Alina Herbing

 3,9 Sterne bei 52 Bewertungen
Autorenbild von Alina Herbing (©Anikka Bauer)

Lebenslauf

Alina Herbing, geboren 1984 in Lübeck, wuchs in Mecklenburg auf und lebt heute in Berlin. Sie studierte Germanistik und Geschichte in Greifswald sowie Literarisches Schreiben in Hildesheim. 2012 war sie Teilnehmerin des »open mike« und 2013 des Klagenfurter Literaturkurses. Niemand ist bei den Kälbern ist ihr erster Roman.

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Cover des Buches Niemand ist bei den Kälbern (ISBN: 9783716040416)

Niemand ist bei den Kälbern

 (52)
Erschienen am 12.01.2022

Neue Rezensionen zu Alina Herbing

Cover des Buches Niemand ist bei den Kälbern (ISBN: 9783716040089)
buchstabensammlerins avatar

Rezension zu "Niemand ist bei den Kälbern" von Alina Herbing

Keine schöne Geschichte, aber eine tiefehrlich und echte. Deshalb mochte ich sie.
buchstabensammlerinvor 2 Jahren

Rund ums Buch:
Titel: Niemand ist bei den Kälbern
Autorin: Alina Herbing
Verlag: Arche
Buch: Hardcover, Schutzumschlag
Erschienen: 10.02.2017
Seiten: 256
ISBN: 978-3-7160-2762-2
Preis: 20,90 €
 

 

 Rezension:

Bevor die Verfilmung in der kommenden Woche in die Kinos kommt, wollte ich diesem Buch eine zweite Chance geben und vom SUB befreien und diesmal war es gut. Anscheinend gerade der richtige Zeitpunkt für mich den ersten Roman der jungen Autorin Alina Herbing, der Anfang 2017 erschien zu lesen. Ich wurde mit einer Milieustudie aus dem ländlichen Mecklenburg-Vorpommern belohnt. Habe eine Geschichte über eine Mitzwanzigerin gelesen, die nicht wirklich vor Selbstachtung strotzt. Ihre Mutter ist früh abgehauen, der Vater Alkoholiker und sie, Christin, hat sich zu ihrem Freund Jan auf dessen elterlichen Hof verzogen. Dort hilft sie, wie sie mag, nicht wie sie kann und es ihren Stimmungen entspricht. Die abgebrochene Friseurlehre macht ihr Leben dort auch nicht einfacher. Tief im Inneren sehnt sie sich nach der Stadt, einem Job im Büro, gemachten Nägeln und Klamotten anders als die alltäglichen Gummistiefel. Als ein Mitarbeiter der Windkraftanlage ihr etwas andere Aufmerksamkeit schenkt, ist für Christin ein Licht am Horizont erkennbar.... doch schnell verdunkelt dieser Hoffnungsschimmer sich wieder.
 Ungeschönt, ehrlich und ohne Schnörkel schreibt Alina Herbing über das von vielen so ersehnte Leben auf dem Land. Sie lässt nichts aus, schon auf der ersten Seite wird es dem ein oder anderen sicher mulmig und vielleicht möchte man auch gar nicht diese Realität der Landwirtschaft wissen. Das Leben der Tiere wird hier klar und realistisch beschrieben, nicht nur der auf dem Hof lebenden. Die Arbeit der Landwirte, ihre Frauen an ihren Seiten, nicht wirklich das Leben, von dem man träumen möchte. Und dort ist die Chance auszubrechen, neu anzufangen, durchzustarten, wie es oft gesagt wird, noch geringer. So lesen wir von Teichfesten, bei dem es nur noch ums Saufen geht, als einzige Abwechselung, von entflohenen Nandus und sterbenden Kälbern, von  der Sinnlosigkeit ihres Tages und der Orientierungslosigkeit dieser jungen Frau, die nicht weiß, wohin sie gehört, was sie will und was sie fühlt. Auch der Kirsch hilft ihr da nicht weiter und es ist wie ein Unfall, an dem man vorbeifährt, nicht hinschauen will, aber muss und man weiß, dass es furchtbar ist. Keine schöne Geschichte, aber eine tiefehrlich und echte. Deshalb mochte ich sie. 

