Cover des Buches Wenn der Platzhirsch röhrt (ISBN: 9783740801656)
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Rezension zu Wenn der Platzhirsch röhrt von Alexandra Bleyer

1 A Behandlung für einen depperten Wiener im herrlichen Mölltal

von Antek vor 7 Jahren

Rezension

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Antekvor 7 Jahren

Mit ihrem Krimidebüt „Waidmannsdank“ hat mich Alexandra Bleyer regelrecht begeistert und deshalb habe ich mich sehr auf den neuen Fall mit dem urigen Sepp Flattacher gefreut.

Der erste Teil endete mit der Nachricht, dass Heinrich Belten von seinem großkopferten Wiener Schwiegersohn, ins Altersheim abgeschoben werden soll, was mich in helle Aufregung versetzt hat. Und hier geht es nach einem Prolog, der rätseln lässt, wer nach krummen Geschäften untergetaucht ist, nahtlos weiter. Welch ein Glück, dass Sepp Flattacher, Heinrichs Nachbar, sich nicht ganz uneigennützig und das kleinere Übel in Kauf nehmend, auf dessen Seite schlägt und auch schon weiß, wie das zu verhindern ist. „War er gemein? Ja. War er böse? Oh ja. Ein richtiger Sepp-Flattacher-Plan.“ hat dieser nämlich schon im Kopf.

Der Prolog lässt den Leser rätseln, wie diese Slowakische Bande mit dem Rest der Geschichte zusammenhängt. Ich hatte sofort Anton in Verdacht, viele andere gibt es ja nicht, allerdings rutschte die Krimihandlung dann erst einmal gehörig in den Hintergrund. Ab und an ein kleiner Hinweis, damit man rästeln kann in welche Richtung es geht, mehr war nicht. Richtige Spannung ist eigentlich erst geboten, als im Wald ein ausgebranntes Auto mit einer verkohlten Leiche drin auftaucht, die Sepp den Kommentar „Ein Grillhendl ist´s“ abringt. Dann konnte die Autorin allerdings mit Überraschungen punkten. Aber ich empfand es nicht als besonders schlimm, weil ich von Sepp und Heinrich ganz großes Kino geboten bekommen habe. Wenn ich nur an die Aktion gemeinsam Fleischlabern zaubern, die Träume von Meeresrauschen versprechen, denke, kann ich jetzt noch Tränen lachen, vor allem wenn einer der Hygienefreak mit Chlorreiniger in der Hand ist, und der eine lachend meint, a bisserl Dreck hat noch niemand geschadet. Es ist einfach schwarzhumorige Komödie pur, wenn Sepp sich z.B. aus Boshaftigkeit von Hund Akko die Finger abschlecken lässt, und diese dann Heinrich mit dem Kommentar „Schau sauber“, unter die Nase hält. Ein Wunder, dass der nicht gleich aus den, für Besuch bereit gestellten, Filzpantoffeln kippt. Lachtränen und Training für die Lachmuskulatur gibt es hier zuhauf, denn Sepp ist ein findiger Kopf, wenn es um Bösartigkeiten geht, ich sag nur Bettwanzen, Juckpulver, Abführmittel oder in die Suppe spucken, auch wenn er meint, „Ich bin kein Sadist“.

Der Sprachstil der Autorin liest sich locker, leicht und ich bin mit einem steten Dauergrinsen regelrecht durch die Seiten geflogen, das nur von lauten Lachern unterbrochen wurde. Dafür sorgen zahlreiche urkomische Szenen und schlagfertig boshaft, schwarzhumorige Dialoge. Super gut gefallen mir auch die zahlreichen Vergleiche wie z.B. ein „Hirn wie eine Almhütte. Hoch oben und nix drin“ oder das „Denkvermögen reichte nur von zwölfe bis mittags.“

Für mich war es ja ein Wiedersehen mit Bekannten, auf das ich mich riesig gefreut habe. Sepp Flattacher ist einfach ein ekelhaftes Original wie es im Buche steht und gerade für seine bösen Sprüche, hinter denen ab und an eine Spur von weichem Herzen auftaucht, liebe ich ihn irgendwie, den alten Stinkstiefel. Auch wenn mir Heinrich Belten, der ja hofft, dass sie Freunde werden können iiiiirgendwann, manchmal richtig leid getan hat, wäre er doch sogar bereit mit Sepp seinen heiligen Fleischsalat zu teilen, würde eine gute Freundschaft Verzicht auf großes Lesevergnügen bedeuten. Wenn die beiden sich nicht mehr so richtig fetzen könnten, gäbe es weit weniger zu lachen. Meine sämtlichen Antipathien hat natürlich Anton Nowak, der depperte Schwiegersohn auf sich gezogen, den habe ich sowas von gfressn, da steh ich Sepp und Heinrich nichts nach. Die Kriminaler spielen dieses Mal eher am Rande mit. Der sympathische Martin hat derweil Liebeskummer, weil dumme Missverständnisse dafür sorgen, dass es mit Bettina immer noch nicht so geklappt hat. Vermutlich könnte da seine witzige Kollegin Kerstin, die sich nie ein Blatt vor den Mund nimmt, mit ihrem Kommentar „Wenn du in dem Tempo weiter machst, dann seids beide im Altersheim, bevor.. du weißt schon! Und ich habe die Unterwäsche meiner Oma gesehen! Niiicht antörnend, wennst mich verstehst!“, gar nicht so unrecht haben. Auch die kleinen Nebendarsteller sind gut gezeichnet, erwähnen muss ich da auf jeden Fall Herrn Pichler, der seinen Mops einfach nicht in den Griff bekommt und Frau Inge Hirschenthaler, der als Ratschkathel so schnell keiner etwas vormacht.

Es handelt sich um einen Jäger-Krimi und dass sich die Autorin auf diesem Gebiet mehr als perfekt auskennt, merkt man deutlich beim Lesen. Da gehört ein Fuchs eben zum Raubwild, oder es wird ausgebalgt, man erfährt über die Fuchsleber oder auch von Schonzeiten, die erwähnt werden. Fachbegriffe oder Näheres zu „Affen“ und „Bären“ bei den Murmeltieren „Murmalan“ kann man im Glossar nachlesen, was ich toll finde.

In dem wirklich guten und ausführlichen Verzeichnis am Ende findet man auch alle Wienerischen, Kärntnerischen, Österreichischen und Slowakischen Begriffe, die verwendet werden, denn hier darf zum Glück oft in Dialekt geplaudert werden, womit man mich immer begeistern kann. Die meisten habe ich auch ohne Hilfe verstanden, aber wer nicht eben nicht weiß, dass ein „Lercherschas“ eine Kleinigkeit ist, kann nachschlagen. An Lokalkolorit mangelt es hier daher sicherlich nicht.

Alles in allem könnten Leser, die bei einem Krimi Hochspannung von Anfang bis Ende erwarten, vielleicht etwas enttäuscht sein, aber alle, die super gerne viel lachen und bei denen der Fall auch mal etwas in den Hintergrund rücken darf, werden hier bestimmt ein großes Lesevergnügen haben. Von mir gibt es auf jeden Fall noch fünf Sterne für den herrlichen Abwehrkampf der beiden originellen Streithähne.

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