden widmet. "Edinburgh" behandelt die großen Themen, die nicht nur Kinder ständig umgeben: Schuld, Moral, Identität - auch die sexuelle. Während sich Phi seiner Homosexualität früh bewusst ist,  sind sich die Jungen um ihn herum alles andere als sicher. Was in einer solchen Phase der Missbrauch durch einen Erwachsenen bewirken kann, beschwört Chee in poetischen Worten, die sich immer wieder einer mythologischen Sprachebene bedienen. Das macht die Lektüre zu einem durchweg anspruchsvollen Vergnügen und hat einen besonders intensiven Moment, als dem Leser klar wird, warum dieser Roman nur "Edinburgh" heißen kann.

Nicht ganz so gut wie die Sprache gelingt es dem Autoren, die Gefühle seines Protagonisten - und auch die der Nebenfiguren - zu transportieren. So gibt sich Phi nicht nur eine Mitschuld an den Übergriffen des Chorleiters, sondern er deklariert diese Schuld nahezu vollständig für sich. Und zwar bis weit in seine College-Zeit hinein. Mir wurde nicht zu 100 Prozent klar, warum sich Phi nicht früher von diesen Schuldgefühlen lösen kann. Nicht weil mir die Empathie dafür fehlte, sondern weil der Roman es mir nicht vermitteln konnte. So spricht Phi gerade in seiner College-Zeit ständig davon, dass er sterben wolle. Dieser Weltschmerz nimmt mir in diesem zweiten Teil des Buches einen zu großen Raum ein.

Im dritten Teil, erzählt aus Wardens Perspektive, nimmt die Handlung aber einen ganz wunderbaren und völlig unerwarteten Verlauf, der zwar etwas konstruiert wirkt, bei mir aber trotzdem für Spannung sorgte, die nach einem Perspektivwechsel im letzten Teil ihren Höhepunkt erreicht.

So habe ich "Edinburgh" insgesamt durchaus mit Gewinn gelesen. Phis Suche nach der Identität - sein Vater verbietet dem Sohn beispielsweise den Gebrauch der koreanischen Sprache -, seine poetische Liebe zu Peter über den Tod hinaus: das alles sind besondere Momente, die den Roman aus der zeitgenössischen Coming-of-Age-Literatur herausstechen lassen. Seinem Protagonisten wollte ich jedoch während der Lektüre mehr als einmal zurufen: "Wer von euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein!"

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