Das Scheitern in der Traumfabrik Hollywoods überschattet auch die Liebe!
Der 1911 in London und 1985 in Kalifornien gestorbene Autor arbeitete sowohl als Reporter als auch als Regisseur und Drehbuchautor (2 Oskar-Nominierungen für „Paisà“ (1946) (R: Roberto Rossellini) und „Teresa“ (1951). Sein Roman „The Girl on the Via Flaminia“ (1949) wurde mit einem meiner Lieblingsschauspieler Kirk Douglas verfilmt („Act of Love“ (1953)). „In Love“ – für mich ein Highlight des letzten Jahres! – stammt aus dem Jahr 1953 und wurde mit vorliegendem Roman [engl. Titel: „My Face for the World to See” (1958)] – von mir bereits mit großer Spannung erwartet – fortgeführt.
Zum Inhalt: Hollywood in den 50-igern: der Ich-Erzähler, ein verheirateter Mann aus New York, der regelmäßig für ein paar Monate als Drehbuchautor für die großen Studios in LA arbeitet, rettet auf einer Strandparty eine junge Frau vor dem Ertrinken. Die junge Frau träumt wie so viele in dieser Stadt als Schauspielerin entdeckt und berühmt zu werden, sie fühlt den Druck, ihrer Familie in der Provinz etwas beweisen zu müssen, aber jedes Mal scheitert sie bereits beim Vorsprechen. Obwohl sie bereits schlechte Erfahrungen mit verheirateten Männern gemacht hat, lässt sie sich auf den sehr viel älteren Mann ein und ein evtl. Scheitern ist fast schon vorprogrammiert.
Meine Meinung: Mit großer Spannung habe ich diesen Roman erwartet, und ich muss sagen, dass ich nicht enttäuscht wurde. Ich kann zwar nicht ganz erkennen in welcher Weise dieses Werk eine Fortsetzung von „In Love“ darstellen soll – außer dass es sich wohl offensichtlich um die gleiche Hauptfigur handelt, die dem Autor wohl nicht sehr unähnlich zu sein scheint – aber stören tut es mich in keinster Weise, denn inhaltlich und v.a. sprachlich bin ich mal wieder sehr angetan, inspiriert, beeindruckt und fasziniert.
Sprachlich ist der Roman also auf dem gleichen anspruchsvollen Niveau wie der Vorgänger. Mich beeindruckte wie der Autor die Dialoge gestaltete, aus einer Mischung von direkter und indirekter Rede. Ich weiß zwar nicht, ob dieser Stil evtl. veraltet ist, weil man ihn zumindest nicht oft antrifft, aber mir persönlich gefiel er sehr gut. Inhaltlich mag in diesem Buch nicht viel passieren, sprachlich dafür umso mehr. Interessant fand ich v.a., dass wir die Frau – hpts. durch die indirekte Rede – immer nur durch die Brille des Mannes sehen (auch gefällt mir bei diesem Beispiel, wie der Autor die Stimmung der Frau subtil darstellt, nicht durch Erklärungen, sondern einfach durch das, was sie tut und v.a. sagt – ein sehr schönes Beispiel für die richtige Anwendung von "Show, don't tell"):
„Sie warf den Kopf zurück und lachte. Sie wirkte sehr gelöst. Sie sei wieder frei. Ich hätte keine Ahnung, wie schön es sei, wieder frei zu sein, sich nicht zu fragen, ob man jemanden liebe oder nicht. Das sei so öde, die Liebe. Immer besorgt zu sein, so furchtbar besorgt zu sein, etwas Falsches zu sagen oder etwas Falsches zu tun. Sie sei froh, all das los zu sein, all diese Fragen. Ob mir nicht aufgefallen sei, wie unwohl sie sich in den letzten Wochen gefühlt habe? Sicher sei mir das aufgefallen. Ich sei doch ein so aufmerksamer Beobachter. Sicher hätte ich bemerkt, wie unnatürlich es für sie sei, immer nett zu sein. Das sei sie schließlich gewesen, nicht wahr? All die Wochen. Grauenhaft nett. So besorgt um mich. Um meinen Eindruck von ihr. Sie habe sich so sehr eine gute Beziehung zu einem Mann gewünscht. Sie habe schon so viele Beziehungen ruiniert.
Nun ja, sie sei töricht gewesen. Wo denn die Frau mit den Martinis bleibe? Für einen Martini brauche man doch nicht so lange. Ein Martini sei schließlich etwas ganz Simples. Ob ich, der aufmerksame Beobachter, Ausschau nach der Kellnerin halten könne? Und ob ich ihr den Gefallen tun könne, nicht so ein Gesicht zu machen. Wie viele Martinis sie bestelle oder trinke, gehe mich nichts an. Ihr Leben müsse mich nicht mehr interessieren. Für mich sei die Ankunft am Montagmorgen wichtig. Sie bitte mich nur, dafür zu sorgen, dass die Kellnerin sich mit diesem komplizierten Martini beeile, und wenn ich das nicht wolle oder das zu schwierig für mich sei, würde sie bestimmt einen anderen finden, der das übernimmt.
Ich bezweifelte nicht, dass sie das könne.
Und wie sie das könne. Und jetzt wolle sie mich nur noch um einen Gefallen bitten, einen Gefallen könne ich ihr noch tun. Ob ich sie, bevor dieser lange, dieser schöne, dieser ereignisreiche Abend endgültig vorüber sei, verdammt noch mal mit diesem missbilligenden Gesichtsausdruck verschonen könne. Sie habe es satt: meine Billigung oder meine Missbilligung.“
Der einzige Wehrmutstropfen: das Lesevergnügen ist viiiiel zu kurz! Ich weiß gar nicht, ob man das Buch als Roman bezeichnen kann, es ist eher eine Novelle bzw. eine etwas längere Kurzgeschichte.
Fazit: Ein leider viel zu kurzes Werk, das die Qualität des Vorgängers wiederholt, für mich ein erneutes Highlight – daher vergebe ich die vollen 5 Sterne und empfehle es jedem, der sprachlich Anspruchsvolles mag.