Der Plot ist einfach und mir zu brutal. Man beauftragt den gerade aus der Haft entlassenen Agenten Lucifer (Nomen est Omen) mit der Korrumpierung einer eh schon korrupten texanischen Stadt. Aus persönlichen Gründen und weil er gerade nichts besseres zu tun hat, übernimmt er den Job. Gemeinsam mit der Ex-Prostituierten Thackeray sowie dem Strippenzieher Orcutt erledigt er die sogenannten Honoratioren der Stadt und lässt nebenbei etliche Gangster aus verschiedenen Landesteilen aufeinander losgehen. Hartgesottene freuen sich ev. beim Lesen.
Alexander Wewerka
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𝘞𝘦𝘯𝘯 𝘥𝘢𝘴 𝘴𝘰 𝘪𝘴𝘵, 𝘥𝘢𝘤𝘩𝘵𝘦 𝘪𝘤𝘩, 𝘬𝘢𝘯𝘯𝘴𝘵 𝘥𝘶 𝘢𝘶𝘤𝘩 𝘢𝘶𝘧𝘴𝘵𝘦𝘩𝘦𝘯.
Harry Gelbs Rohstoff sind Opium auf einem Dach in Istanbul und LSD in einer Kommune in Berlin, sind Heroin in einer Göttinger Mansarde und unzählige Biere in Frankfurts Kneipen – vor allem aber ist sein Rohstoff das Schreiben. Rasant, brutal ehrlich und witzig erzählt Fausers Alter Ego von einer gefährlichen wie gefährdeten Jugend und von einem Mann, der weder als Nachtwächter noch als Flughafenpacker vergisst, was er sein will: Schriftsteller.
💭
Bei mir hat dieser Plot Interesse geweckt.
Ein Protagonist mit Ecken und Kanten, mit Problemen und Süchten, aber auch einem innigen Wunsch.
Immer wieder erlebt er Hochs und Tiefs, Erfolge und Rückschläge, Motivation und Resignation.
Wir verfolgen ihn in seiner Entwicklung, seinem Werdegang.
Die Handlung des Romans findet in den 60er/70er Jahren statt.
Dennoch hat mir an manchen Stellen die stark maskuline Sprache Gelbs oder einige Szenen nicht sehr gefallen. Sicher passen diese zur Handlung und machen das Setting authentisch, ich hatte aber nichts gegen den folgenden Szenenwechsel.
Einige Passagen oder Dialoge waren für mich auch zu langatmig und haben mich etwas aus der Story rausgebracht.
Doch bleibt es am Ende ein solider Roman, der dem Leser vermittelt, dass egal wie schwer etwas zu sein scheint, man alles schaffen kann.
⭐️⭐️⭐️
Rohstoff ist die Geschichte des drogensüchtigen und später alkoholabhängigen Autors Harry Gelb und ein schonungsloses Zeitdokument der Gescheiterten in den 70igern der BRD.
Es ist die Geschichte von einem, der fällt und wieder aufsteht, und wieder fällt und doch gestrandet, erneut zu ertrinken droht.
Ein Getriebener – heimatloser, entwurzelter, suchender, rasender, verzweifelter Anarchist –, der schreiben will und dem es nicht gelingt, sich in die Gesellschaft einzugliedern, weder in die Hausbesetzerszene, "Dealer mit wallenden Haaren und einer Mao-Plakette an ihrem indischen Hemd, Catchertypen mit Ohrringen und Moschusduft, ähterische Grazien aus Siemensstadt oder Neheim-Hüsten, die ihre Friseurlehre mit freier Liebe oder einer Bombe vertauschen wollten und statt dessen in einer Kreuzberger Kellerwohnung mit einer rostigen Kanüle im Arm aufwachten", noch in die politische Szene aller Klassen von Revolutionären, noch in das spießige Kleinbürgertum, angeödet von "Leuten, die mit identischen Möbel, identischem Essen und identischen Bücher absolut identisch vögeln".
Ein Schriftsteller, der sich über Literaturseminare beklagt, die Dutzende von Bachmannkopien auf die Menschheit loslassen, geschrieben von Menschen, die den Schmerz der Welt nie kennengelernt haben, ein schreibender Outlaw, der erst spät von der funktionierenden Kulturklasse, die ihn als Agenten der dunklen Kräfte ablehnte, angenommen wurde, einer, der Burroughs und Fallada liebte, und dessen engster Gefährte der Zweifel war.
Seine Sprache ist klar, unverblümt, schnörkellos, auf den Punkt gebracht, schonungslos ehrlich. Ich mag das.
"Aber du hast sie dann mit in eins der Teehäuser genommen, wo die in Lumpen gewickelten Opiumsüchtigen sabbernd auf den Dealer warteten, während die riesigen Kakerlaken von der Decke in ihre Teegläser fielen – nicht daß sie wirklich fielen, aber die Stiesel sahen sie fallen –, und du hast dich mit dem Buckligen unterhalten – "Du okay? Ich auch okay" –, bis die message klar wurde: Lauf um dein Leben."
Es ist richtig, wer sich für deutsche Literatur interessiert kommt an Jörg Fausers Rohstoff (trotz einiger Längen) nicht vorbei. Ich bin froh, ihn über die Laudatio Köhlmeiers in seiner Klagenfurter Rede zur Literatur 2013 entdeckt zu haben. Besser spät, als nie.
Link zum Literaturcafe.de: Rohstoff: Vergessen sie Jörg Fauser nicht, denn irgendein Mexiko brauchen wir alle!
Der Diogenes Verlag hat vor ein paar Jahren Jörg Fausers vielschichtiges Gesamtwerk herausgebracht.