Alexander Mitscherlich, geboren 1908 in München, gestorben 1982 in Frankfurt/Main, war Psychoanalytiker und Publizist. Er gilt als einer der bedeutendsten Psychoanalytiker und Publizisten der Nachkriegszeit. Vor allem wegen seiner individualpsychologisch fundierten Gesellschaftskritik, in der er sich mit der NS-Zeit auseinander setzte, stieß er bei vielen Intellektuellen, insbesondere der 1968er Studentengeneration, auf große Zustimmung. Nach einem geisteswissenschaftlichen Studium und Verhaftungen durch die Nationalsozialisten wegen politischer Betätigung studierte Mitscherlich ab 1933 Medizin in Zürich und später in Heidelberg. 1946/47 nahm er als Beobachter und Berichterstatter am Nürnberger Prozess gegen führende NS-Ärzte teil (Medizin ohne Menschlichkeit). 1949 gründete er an der Universität Heidelberg die Abteilung für psychosomatische Medizin, die er selbst leitete. 1952 wurde er in Heidelberg zum Professor ernannt. Ab 1960 war Mitscherlich Leiter des Sigmund-Freud-Instituts in Frankfurt/Main, einer Lehr- und Forschungseinrichtung für Psychoanalyse. 1966 wurde er an der Frankfurter Universität zum Lehrstuhlinhaber für Psychologie berufen. 1969 erhielt er den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Mitscherlich war bestrebt, psychoanalytische Methoden und Erkenntnisse auf gesellschaftliche Erscheinungen anzuwenden. Seine Kritik an wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Phänomenen richtete sich an psychologischen Gegebenheiten aus. In der Medizin trat Mitscherlich dafür ein, das Krankheitsgeschehen als einen vielschichtigen psychosomatischen Vorgang aufzufassen.
Quelle: Verlag / vlb