Rezension zu Ein Tag im Leben des Iwan Denissowitsch von Alexander Solschenizyn
Rezension zu "Ein Tag im Leben des Iwan Denissowitsch" von Alexander Solschenizyn
von Ronek
Rezension
Ronekvor 16 Jahren
Man weiß kaum, wie man dieses Buch bewerten soll; ein Buch, das einem ohne Vorwurf, ohne Ermahnung zur Bescheidenheit und gänzlich ohne erzieherische Absicht vor die Augen führt, wie gut es uns in unserer Kultur geht oder eben wie furchtbar es einst war - je nach Perspektive. Eine der oben genannten Absichten könnte auch gar nicht vorliegen, denn der Autor, selbst lange Jahre unschuldiger Zwangsarbeiter gewesen, scheint wie aus einem inneren Bedürfnis diesen einen von 3653 Tagen des ebenfalls zwangsarbeitenden Iwan Denissowitsch zu schildern; es scheint kaum Distanz zu geben zwischen Autor und Protagonist und vermutlich kann nur so gelingen, was gelungen ist und was das Furchtbarste, das Trockenste und Einschüchternste des Buches ist: Man liest über die Seiten, während berichtet wird, wie ein Mensch seiner Würde und Freiheit beraubt, zur Zahl gemacht und in jeglicher Form unterdrückt wird, sich um Dinge niedrigsten Wertes reißt, sich irgend sucht zu erhalten, und während man liest, hält man mit einmal ein und stellt erschrocken fest: Ich fand all dies selbstverständlich. Und das erst ist die große, die größte Errungenschaft dieses Buches: Der nüchterne Tonfall, die schlichte Melancholie der Alltäglichkeit macht einen vergessen, wie furchtbar der Zustand ist. Aber sie macht einen begreifen, wie erst ein Mensch dies jahrelang ertragen kann: Eben WEIL er den Alltag akzeptiert, derart eigentlich entmenschlicht wird. Zwang zur Entmenschlichung also. Und hat man dies begriffen, versteht man erst den Terror der Sowjetunion.