Cover des Buches In einer anderen Haut (ISBN: 9783406647031)
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Rezension zu In einer anderen Haut von Alix Ohlin

Rezension zu "In einer anderen Haut" von Alix Ohlin

von Clari vor 11 Jahren

Rezension

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Clarivor 11 Jahren
Wohin die Liebe führt.... Menschliche Beziehungen sind fragil, gelegentlich zerstörerisch und häufig abenteuerlich. Darüber zu lesen kann ebenfalls zu einem Abenteuer werden. Alix Ohlin entführt uns mit ihrem jetzt auf Deutsch erschienen Roman auf das Spielfeld menschlicher Irrungen und Wirrungen. Grace, eine kanadische Therapeutin in Montreal, hat sich in einen zurückgenommenen und fast abweisenden Mann verliebt, den sie nach einem untrüglich als Selbstmord zu definierenden Unfall im Schnee gefunden hat. Warum kann sie nicht von ihm lassen? Als Therapeutin hat sie mit der sechzehnjährigen sich selbst verletzenden Anne ein Desaster erlebt. Diese, Tochter wohl bestallter Akademikereltern, brennt schließlich durch, beendet die Beziehungen zu ihren Eltern ganz und schlägt sich als mittelmäßige Schauspielerin in New York durchs Leben. Mitch, der Exmann von Grace, ist ebenfalls dabei, sein Leben in eine neue Form zu zwingen. Sehr erfolgreich ist er dabei nicht! Der Roman von Alix Ohlin erzählt in einer klaren Sprache von den Verirrungen, denen wir Menschen gelegentlich erliegen können. Da sieht einer sein Gegenüber in einem imaginierten Glanz und Licht und verkennt, wie der andere wirklich ist. Tiefenpsychologisch schlüssig und genau hat Alix Ohlin ihre Figuren angelegt. Es scheint keine einfache Wahrheit zu geben stattdessen aber zahlreiche Fehlinterpretationen über das Verhalten des jeweiligen Partners. Übersichtlich und klar verläuft die Handlung und löst gerade mit den an sich selbst irre werdenden Protagonisten eine starke Spannung beim Lesen aus. Mosaiksteinchen gleich setzen sich die Lebensstationen der einzelnen Figuren zusammen, und man erlebt, wie nahe Unglück und Glück beieinander liegen. In der Psychoszene findet man häufig den Begriff des "Helfersyndroms", der für eine Aufwertung des eigenen Selbst herhalten muss. In der Regel beruht diese Haltung jedoch eher auf dem abgewehrten Gegenteil: einem Mangel an Selbstwertgefühl. Dieses Helfersyndrom wird in zahlreichen Variationen hier durchgespielt. Mitch, Grace, Anne und Tug, der im Schnee gefundene unbekannte Fremde, suchen offensichtlich nach Liebe, Nähe und Zuwendung, ohne sich wirklich auf diese ersehnte Nähe einlassen zu können. Jeder bemüht sich um eine verlässliche Spur für den eigenen Lebensweg und taumelt von einem Abenteuer oder Beziehungsversuch zum nächsten. Ortswechsel in entlegene Weltgegenden wie die Arktis oder Afrika geben der ganzen Geschichte den notwendigen äußeren Rahmen, in dem sich die allgemeine Rat - und Rastlosigkeit manifestiert. Alix Ohlin hat einen spannenden Psychoroman geschrieben, in dem sie die Befindlichkeiten ihrer Figuren mit tiefenpsychologischen Blicken auslotet. Die Widersprüche im Handeln,das Unglück der einzelnen und der Kampf um Autonomie und Stärke geben dem Roman einen unverwechselbaren Anstrich. Auch so ist das Leben! Alix Ohlin hat es erfasst! In der Übersetzung von Sky Nonhoff wird hiermit auch für das deutsche Lesepublikum ein bemerkenswerter Roman der kanadischen Schriftstellerin Alix Ohlin zugänglich gemacht.
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