Ich weiß nicht, ob man es als Flucht, Besessenheit oder ganz einfach nur Engagement bezeichnen kann – diese Beurteilung überlasse ich besser anderen. Aber Tatsache ist, daß ich – soweit ich mich zurückerinnern kann – schon immer ein Faible fürs Lesen hatte. Das fing schon an, als ich in die Grundschule kam und dann mit den ersten "bunten Bildern" konfrontiert wurde. Es folgten Comics aus der guten alten Zeit des Lehning-Verlages. Sigurd, Falk, Tibor und Nick – wer damit aufgewachsen ist, weiß was ich damit sagen will. Ich erinnere mich noch gut daran, wie schwer es damals war, überhaupt an diese Hefte zu kommen Man möge bedenken, daß ich in einem recht kleinen Dorf aufgewachsen bin und eine Fahrt nach Marburg – die nächst größere Stadt – schon etwas Besonderes darstellte. Frankfurt war noch ganz weit weg damals, fast unerreichbar...
Dann kam der Tag, an dem ich zu registrieren begann, daß mein Vater Heftromane las – meist Western. G.F.Unger, Robert Ullman, U.H.Wilken, die Klassiker des deutschen Western. Ich begann mich dafür zu interessieren, da Western im Fernsehen längst zu meinen Lieblingen zählte. Das war zu einer Zeit, wo es noch etwas Besonderes war, einmal pro Woche jeden Sonntag um 18 Uhr Bonanza oder Shiloh Ranch zu sehen – oder Dienstag abend um 21 Uhr High Chaparral oder Hondo. Wir hatten drei Fernsehprogramme. Mehr nicht – und das reichte auch. Mein Vater war dagegen, daß ich Heftromane zu lesen begann – und er war alles andere als begeistert, als er mich immer öfter dabei ertappte.
Zu diesem Zeitpunkt ging ich bereits nach Marburg aufs Gymnasium und entdeckte die Gesetze des Heftromans – in der Form eines Kiosks in unmittelbarer Nähe meiner Schule, wo es einmal in der Woche jeden Dienstag morgen neue Romane gab. So wurde ich zum Leser und Sammler und setzte zum Leidwesen meiner Eltern den größten Teil meines Taschengeldes in "Schundromane" um.
In der 8.Klasse eben jenes Gymnasiums bekamen wir im Englischunterricht ein kleines Buch zu lesen - es nannte sich "Pioneer days of Kentucky - life and adventures of Daniel Boone". Es wurde dann eine Klassenarbeit anberaumt, die zum Ziel hatte, ein Kapitel nachzuerzählen und dann in der eigenen Phantasie einfach weiter zu schreiben. Alles in englisch! Ich habe damals mehr als 10 Seiten Text geschrieben und war selbst beim Klingeln zur Pause immer noch nicht zu stoppen. Wahrscheinlich war das die eigentliche Geburtsstunde meiner Autorentätigkeit.
Irgendwann mit 14 oder 15 – ich glaube, es war um diese Zeit – war ich schon so tief in dem Genre drin, daß ich mir fest vornahm, auch einmal einen Roman zu schreiben. Beeinflußt von den Serien der 70er-Jahre schrieb ich meine erste Western-Serie RINGO – DER GEÄCHTETE. Es handelte sich um eine 30-bändige Serie á 32 Seiten, alle mit einer recht antiquierten Schreibmaschine auf Zeichenblockpapier geschrieben, und mit eigenen Titelbildern. Es folgten weitere Romane in der Art, so 50 an der Zahl. Alle nur für mich selbst, und niemals mit dem Gedanken, sie jemals veröffentlichen zu wollen ( was bis heute auch noch nicht geschehen ist ). Es war eben etwas sehr Kreatives für mich – und das hielt ich persönlich für besser, als sich jedes Wochenende auf den Sportplatz zu stellen und irgendeiner Fußballmannschaft beim Verlieren zuzusehen. Viel mehr Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung gab es damals nicht.
Aber man wird älter, und der Erfahrungshorizont erweitert sich. Mit dem Führerschein und dem ersten Auto – und vor allen Dingen mit dem Schritt ins Berufsleben ändert sich so manches. Nicht aber die Liebe zum Lesen und sammeln, die ich bis heute beibehalten habe. Und dann wollte ich es wissen: ich setzte mich hin und schrieb meinen ersten "richtigen" Western. Er hieß "Die Dollarwölfe von Abilene" und war natürlich beeinflußt von den Fernsehserien früherer Jahre. Er mußte aber historisch sein, das war immer meine Leitlinie. Ich wußte damals kaum etwas über Redakteure und Lektoren und deren Vorlieben – ich wußte nur, daß ich selbst den Roman für sehr gut hielt und sah deshalb keinen Grund darin, warum es andere nicht tun sollten.
