Rezension zu "Die Liebe in dunklen Zeiten" von Alina Bach
Realitätsnah mit nützlichen Literaturverweisen und wohltuend fern der idealistischen Tipps und Tricks, wie man als Angehöriger zu sein und zu handeln hat.
Quelle: Verlag / vlb
Realitätsnah mit nützlichen Literaturverweisen und wohltuend fern der idealistischen Tipps und Tricks, wie man als Angehöriger zu sein und zu handeln hat.
Es ist nicht leicht über einen Bericht zu urteilen, der eine tiefe Liebeserklärung enthält und doch zugleich sehr traurig ist. Vermutlich hätten es nicht viele Frauen bei einem solchen Partner ausgehalten. Depressive Menschen ziehen andere Menschen in ihrer Nähe mit in den Strudel, der sie selbst immer mehr in den Abgrund zu treiben scheint. Ich möchte mir kein Urteil anmaßen, aber mir scheint, dass nur wenige nicht Betroffene wirklich verstehen, was eine Depression ist. Bei allen Mängeln, die man diesem Buch anheften kann, beschreibt es jedoch den Kampf depressiver Menschen und ihr Leid sehr genau und eindrucksvoll. Vielleicht trägt es gerade dadurch zu einen besseren Verständnis bei. Das wäre doch immerhin etwas.
Eine Depression ist keine vorübergehende Traurigkeit, viel mehr wirkt sie wie ein Dämon, der den betroffenen Menschen heimtückisch überfällt. Plötzlich hat man keine Macht mehr in seinem Körper und schon gar nicht in seinem Verstand. Körper und Geist machen Sachen, die man nicht will. Man merkt es und ist völlig hilflos. Ohne ersichtlichen körperlichen Grund fühlt man sich schwach und traut sich nicht einmal mehr die einfachsten Dinge zu. Aus Angst, man würde es nicht schaffen. Menschen, die sich in solchen Situationen für den Freitod entscheiden, wollen das einfach nicht mehr ertragen.
Die Autorin beschreibt solche Situationen sehr persönlich und in einer nahe gehenden Ausführlichkeit. Aber leider auch etwas konfus. Ihr das zum Vorwurf zu machen, ist nicht meine Absicht. Denn wer hätte schon ein Recht dazu? Allerdings kann und sollte man dieses Buch dann auch nicht als eine Art Ratgeber auffassen. Es ist nur ein Bericht, der vor allem klar macht, wie sich eine Depression für den betroffenen Menschen und seinen Partner anfühlen kann.
Aus meiner Sicht hat die Autorin viel zu spät begriffen, was mit ihrem Partner eigentlich wirklich los ist. Und sie hat dann nicht entschlossen genug gehandelt. Ihr das nun hinterher zu sagen, ist nicht besonders hilfreich für sie, vielleicht aber für andere. Wirkliche Fortschritte gab es nämlich erst nach vielen Jahren. Und sie wurden erst erreicht als die Autorin eine kompetente Therapeutin für ihren Partner fand. Viele depressive Menschen kämpfen gegen den Dämon, der sie lahmlegt. Sie brauchen in diesem Kampf viel Unterstützung und Liebe, denn das, was mit ihnen und in ihrem Umfeld geschieht, macht sie wütend und hilflos zugleich. Natürlich verläuft jede Depression anders, aber vermutlich wollen alle Betroffenen, dass sie endet. Auf die eine oder andere Weise, abhängig vom eigenen Willen und von der Hilfe anderer.
Ohne das Buch irgendwie schlecht zu reden, möchte ich dennoch seine Mängel nicht völlig verschweigen. Der Stil der Autorin ist aus verschiedenen Gründen schwierig. Sie schreibt weitschweifig und sprunghaft zugleich. Ihr fehlt die Gabe, Sachverhalte vom Konkreten in eine etwas abstraktere Form zu bringen, womit sie dann deutlicher zutage treten könnten. Weil das nicht geschieht, verliert man sich beim Lesen sehr oft in Details, Rückblenden und Abschweifungen. Und aus diesen Gründen kann das Buch auch keine Ratschläge geben.
Man kann es auch anders sagen: Bei aller wirklich eindringlichen Beschreibung der Depression ihres Partners offenbart der Text auch ein gehöriges Maß an Konfusion, die sich vermutlich auch vormals in einer gewissen Erkenntnis- und Handlungsschwäche widerspiegelten. Das hört sich vielleicht ein wenig herzlos an. So ist es aber keineswegs gemeint. In solchen Situationen helfen emotionale Reaktionen nicht weiter. Vielmehr braucht es rationale Einsichten und Tatkraft, denn sonst kann man niemandem helfen und wird vielleicht selbst mit in die depressive Welt gerissen. Das aber braucht der betroffene Mensch nun überhaupt nicht. Er ist schon genug von sich selbst genervt und möchte auf keinen Fall noch anderen schaden. Liest man das Buch aufmerksam, dann wird man genau dies in ihm finden.
Dieses Buch hat mir die Tränen in die Augen getrieben. Hier wird beschrieben, wie eine Frau mit den Depressionen ihres Partners umgeht. Das besondere ist zum einen, dass hier die verschiedensten Phasen der Beziehung beschrieben werden und, dass kein Buch bisher so sehr die Gefühle beschreiben könnte, die ich selber verspüre. Alina Bach beschreibt mit so viel Gefühl was sie erlebt und genau das brachte mich mehr als einmal zum weinen. Zum einen durch das Gefühl, endlich jemanden gefunden zu haben, der diese Gefühle nachempfinden kann und zum anderen die Gewissheit, dass da noch sehr viel mehr auf mich wartet. Ich kann dieses Buch nur jedem Angehörigen wärmstens empfehlen und hoffe dass dieses Buch die nötige Aufmerksamkeit bekommt, die es verdient.
in 7 Bibliotheken