Ali Zamir

 4 Sterne bei 5 Bewertungen
Autor*in von Die Schiffbrüchige, Die Schiffbrüchige und weiteren Büchern.

Lebenslauf

Ali Zamir, geboren 1987 in Mutsamudu auf der Insel Anjouan auf den Komoren, studierte zeitgenössische Literatur an der Universität Kairo. Nach seinem Abschluss kehrte er nach Anjouan zurück, wo er seither in der Kommunalpolitik aktiv ist und sich für nachhaltige Entwicklung einsetzt. Für seine Werke wurde er mehrfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Prix Senghor für seinen Debütroman Die Schiffbrüchige.

Quelle: Verlag / vlb

Alle Bücher von Ali Zamir

Cover des Buches Die Schiffbrüchige (ISBN: 9783847900283)

Die Schiffbrüchige

(3)
Erschienen am 29.09.2017
Cover des Buches Die Schiffbrüchige (ISBN: 9783293208766)

Die Schiffbrüchige

(1)
Erschienen am 17.02.2020
Cover des Buches A Girl Called Eel (Jacaranda) (ISBN: 9781909762817)

A Girl Called Eel (Jacaranda)

(1)
Erschienen am 06.06.2019

Neue Rezensionen zu Ali Zamir

Cover des Buches Die Schiffbrüchige (ISBN: 9783293208766)
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Rezension zu "Die Schiffbrüchige" von Ali Zamir

aus-erlesen
Berührende Erinnerungen

Es gibt sicherlich Wichtigeres in einem tödlichen Sturm Fremden aus seinem Leben zu erzählen. Dennoch ergreift Anguille die Gelegenheit und redet sich in einen Rausch ohne Punkt, dafür aber mit umso mehr Kommas. Anguille, dieser ungewöhnliche Name hat sie von ihrem Papa bekommen. Er bedeutet Aal. Als Fischer stand für ihn ab dem Moment, in dem er von der Schwangerschaft seiner Frau erfuhr, fest, dass sein Nachwuchs einmal so heißen wird. Dass es Zwillinge werden, konnte keiner ahnen. Auch dass sich beide Schwestern so unterschiedlich entwickeln werden, stand in den Sternen. Connaît-Tout, ihr Vater – auch sein Name hat eine tiefschürfende Bedeutung: Rechthaber – schaut oft in die Sterne. So weiß er wie am nächsten Tag das Wetter wird. Für einen Fischer fast wichtiger als der Ruf des Muezzin. 

Ali Zamir zeigt in seinem preisgekrönten Erstling „Die Schiffbrüchige“ dem Leser seine Welt, seine Heimat, die Komoren. Die kleine Insel im Indischen Ozean findet so gut wie gar nicht in der breiten Öffentlichkeit statt. Vielleicht mal als Frage in einer Quizshow oder als mutiges Neugier-Mach-Stück in einem Auslandsmagazin. Hier rumort es seit Jahren. Die Komoren beanspruchen die Insel La Mayotte, die ein Überseedepartement Frankreichs ist. Politisch gehört es also zu Europa, zur EU, was besonders unter denen, die nichts mehr zu verlieren haben, für Begehrlichkeiten sorgt. 

Die abgedroschene (und vor allem blödsinnige) Floskel von den Armen, die trotz alledem das Leben genießen und feiern, trifft hier schon lange nicht mehr zu. Gefeiert wird, wenn man feiern will. Gekämpft wird, weil man kämpfen muss … ohne Uhr und ohne Kalender. 

Erste Liebe, die erste Zigarette, jugendliche Frotzeleien und ungestüme Annäherungsversuche gehören hier genauso zum Alltag wie das Scheitern darin. Es ist die durchgehend poetische Sprache – die phantasiereiche Namensgebung ist da nur ein Bruchteil des Ganzen – die diesen Roman zu einem echten Pageturner macht. Das anhaltend hohe Tempo lässt den Leser mit der Schiffbrüchigen – im Wortsinn wie im übertragenen Sinn – mitfiebern. Die Wogen der Emotionen sind von den Wellen des Sturmes eingerahmt. Die Umstände, die zu dieser einzigartigen Schau-In-Meine-Welt-Geschichte führen, sind dramatisch. Dennoch blühen diese Erinnerungen einer Frau, die im Ozean mit dem Leben ringt, wie ein Blüte so wie die Gischt auf den Kronen der Wellen. 