Kommentare: 1
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Cover des Buches Niemand ist bei den Kälbern (ISBN: 9783716027622)
Naibenaks avatar

Rezension zu "Niemand ist bei den Kälbern" von Alina Herbing

Ehrlich, ungeschönt und atmosphärisch... Alltag & Perspektivlosigkeit auf dem Lande
Naibenakvor 3 Jahren

Christin ist Mitte 20, ihr Vater schlimmer Alkoholiker, ihre Mutter irgendwann einmal abgehauen. Christin lebt nun bei ihrem Freund auf dem Milchviehhof seiner Eltern in Schattin, einem Ort in Nordwestmecklenburg, unweit der ehemaligen Grenzlinie. Sie hat keine Ausbildung, hilft beim Melken, Ernten, Putzen, bei den Kälbern... Es ist aber für sie nicht das, was sie sich erträumt vom Leben. Christin möchte am liebsten raus aus diesem Landleben, in die nahegelegene Stadt Hamburg vielleicht, etwas "erleben". Andererseits aber ist sie antriebslos, perspektivlos und schafft es nicht wirklich auszubrechen. Mit einer Menge Makeup und kirschrotem Nagellack versucht sie, leise zu rebellieren. Trost und Abwechslung können lediglich Alkohol und eine Affäre verschaffen. Christins unglaubliche Trägheit steht ihrem fast schon verzweifelten Wunsch nach Anerkennung gegenüber. Ein Wunsch, der ihr nie erfüllt wird. So flüchtet sie sich in Situationen, in denen sie zu leben glaubt und Anerkennung findet, obwohl diese von Gewalt überschattet ist. Aber hauptsache Anerkennung.

Diese Tristesse im Leben der jungen Frau beschreibt die Autorin so intensiv & atmosphärisch, dass es mir als Leserin oftmals kalt den Rücken runterläuft. Man weiß nicht, ob man sie mögen oder hassen soll. Aber so viel Antriebslosigkeit kommt auch nicht von ungefähr... Auch das beschreibt Herbing eindrucksvoll. Wenn auf dem Lande nur Geldnot und Existenzprobleme im Vordergrund stehen, man in dieser Misere aufwächst, wo in erster Linie Alkohol, Kriminalität und Affären über Perspektivlosigkeit hinweghelfen sollen, dann braucht es eine Menge Kraft um dem zu entkommen. Alle Charaktere, die in diesem Roman auftreten, sind in ihrer Art wohl überspitzt und recht problembehaftet gezeichnet. Dennoch zeigt dies, teils in derbem Ton, teils in träumerischen, poetischen Sequenzen, wie es eben auch sein kann auf dem Lande. Idylle weit entfernt.

Ob Christin den Absprung schafft, bleibt offen. Aber man kann am (heftigen) Ende vorsichtig hoffen...

Fazit: Ehrlich, ungeschönt, atmosphärisch, unbequem... mit einer knappen, unverschnörkelten und direkten Sprache, zugleich aber extrem bildhaft, zieht mich Herbing hinein in diesen Roman und lässt mich selbst am Ende nicht los. Derbe, grausam und poetisch zugleich. Hoffnungslos und doch ein bisschen Licht. Grandioses Debüt. Bin beeindruckt!


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Cover des Buches Niemand ist bei den Kälbern (ISBN: 9783716027622)
Gela_HKs avatar

Rezension zu "Niemand ist bei den Kälbern" von Alina Herbing

Hoffnungslose ländliche Tristesse
Gela_HKvor 3 Jahren

Mitten im Nichts liegt das nordwestmecklenburgische Dorf Schattin in der Nähe von Lübeck. Die Trostlosigkeit der Landschaft wird nur durch einige Windräder unterbrochen. Wer hier lebt, gibt sich mit wenig zufrieden oder hat seine Wünsche resigniert verworfen. Die 20-jährige Christin lebt hier auf dem Bauernhof zusammen mit ihrem Freund Jan und dessen Familie. Ohne Ausbildung und Beruf bleibt ihr nur als Aushilfe auf dem Hof zu arbeiten. Abwechselung findet sie nur auf dem Dorffest oder in einer Affäre.

Alina Herbing hat mit ihrem Debütroman einen Angriff auf die viel gerühmte Dorfidylle gestartet. Selbst der größte Idealist wird in Schattin wenig vom glücklichen Landleben finden. In einer depressiven Novemberstimmung sollte man dieses Buch auf keinen Fall lesen. Tatsächlich habe ich einen zweiten Anlauf benötigt, um das Buch zu lesen.
Der Einstieg beginnt gleich grob und herzlos. Während des Getreidedreschens stirbt ein Rehkitz. Das kommt leider vor, aber die Schilderung ist doch heftig und emotionslos. Mir hat es die Protagonistin nicht leicht gemacht, mich überhaupt für sie einzunehmen. Sie ist gelangweilt und genervt von der Arbeit, der Hitze, dem Freund und dem Dorfleben sowieso. Als ungelernte Friseuse stehen ihr nicht gerade die Tore der Welt offen und auch die Außenwelt bietet wenig Möglichkeiten. Einziger Lichtblick ist ihre beste Freundin, doch die hat gerade andere Sorgen, träumt diese doch auch von einem besseren Leben mit einem neuen Mann.

