Cover des Buches Girl Meets Boy (ISBN: 9781847670687)
Rezension zu Girl Meets Boy von Ali Smith

Girl meets boy von Ali Smith.

von Ein LovelyBooks-Nutzer vor 11 Jahren

Rezension

Ein LovelyBooks-Nutzervor 11 Jahren
Imogen und Anthalea sind Schwestern wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Imogen ist Karrierefrau und Anthalea ist Sklavin ihres Herzens. Was sie verbindet sind die Geschichten ihres Großvaters, die sie in Mythen entführen in denen die Liebe zwischen zwei Menschen die Welt verändern kann. (Frei nach Ovids Iphis Mythos.)

Erst bin ich verwirrt, dann entzückt, dann begeistert und am Ende wieder ein klein wenig verwirrt. Eine Reaktion die kein Autor in mir hervor zu rufen vermag, außer natürlich Ali Smith. Für Smith Anfänger ist dieses Buch vielleicht nicht das beste, ist der Mythos, welcher ihm zu Grunde liegt, an sich schon kompliziert. Und dann kommt Ali Smith schreibt ihn um, erfindet ihn neu und macht das, was sie am besten kann, Anspruch Hurra, Unterhaltung für fortgeschrittene Leser, Sprachfestival und Denkübung in einem, dabei doch nur nicht das Gehirn verknoten, denn es gibt so viel zu entdecken. Zugegeben, der erste Teil, der halb Rahmenhandlung, halb Mythos ist, hat mich ein wenig verwirrt. Denn dort fängt der Großvater an zu erzählen mit den Worten: “Als ich ein kleines Mädchen war…”

Doch darauf muss man sich einlassen, wenn Ali Smith erzählt. Denn mundgerecht ist nicht ihre Spezialität und surreal wird es mehr als einmal. Trotzdem kann man der Erzählung noch so eben folgen, weiß dass es um die Geschäftswelt geht, um Wasser und um Liebe. Diese Liebe ist meiner Meinung nach besonders gelungen beschrieben, da wird der Liebesakt zum Mythos selbst, zu Magie und Kunst, besonders sprachlich gesehen. Das Geschehen aus zwei Perspektiven beleuchtet, der verliebten Anthalea und der skeptischen Imogen. Während Anthaleas Teil sprachlich schöner und kunstvoller ist, ist Imogens klarer, linearer und gibt dem Leser die Möglichkeit die Puzzleteile der Handlung zusammen zu setzen, die ihm aus den Fingern glitten, als Anthalea erzählte.

Gleichzeitig tut Ali Smith was sie auch in ihren Kurzgeschichten oft tut, sie spricht gesellschaftliche Missstände und wirtschaftliche Komplotts an. In dieser Erzählung geht es um Emanzipation und die Vermarktung in Flaschen abgefüllten Wassers. Hier ein kleiner Kritikpunkt, denn während die feministischen Parolen durchaus in die Handlung passen, scheint mir die ganze Wasser-Geschichte ein bisschen überflüssig und unpassend – mir scheint Ali Smith wollte ihre Meinung sagen, hätte es aber lieber lassen sollen, zu viele Baustellen. Ansonsten bewundere ich jedoch eine Schriftstellerin, die es wagt in ihrer Prosa anzuprangern, aufzudecken, zu kritisieren, ohne dabei die Handlung und Charaktere zu vernachlässigen.

Der Grund warum ich diesem Buch trotz seiner Sperrigkeit und mancher Verzettelung mehr Leser wünsche ist seine Sprache. Ich möchte das zu Ende noch einmal betonen, dieses Buch wird besser und besser, je häufiger man es liest. Allen voran die Szene zwischen Anthalea und ihrer Geliebten, wie auch davor und danach, in der Ali Smith dem Leser beweist, wenn sie schreibt, dann wird aus der Geschichte Kunst. Eine Fertigkeit, die ich mir als Schriftstellerin zum Vorbild genommen habe und von der ich als Leserin noch viel mehr sehen möchte, denn viel zu oft wird aus Gründen der Vermarktung die Sprachkreativität vernachlässigt, besonders im englischen Raum. Also lies Ali Smith, meine liebe Leserin, lies ihr Buch mehr als einmal, denn dort wo andere Prosa lediglich Zuckerwatte ist, die süß schmeckt, doch schnell vergeht, behält man den Geschmack der Sprache Ali Smiths noch lange auf der Zunge.

Eine sprachlich beeindruckende, wenn auch etwas obskure Neuerzählung des Mythos um Iphis nach Ovid.

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