Cover des Buches Die Schiffbrüchige (ISBN: 9783847900283)
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Rezension zu "Die Schiffbrüchige" von Ali Zamir

evaczyk
Lebenshunger und Tod im Meer

Anguille weiß – sie wird sterben. Eine junge Frau, deren Traum von einem besseren Leben als Schiffbrüchige im Meer endet. Doch ehe sie ertrinkt, zieht sie noch einmal Bilanz, rechnet ab mit ihrem Leben in einem wahnsinnigen Tempo, einem bunten Gedankenstrom. Alles muss gewissermaßen raus aus ihrem Bewusstsein, ehe das Ende kommt.

Ali Zamir, ein junger Schriftsteller von den Komoren, wurde für seinen Debütroman «Die Schiffbrüchige» mit dem Prix Senghor für ein französischsprachiges Erstlingswerk ausgezeichnet. Nun liegt das Buch des 1987 geborenen Schriftstellers auch in deutscher Übersetzung vor – eine atemlos und von Lebenshunger strotzende Lebens- und Liebesgeschichte.

Zamir lässt farbenfrohe Bilder von einer Inselwelt entstehen, die für die Touristen der Kreuzfahrtschiffe exotisch und vom Duft von Gewürzen erfüllt ist. Für die Menschen der Inseln dagegen ist es eine kleine Welt begrenzter Perspektiven.

Anguille ertrinkt nicht im Mittelmeer, wie so viele ihrer Schicksalsgenossen, die auf eine Zukunft in Europa hoffen. Doch auch im Indischen Ozean, zwischen der armen Komoreninsel und der französischen Insel Mayotte, scheitern die Träume von einem neuen Anfang, beladen Menschenschmuggler kleine Boote mit viel zu vielen Menschen. 
Menschen wie Anguille tauchen im Bewusstsein vieler Europäer oft nur als Statistik-Zahl oder Fußnote der Abendnachrichten auf: Gesichtslos in der Masse verängstigter, verzweifelter, durchnässter Menschen, die noch rechtzeitig gerettet wurden oder deren Todeszahlen nur geschätzt werden können.

Zamir dagegen gibt Anguille, dem «Aal» eine Stimme, beschreibt ihre Inselwelt, lässt sie Rückblick halten. Unsentimental, mitunter schnodderig erzählt sie von ihrem Vater, dem Fischer und alleswissenden Gernegroß Connait-Tout, von Vorace, ihrer großen Liebe und noch größeren Enttäuschung, von engen Gassen und den Menschen ihres Dorfes, denen die 17-jährige schließlich den Rücken kehrt – ungewollt schwanger und vom Vater verstoßen. 

So verlässt sie den Ort, wo sie sich immer beschützt gefühlt hatte, «und genauso wusste ich, dass ich nicht dorthin zurückkehren würde, es war eine Reise in eine einzige Richtung, eine Hinfahrt ohne Zurück, das hatte ich in meinem Herzen unterschrieben, jawohl, genau dort, aber ich hatte nicht damit gerechnet, mich dort wiederzufinden, wo ich jetzt bin, an einem Nichtort, in einer Leere, einem Abgrund».

Anguille ist allein in der Nacht, das Sterben der anderen Schiffbrüchigen um sie herum kann sie nicht sehen, doch sie hört die Schreie, dann die Stille. Während sie sich mit letzter Kraft an einen Benzinkanister klammert, lässt sie trotzig die Hoffnung fahren. Überleben, nur um dann in Handschellen deportiert zu werden, das sei etwas für Feiglinge.

Die letzte Belohnung für den Mut zum Aufbruch, zur Veränderung sieht sie in den verbliebenen Minuten oder gar Stunden, die der Schiffbrüchigen erlauben, ihre Geschichte zu erzählen: «Und so gebe ich mich hin, Hals über Kopf und furchtlosen Herzens».

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