Cover des Buches Feigen in Detroit (ISBN: 9783351033224)
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Rezension zu Feigen in Detroit von Alia Yunis

Rezension zu "Feigen in Detroit" von Alia Yunis

von JessSoul vor 13 Jahren

Rezension

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JessSoulvor 13 Jahren
Die 82-jährige Fatima bekommt seit ihrem Umzug zu Enkel Amir jeden Abend Besuch von Scheherazade, der sie 1001, Nacht lang etwas aus ihrem Leben erzählen soll. Aufgrund einer Äußerung der Märchenfigur ist Fatima der Überzeugung, nach 1001. Geschichte sterben zu müssen und in den letzten 10 Tagen, in die das Buch uns entführt, plant sie die Verteilung ihres Erbes und ihre Beerdigung. Die neugierige Scheherazade besucht auf ihrem fliegenden Teppich nach und nach alle Kinder Fatimas und entführt uns so in die verschiedenen Lebensarten der in Amerika aufgewachsenen Menschen mit ihrem muslimischen Hintergrund. Nach und nach gelingt es Scheherazade die gut gehüteten Geheimnisse Fatimas und ihrer Kinder zu lüften. Wir erfahren, warum sich Fatima nach so langer Ehe von ihrem Mann Ibrahim hat scheiden lassen, was es mit dem Haus im Libanon auf sich hat und welche Bürden ihre Kinder tragen, ohne sie mit jemandem zu teilen. Im Hintergrund steht die seit dem 11. September aktuelle Bedrohung, als Mensch mit muslimischem Hintergrund schnell in die Fänge des FBI´s zu geraten, könnte doch jeder von ihnen ein Terrorist seien. "Feigen in Detroit" von Alia Yunis ist ein Roman voller Fingerzeige auf unsere Vorurteile anderen gegenüber und überraschenderweise auch von anderen gegenüber uns, denn Fatima zum Beispiel tut sich schwer, ihre dunkelhäutige Urenkelin oder die Homosexualität ihres Enkels zu akzeptieren und kann es ebenfalls nicht lassen, ihre alten erlernten Werte loszulassen und zu begreifen, dass ein eheloses Leben nicht ehrlos ist und auch nicht jeder verheiratet sein muss, um Kinder zu bekommen. Trotz des humoristischen Grundtons des Romans schwingen zwischen den Zeilen starke Emotionen wie Angst, Wut, Einsamkeit und Ratlosigkeit mit. Die Angst vor der Bedrohung, als Terrorist verdächtigt zu werden, die Wut darüber, dass andere in ihrem Glauben Kraft finden, während man selbst sich allein gelassen fühlt und nicht mehr weiß, woher man die Kraft schöpfen soll, um weiterzukämpfen, das einsame Gefühl verlassen worden zu sein, ohne wirklich zu wissen warum und obwohl man geliebt hat und sich nur nicht getraut hat, es zuzugeben und auszusprechen und die Ratlosigkeit, nicht zu wissen was man tun soll oder wie man anderen helfen kann. Der Roman beschreibt eine zerstreute Geschichte einer amerikanischen Familie, die über die Entfernung hinweg verlernt hat, ihre Sorgen und Ängste mit dem Rest der Familie zu teilen, was bleibt sind Gespräche über das Wetter und als Mittelpunkt die unglaublichen Verhaltensweisen der alten Fatima. Es ist definitiv ein lesenwerter, aufrüttelnder und politisch angehauchter Roman, der uns allerdings weniger in den Zauber aus 1001. Nacht als in unser tiefstes Inneres entführt. Von mir gibt es dafür 4 Sterne. (Einen Stern musste ich für den wirklich unpassenden Brief Dezimals abziehen, denn wie viele schon gesagt haben, passt der Inhalt nicht zu der ihr zugesprochenen Intelligenz und Reife).
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