Rezension zu "Die stumme Braut" von Alicia Giménez-Bartlett
Der Roman erschien auf Spanisch 2009 unter dem Titel „El Silencio de los Claustros“. Es ist der achte Fall für Inspectora Petra Delicado und Subinspector Fermín Garzón, wenn man von einer zwischendurch erschienenen Kurzgeschichtensammlung absieht. Im Spanischen existieren noch zwei weitere Bände, die aber nicht mehr übersetzt wurden. Die Polizei wird in ein Kloster gerufen. Dort liegt ein ermordeter Mönch, der an der Restaurierung einer Mumie gearbeitet hat, die verschwunden ist. Petra Delicado, die eigenwillige Inspectora aus Barcelona und ihr kongenialer Partner Fermín Garzón übernehmen die Ermittlungen.
Die Dialoge zwischen Petra und Fermín einerseits und Petra und Marcos andererseits wirken teilweise sehr hölzern und unnatürlich, sie erinnern mich ein wenig an Band 1 dieser Reihe, wo der Konflikt zwischen Petra und Fermín gekünstelt wirkte. Das Geschick der Autorin, enorm spritzige Dialoge zu formulieren, blitzt nicht so oft auf, wie es der Leser aus anderen Bänden der Reihe gewohnt ist, auch wenn wieder das eine oder andere Highlight dabei ist. Eines möchte ich zitieren, Fermín im telefonischen Dialog mit Petra: „Inspectora, wenn Sie mich nichts fragen, weiß ich nicht, was ich noch sagen soll. Sagen Sie doch was.“ – „Die können mich mal.“ – „Wer?“ – „Alle.“ – „Das ist eine Grundsatzerklärung, aber aus einem praktischen Blickwinkel?“ – „Wir machen unsere Arbeit weiter wie bisher.“ – „Und wenn wir auf der Titelseite landen?“ – „Gehe ich zum Friseur, um anständig auszusehen.“ – „Gut“, lautete sein knapper Kommentar. „Kommen Sie jetzt ins Kommissariat?“ – „Sobald ich es schaffe, aufzustehen.“ – „Gut“, wiederholte er ernst. Und legte auf. (Piper Tb, August 2011, S. 327)
Gut gelungen finde ich die Einbindung eines historischen Ereignisses, der sogenannten „Tragischen Woche“ in Katalonien, in die Handlung. Das hat mich animiert, Hintergründe zu den damaligen Geschehnissen zu recherchieren.
Ein schöner Spruch von Fermín Garzón aus der Reihe geglückte Formulierungen: „Hat dir niemand beigebracht, dass ein Vorgesetzter niemals Kaffee trinkt, wenn ein ranghöherer Vorgesetzter nach ihm fragt?“ (ebd., S. 100)
Leider kommt der Roman nicht ohne logische Fehler aus: So erzählen Petras Stiefkinder ihr unter der Woche, dass sie am Wochenende wegen eines Ausflugs nicht da sein werden (ebd., S. 92), um am Samstag dann doch da zu sein (ebd., S. 118). Überhaupt sind die Kinder, die angeblich nur am Wochenende anwesend sind, fast ständig da und die diesbezüglichen Abschnitte des Romans deutlich zu zahlreich und deutlich zu überspannt.
Die Auflösung des Falls ist sehr originell, aber in sich logisch, wenn auch bezüglich der Beeinflussung anderer Menschen aus meiner Sicht etwas wirklichkeitsfern. Wenn man die Möglichkeit einer solchen Beeinflussung jedoch annimmt, dann ist die Auflösung sauber und absolut logisch. An der Stelle möchte ich auch positiv hervorheben, dass die Autorin Ermittlungen der Polizei in die falsche Richtung ausführlich schildert, was der Realitätsnähe des Romans guttut.
Es handelt sich höchstwahrscheinlich um den letzten Roman dieser Reihe, den ich lesen werde, da die beiden folgenden - jedenfalls bisher - nicht mehr übersetzt wurden. Nicht der Beste der Reihe zum Schluss, aber ein unterhaltsamer, ordentlicher Krimi allemal. Ich würde vorhandenen Bände auf jeden Fall lesen, wenn sie denn übersetzt würden. Drei Sterne.