Cover des Buches Lucky (ISBN: 0316096199)
Rezension zu Lucky von Alice Sebold

Rezension zu "Lucky" von Alice Sebold

von Ein LovelyBooks-Nutzer vor 13 Jahren

Rezension

Ein LovelyBooks-Nutzervor 13 Jahren
Alice Sebold, die Autorin von „In meinem Himmel“, erzählt in ihrem Debut davon, wie sie mit 19 Jahren auf ihrem Heimweg von einem Fremden vergewaltigt wurde und über den langen steinigen Weg der Besserung nach der Attacke. Dieses Buch ist nichts für schwache Nerven, so viel ist klar. Gleich im ersten Kapitel tut Sebold das Unvermeidliche – sie beschreibt die Nacht ihrer Vergewaltigung im Detail. Diese Schilderung ist herzzereißend, ekelerregend und machte mich abwechselnd traurig und wütend. Es ist das erste Kapitel, und schon möchte ich das Buch am liebsten weg legen. Doch dabei fängt der Weg von Alice Sebold in ein Leben nach der Vergewaltigung erst an und es lohnt sich weiter zu lesen, auch wenn es manchmal weh tut. Als Leser und als Frau stehe ich Alice Sebold mit gemischten Gefühlen gegenüber. Einerseits verurteile ich sie für ihre Naivität nach Mitternacht durch dunkle Parks zu flanieren. Andererseits bewundere ich die Selbstverständlichkeit mit der sie zur Polizei geht und ihren Vergewaltiger hinter Gittern bringen will – die wenigsten Frauen in ihrer Situation haben die Kraft dazu. Doch trotz dieser Kraft wird schnell klar, Alice Sebold ist traumatisiert, leidet bald sogar an einer post-traumatischen Belastungsstörung, und das alles obwohl sie unaufhörlich dafür kämpft ihre Erlebnisse zu verarbeiten. Ich merkte, für Sebold gibt es kein zurück zu „Vor der Vergewaltigung„, das Verbrechen hat sie verändert, unumkehrbar wurde es ein Teil von ihr. Erschreckend sind aber auch die vielen Beispiele junger amerikanischer Frauen, die am College vergewaltigt werden, und niemals Anzeige erstattet haben. Als Außenstehender kann man schnell vergessen, dass Vergewaltigung eines der häufigsten Schwerverbrechen ist und dabei nur äußerst selten gesühnt wird, denn die Opfer schämen sich von dem zu sprechen, was ihnen geschah. Ein meiner Meinung ganz erschreckendes Detail des Gerichtsprozesses um Alice Sebold, welches sie auch oft scheinbar Kopfschüttelnd hervor hebt, ist, dass sie bessere Chancen hatte ihren Vergewaltiger ins Gefängnis zu bringen, weil sie zum Tatzeitpunkt noch Jungfrau war. Was ist nun das erschreckende daran? Die Menschen, welche offenbar im amerikanischen Rechtssystem tätig sind, die zu glauben scheinen, wenn eine Frau sich einem Mann freiwillig hingibt – dann darf jeder sie nehmen, ungestraft und ungeachtet ihres freien Willens. Abschließend sei noch zu sagen, dass dieses Buch einen lehrt, wie wichtig es ist für dieses Verbrechen die Augen offen zu halten, sich selbst zu schützen und hat man das nicht geschafft, Gerechtigkeit zu suchen und so langsam zu heilen. Alice Sebold ist das beste Beispiel dafür, dass die Forderung nach seinem Recht und nach Vergeltung auch und gerade für Vergewaltigungsopfer nichts horrendes, sondern etwas selbstverständliches ist, das unter allen Umständen unterstützt werden muss. Dies ist eines von den Büchern, die ich jeder Frau, die ich kenne und jeder Frau, die diesen Blog liest, ans Herz legen möchte. Lies es, auch wenn es schwer fällt. Lies es, auch wenn es weh tut.
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