Cover des Buches Zu viel Glück (ISBN: 9783596186860)
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Rezension zu Zu viel Glück von Alice Munro

Die Kunst des Erzählens

von Duffy vor 10 Jahren

Rezension

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Duffyvor 10 Jahren
Die Verleihung des Literaturnobelpreises ist immer auch sehr interessant, wenn man den Autor/in noch nicht angemessen entdeckt hat. Alice Munro ist jedoch eine Autorin, deren Werk schon länger einem breiten Leserkreis bekannt ist, also kam zumindest hier die Nominierung nicht ganz unerwartet.
Alice Munro macht in ihren Erzählungen (übrigens ein Genre, das in Deutschland auch nicht gerade von den Verlagen hofiert wird), genau das, was gutes Erzählen so spannend macht. Sie redzuziert auf das Nötigste, um das dann in aller notwendigen Form ausführlich, aber nicht zu lang zu erzählen. Sie macht das total ruhig und stringent, ihre Art des Erzählens ist fast schon entspannt zu nennen und ihre Protagonisten gehen durch die Geschichte, als würde man sie schon lange kennen, als wäre man vertraut mit ihrem Wesen und müsste nur noch verfolgen, welche Aufgaben des Lebens sie im Rahmen dieser Episode zu lösen haben. Dabei geht es häufig darum, sich Situationen zu stellen und den Weg zu finden, der wie das Seil des Artisten für kurze Zeit die volle Konzentration erfordert, um von einem zum anderen Ende zu kommen.
Die Dramaturgie von Munros Geschichten ist bemerkenswert, meist weiß man im ersten Drittel noch gar nicht, wo die Reise hingeht, dann aber geht es direkt hinein ins Geschehen und es wird spannend, bis der Schluss eine immer akzeptable Alternative bietet.
Vielleicht könnte man den Aufbau und den direkten Erzählstil der Munro in ihren Geschichten von der Anlage her ein wenig mit dem, was Carver für die Kurzgeschichte gemacht hat, vergleichen. Obwohl der Vergleich hinkt, denn Carver zog seine Geschichten aus einem bestimmten Zeitraum und klinkte sich dann wieder aus, während man bei Munro richtig von Anfang bis Ende einer Episode dabei ist. Wie dem auch sei, in einer gewissen Schlichtheit und Einfachheit ihrer Erzählweise liegt auch der Schlüssel, der sie zu einer Großen ihres Genres gemacht hat. Und zur Nobelpreisträgerin. Verdient.
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