Die Ernüchterung kam dann sehr rasch. Der Bastei-Verlag schrieb mir, der Roman sei zu wirklichkeitsgetreu und passe demzufolge nicht in die laufenden Serien. Es dauerte dann über ein halbes Jahr, bis ich schließlich beim Kelter-Verlag in Hamburg auf Gehör stieß. Aber nur deshalb, weil der zuständige Redakteur Günter Triedwindt ein Freund von historischen Western war – deshalb gab er mir eine Chance. Und so erschien mein erster Roman in der Reihe US-WESTERN als Band 41. Vier weitere sollten noch folgen, bis die ganze Reihe dann eingestellt wurde und dies auch das Aus für mich bedeutete.
Dann ging ich wieder auf die Suche – aber diesmal war es leichter als zu Beginn. Denn jetzt hatte ich ja schon fünf veröffentlichte Heftromane vorzuweisen und war also kein Anfänger mehr. Ich hatte Glück und konnte als Autor beim Marken-Verlag in Köln ( ich wünschte, es gäbe ihn heute noch ) einsteigen. Bei den Serien WESTERN-WOLF, BRONSON, 320 PS-JIM, und ZWEI TEUFELSKERLE konnte ich dann mitschreiben. Sowohl unter meinem bisherigen Pseudonym Al Wallon als auch unter dem neuen Pseudonym Chuck Malone.
Mein erster Buchmessebesuch war 1982 – dort kam dann auch der Kontakt mit Bastei und Pabel zustande. Und dann war ich "drin"! Ich schrieb bei KOMMISSAR X mit, parallel bei Bastei in der Heftserie FANTASY und machte dann auch meine ersten Gehversuche im Sektor der Frauenromane. Dieses Genre sollte man nicht unterschätzen, denn immerhin stellt es rückblickend gesehen, mehr als 40 % meines ganzen Schaffens dar. Und wenn man es von dem Umsatzzahlen her betrachtet, waren meine Liebes- und Erotikromane am erfolgreichtsten, denn sie wurden in mehrere Sprachen übersetzt. Zuletzt im vergangenen Jahr ins Russische. Man müßte eine separate Homepage erstellen, um hier alle Romane und Serien aufzulisten, an denen ich mitgeschrieben habe - zumindest habe ich aber versucht, den größten Teil davon in einer extra Rubrik aufzulisten.
Pseudonyme wie Martin Kirchner, Liesel Lechner, Alfred Wallner, Claudine Wallon, Mandy Martin, Alida Walden und Claudia von Sternberg – all dies bin ich. Und ich vertrete auch heute noch die Meinung, daß ein Heimatroman ebenso eine spannende Sache wie ein Western sein kann. Aber nur unter der Voraussetzung, wenn man glaubhafte Charaktere und eine ebensolche Handlung zu schildern versteht. Als jemand, der in einem kleinen Dorf aufgewachsen ist und auch heute noch dort lebt, kenne ich aus eigener Erfahrung dieses Bild und habe es – so denke ich jedenfalls – recht erfolgreich in meinen Bergromanen beschrieben. Der eine oder andere fiktive Almbauer oder Bürgermeister dürfte einen realen Gegenpart haben...
Ende der 80er Jahre kam dann die große Ernüchterung für mich, denn die Vielfalt der Heftromanverlage schrumpfte gewaltig zusammen. Pabel reduzierte sein komplettes Programm auf Perry Rhodan, Kelter ging größtenteils auf Nachdrucke über, und Bastei verfolgte eine Schiene, mit der ich mich damals nicht identifizieren konnte. Insbesondere im Western-Bereich favorisierte man Sex und Action, aber man muß das tolerieren aus kaufmännischer Sicht. Jeder Verlag arbeitet gewinnorientiert - und wenn sich diese Romane verkaufen, dann ist offensichtlich auch ein Markt dafür vorhanden. Und das mittlerweile seit über 20 Jahren. Ob man sie jedoch als Leser historischer und klassischer Western mag, ist eine ganz andere Sache...
Zu dieser Zeit war ich beruflich im Außendienst tätig und lernte dadurch einen Menschen namens Klaus Stowasser kennen, der eine Druckerei besaß und mir dann ein Angebot machte. Vom Preis her hielt ich es für eine Chance, und so entstand dann der Eigenverlag EDITION WILD WEST und die Serie PIONIERE, von der ich zwei Bände herausbrachte. Ich bekam zumindest den größten Teil der Druckkosten durch den Vertrieb wieder herein und wurde deshalb mutiger. Es entstand die Verwirklichung eines persönlichen Traums: - meine eigene Familiensaga. Ich nannte die Serie RIO CONCHO.
