Cover des Buches Rabenseele (ISBN: 9783827012180)
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Rezension zu Rabenseele von Alexandra Kui

Melancholisches, intensives Meisterwerk!

von Lovely_Lila vor 8 Jahren

Kurzmeinung: Melancholisches, intensives, beklemmendes Meisterwerk!

Rezension

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Lovely_Lilavor 8 Jahren

~ Dieses Buch ist sicherlich nicht für jeden etwas. Der Schreibstil ist zwar wunderschön, aber auch eigenwillig wie die Protagonistin. Wenn sie bei einem aber den richtigen Ton trifft, dann entwickelt diese Geschichte unheimlich viel Kraft und einen starken Sog. Für mich ist dieses Buch jedenfalls ein melancholisches, intensives Meisterwerk! ~


Klappentext

Die Frau an der Kasse des Drogeriemarktes unterscheidet sich nicht von anderen. Außer in ihrer Duldsamkeit, wenn eine Kundin ausfällig wird. Außer in ihrer Verschlossenheit. Niemand ahnt etwas von den Dämonen in ihrem Inneren. Denn sie lebt in der Gewissheit, einen Menschen erschossen zu haben. Ihren Mann.

Informationen


Erzählstil: personaler Erzähler; Präsens;
Perspektive: aus weiblicher Sicht (Lua)


Meine Meinung

Niemals hätte ich mir dieses Buch selber gekauft, doch ich hatte das Glück, ein Berlin-Verlag Jahres-Abo zu gewinnen und so bekam ich dieses Büchlein eines Tages zugeschickt. Nach wenigen Tagen folgten die ersten sehr durchwachsenen Rezensionen, was dazu führte, dass ich das Buch erst einmal legte und die Lektüre auf einen unbestimmten Punkt in die Zukunft verschob. Ein Fehler!

Einstieg

Es ist kein einfacher Einstieg, das gebe ich zu. Das erste Kapitel habe ich auch zweimal begonnen. Es ist einfach verwirrend und scheint keinen Sinn zu ergeben. Bitte, bitte haltet durch, denn was danach kommt, entschädigt für alles!

Schreibstil

Der Schreibstil ist ohne Frage außergewöhnlich und etwas ganz Besonderes. Er hat mich einfach umgehauen und mit jeder Seite habe ich ihn mehr geliebt. Was ist so wundervoll daran? Die Sprache ist einfach unglaublich intensiv - kurze, prägnante Sätze wechseln sich mit langen, bildhaften Beschreibungen und Sinneseindrücken ab. Wunderschöne poetische Stellen, Metaphern, Alliterationen und Personifikationen alternieren mit direkten, deutlichen Worten. Die Natur wird durch diesen Schreibstil lebendig, sie atmet, flüstert, keucht, die Gefühlswelt der Protagonistin könnte man anschaulicher und intensiver nicht beschreiben. Immer wieder gibt es detaillierte Momentaufnahmen wie aus einem Film, es scheint, als würde die Zeit kurz angehalten und die Kamera näherzoomen. Auf der Buchrückseite wird Deutschlandradio Kultur zitiert: „[…]auf eine fast musikalische Weise schön.“ Dem habe ich nichts mehr hinzuzufügen.


„Zurück in ihrer Einzimmerzuflucht reißt Lua all ihren Vorsätzen zum Trotz die Balkontür auf und wird von einer Böe erfasst, die direkt aus dem Kalten Tal zu kommen scheint. Der Fluss atmet sie an. Die perlende Frische der Oberfläche. Das faulige Geheimnis seiner Eingeweide. Kein Zweifel, er lauert auf sie.“ Seite 58


Personen & Protagonistin

Auch wenn nur wenige Personen wirklich eine größere Rolle bekommen, wurden sie alle ausnahmslos sehr gut ausgearbeitet und wirken „echt“ und dreidimensional.

Lua ist keine einfache Protagonistin, doch sehr faszinierend. Sie hat viel durchgemacht und eine verkorkste Beziehung zur ihren Verwandten. Man kann es sich gar nicht vorstellen, dass diese zarte, unsichere Person ihren Mann ermordet haben soll, denn nach ihrem Gefängnisaufenthalt ist sie eine gebrochene Frau. Lua kann sich nicht mehr an die Schicksalsnacht erinnern und das quält sie zusätzlich. Ihre Schuldgefühle scheinen sie langsam innerlich aufzufressen - das einzige, was sie fühlen kann, ist Schmerz. Lua ist keine vertrauenswürdige Erzählerin, immer wieder ist es für den Leser ungewiss, ob es sich bei den Vorkommnissen um Traum/Vorstellung oder Realität handelt. Dieses Spiel mit der Wirklichkeit gelingt der Autorin ausgezeichnet, denn so versteht man immer besser, wie Lua sich fühlt und sieht die Welt durch ihre Augen. Nach einer Weile ertrappt man sich bereits dabei, wie man ihr endlich einmal Glück im Leben wünscht und ich habe Lua nach und nach immer mehr ins Herz geschlossen.

Idee, Spannung & Atmosphäre

Wie schön es doch ist, vollkommen ohne Erwartungen an ein Buch heranzugehen und dann vollkommen davon überrascht zu werden! Die Autorin hatte hier eine sehr interessante und frische Idee, die man noch nicht in hundert Ausführungen gelesen hat. Ständig war ich neugierig, ständig wollte ich wissen, wie es weitergeht.

Die Spannung war also durchgehend da, ebenso wie Lua will man natürlich herausfinden, was in jener Nacht geschehen ist und wie es zu diesem unsäglichen Verbrechen kam. Zusätzlich baut Alexandra Kui noch unerwartete Wendungen ein, die mich überrascht haben.

Über allem liegt ständig eine beklemmende, melancholische, düstere Stimmung, die einen unglaublichen Sog auf mich ausgeübt hat, so dass ich nach dem Lesen erst wieder in der Realität zurückkehren musste. Die gewählten Schauplätze sind geheimnisvoll, teilweise unheilvoll und eindringlich, was sicherlich zu dieser Atmosphäre beiträgt. Inspiriert wurde die Autorin vom Lied „Lua“ von „Bright Eyes“, und diesen melancholischen, schwermütigen Ton setzt sie wundervoll um.

Mein Fazit

Dieses Buch ist sicherlich nicht für jeden etwas. Der Schreibstil ist zwar wunderschön, aber auch eigenwillig wie die Protagonistin. Wenn sie bei einem aber den richtigen Ton trifft, dann entwickelt diese Geschichte unheimlich viel Kraft und einen starken Sog. Für mich ist dieses Buch jedenfalls ein melancholisches, intensives Meisterwerk!

Meine Empfehlung: Für Leser, die mehr wollen als einfache, oberflächliche Unterhaltung, und für alle, die bereit sind, sich auf eine melancholische Geschichte mit einer gebrochenen Protagonistin einzulassen.

Bewertung:

Idee: 5 Sterne
Ausführung: 5 Sterne ♥
Schreibstil: 5 Sterne ♥
Personen / Protagonistin: 5 Sterne ♥

Zusatzkriterien bei diesem Buch:

Spannung: 5 Sterne
Atmosphäre: 5 Sterne ♥

Insgesamt:

❀❀❀❀❀ ♥

Ich überschütte dieses Buch mit allen fünf Sternen und füge sogar noch ein Herz dazu. Dieses Buch bekommt somit den Lieblingsbuchstatus und einen dauerhaften Platz in meinem Regal.


Ist dieses Buch Teil einer Reihe? – Nein.
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