Die Charaktere scheinen alle mit dem Leben an diesem Ort zu hadern. Dorffeste, die in Schlägereien enden oder kriminelle Energien freisetzen. Rechtsgesonnene "Glatzen" gehören genauso zum täglichen Bild wie die Traktoren auf dem Feld. Christins Verhalten ist nur schwer nachzuvollziehen. Aus Trotz, dass sie auf dem heißen Feld arbeiten muss, schneidet sie einfach eine Traktorleitung durch. Nicht weil sie bewusst die Maschine beschädigen will, sondern aus purer Langeweile.


"Ich gucke diese beiden Enden an, die da vor mir in die Luft ragen, und kann mir gar nicht mehr vorstellen, dass ich das war."

Ihr Frust geht so weit, dass sie mit einem Mechaniker der Windräder eine Affäre beginnt, die nur auf Schmerz aufgebaut zu sein scheint. Sie lässt sich demütigen und scheint sich selbst bestrafen zu wollen. Das Ganze eskaliert zunehmend, bis es zu einem Vorfall kommt, der keinen Rückweg mehr zulässt.

Besonders das Ende hat mich schockiert zurückgelassen. Dies ist kein Wohlfühlroman, sondern bittere Kost. Ich hoffe sehr, dass es nicht viele Menschen gibt, die so ihr Leben fristen. Gleichzeitig bin ich froh, dass es auch diese Art von Roman gibt, die nicht nur heile Welt und Sonnenschein vermitteln, man muss nur den richtigen Zeitpunkt finden, um sich drauf einlassen zu können.

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Gespräche aus der Community

Stadt, Land, Flucht

Debüt-Leserunde mit Alina Herbing. Seid dabei und erfahrt mehr zu diesem aktuellen Thema des Romans "Niemand ist bei den Kälbern".
Unerschrocken und mit großer Wucht erzählt die Autorin vom Landleben, Zukunftsaussichten und einer vergessenen Region zwischen Ost und West.


Sommer in Schattin, Landkreis Nordwestmecklenburg. Christin ist gerade auf den Bauernhof ihres langjährigen Freundes Jan gezogen. Die Aufbruchstimmung der Nachwendejahre, die ihre Jugend prägten, ist längst dahin, doch für Jan ist der väterliche Betrieb trotz sinkender Milchpreise noch immer das Wichtigste im Leben. Christin hingegen will nur weg. Sie träumt von der Großstadt und einem Job im Büro. Aber wo soll sie hin ohne Ausbildung? Unüberwindbar scheinen die Grenzen, und so bleiben die immer gleichen Dorffeste, die immer gleichen Freunde, der arbeitslose Vater und der Kirsch aus dem Konsum. Bis Windkrafttechniker Klaus aus Hamburg auftaucht und Christin glaubt, einen Fluchtweg gefunden zu haben.

Leseprobe

Alina Herbing, geboren 1984 in Lübeck und aufgewachsen in Mecklenburg, studierte Germanistik und Geschichte in Greifswald, sowie anschließend Neuere deutschsprachige Literatur in Berlin und Kreatives Schreiben, Kulurjournalismus und Literarisches Schreiben in Hildesheim. 2012 war sie Teilnehmerin des "open mike", 2013 des Klagenfurter Literaturkurses. "Niemand ist bei den Kälbern" ist ihr erster Roman. Alina Herbing lebt in Berlin.

Wir suchen nun 20 Leser,  die gerne diesen Debüt-Roman gemeinsam in der Leserunde lesen möchten, Blogger dürfen sich gerne mit Blogadresse bewerben!

Bewerbungsaufgabe: Stadt oder Land - Wo ist dein Platz und warum?

Schaut auch gerne im aktuellen Programm vom Arche Verlag rein, vielleicht haben wir noch weitere schöne Lesehäppchen für Euch!

Wir freuen uns auf Eure Bewerbungen!

*** Wichtig ***

Ihr solltet Minimum 2-3 Rezensionen in Eurem Profil haben, damit ich sehen kann wie ihr Eure Rezensionen schreibt und wie aussagekräftig/aktuell sie sind. Der Erhalt eines Rezensionsexemplares ist verpflichtend für die Teilnahme an der Leserunde. Dazu gehört das zeitnahe Posten in den Leseabschnitten und das anschließende Rezensieren des Buches

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446 BeiträgeVerlosung beendet
Alina_Herbings avatar
Letzter Beitrag von  Alina_Herbingvor 7 Jahren
Danke auch dir für die coole Rezension und deine klugen Beiträge. Schön, dass du dabei warst.

Community-Statistik

in 77 Bibliotheken

auf 12 Merkzettel

von 1 Leser*innen aktuell gelesen

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