Neben RIO CONCHO realisierte ich dann die Fortsetzung meiner Fantasy-Serie THORIN, von der 1984 vier Bände bei Bastei erschienen. Sowohl RIO CONCHO als auch THORIN mußte ich jedoch zu meinem Bedauern Ende 1998 einstellen. THORIN bekam eine neue Chance als Paperback im Blitz-Verlag – RIO CONCHO dagegen nicht. Im Blitz-Verlag erschien dann auch die Horror-Serie MURPHY, die ich zusammen mit meinem Kollegen Marten Munsonius entwickelte und schrieb. Sowohl THORIN als auch MURPHY hatten aber im Blitz-Verlag trotz regelmäßiger Werbung kein langes Leben, so daß die Reihen schließlich eingestellt werden mußten.
Im Jahr 2000 gründete ich zusammen mit der Druckerei MARXMÜHLE und Klaus Stowasser einen Verlag, der zur Buchmesse vier Titel mit phantastischen Romanen auf den Markt bringen wollte. Ich hatte als Verlagsleiter alle Vorbereitungen getroffen – alle vier Titel waren lektoriert, bearbeitet, und die Werbung dafür lief bereits auf Hochtouren. Dennoch hatte es die Druckerei aufgrund vieler negativer Fakten – deren Aufzählung ich mir hier ersparen möchte – nicht geschafft, zur Buchmesse die Bücher fertig zu haben. Diese verfehlte Politik konnte ich nicht länger mit tragen und verließ den Verlag dann deshalb Ende 2000. Was auch das Ende für die Druckerei bedeutete. Die von mir damals eingeplanten Buchtitel konnte ich aufgrund meiner guten Kontakte noch an andere Verlage weiter vermitteln. Ich selbst wollte mich jedoch völlig von der Schriftstellerei zurückziehen, da ich wegen der negativen Erfahrungen der letzten Monate eigentlich genug hatte. Ich hatte dies lange überlegt, bevor ich dies dann bekannt gab.
Das Stadium des "Frührentners" dauerte allerdings nur zwei Monate. Dann veränderte sich alles für mich auf sehr überraschende und zugleich plötzliche Weise. Der Mohlberg-Verlag nahm Kontakt mit mir auf und schlug mir vor, THORIN zunächst als Heft und dann als Buch fortzusetzen. Ich kenne Heinz Mohlberg seit vielen Jahren. Er schaffte es, mich davon zu überzeugen, daß ich wieder schreiben sollte.
Im Jahr 2001 wurde der Basilisk-Verlag gegründet. Der Verleger Patrick Grieser wollte mich als Autor haben, und so entstand der erste Band der Fantasy-Serie JESCA, eine Spin-Off-Serie zu THORIN. Im gleichen Verlag erscheint auch die Dark Fantasy-Serie CAINE, wo ich den ersten Band schrieb und an der Konzeption beteiligt war. Und dann wäre da noch die Horror-Serie CHRONIKEN DES BLUTES, wo ich zusammen mit Bernd Götz die ersten beiden Bände geschrieben habe, und die ebenfalls bei Basilisk erschienen sind. Die Zusammenarbeit habe ich jedoch mittlerweile eingestellt.
Gegen Ende 2005 konnte ich auch bei BASTEI mit Western-Romanen Fuß fassen. In der Reihe WESTERN EXPRESS erschien als Band 60 mein Roman "Morgan jagt die Schienenwölfe", geschrieben unter dem Pseudonym T.C.Taylor.
Ein weiterer Meilenstein meines Schaffens ist zweifelsohne die Heftreihe WESTERN LEGENDEN des Bastei-Verlages. Ich bin sehr froh, dass ich fast zwei Jahre lang von 2005 bis 2007 hier als Stammautor mit dabei war und 18 historische Western zu dieser Reihe beitragen konnte, die auf insgesamt 100 Bände angelegt war. In dieser Zeit wurde ich übrigens auch Mitglied der renommierten Western Writers of America.
Die Jahre 2006 und 2007 brachten sehr viele Erfolge, aber auch deutliche Änderungen in der Verlagslandschaft. Das Ende der WESTERN LEGENDEN-Reihe war das vorläufige Ende von neuen historischen Western im Heftromanbereich. Und dieser Trend markierte auch das Ende meiner Aktivitäten als Autor von Heftromanen, weil ich in diesem Genre keine Zukunftsperspektiven mehr sehen konnte.
Zum Glück setzte die diesjährige Frankfurter Buchmesse neue Schwerpunkte. Ich kam ohne große Erwartungen dorthin und wurde mehr als positiv überrascht. Es wurden Verträge mit dem Persimplex Verlag und dem Verlag Peter Hopf geschlossen und eine langfristige Zusammenarbeit für diverse Western-Buchprojekte vereinbart ( sowohl im Hardcover als auch im Taschenbuch ). Dieses erfreuliche Ergebnis markiert einen weiteren positiven Wendepunkt in meiner bisherigen Laufbahn.
Auch wenn in Deutschland und Europa der klassische Western keine großen Verkaufszahlen mehr bringt, so will ich als Autor, der mit diesem Genre seit Jahrzehnten verwurzelt ist, mein Bestes geben, um es am Leben zu erhalten.