Dieses Buch wurde mir von meiner Kindle-App empfohlen („Mehr wie …“). Der Klappentext sowie einige Rezensionen ließen darauf schließen, dass mir das Buch sehr gefallen würde, also kaufte ich es und begann sofort zu lesen. Ja, was soll ich sagen … es ist eines der besten Bücher, die ich jemals gelesen habe! Das Buch hat mich so sehr gefesselt, es hat mich in meinem tiefsten Inneren berührt, ich konnte die Nacht danach nicht richtig schlafen, so sehr hat es mich noch beschäftigt, und als wir am nächsten Tag mit der Familie im Museum waren, war ich gleichzeitig eigentlich noch die ganze Zeit bei Vika und Etienne …

„Dein Weg, meine Liebe“ ist eine Liebesgeschichte der besonderen Art. Sehr feinfühlig, bildreich und wortgewandt erzählt, in der dritten Person und in der Gegenwart übrigens, was kurz gewöhnungsbedürftig war, mir aber schon sehr bald sehr gut gefallen hat. Kapitelweise folgt der Leser abwechselnd Vika und Etienne, die während des Handlungsverlaufes gar nicht so oft aufeinandertreffen – und doch ist das, was zwischen ihnen und mit ihnen passiert, so unglaublich intensiv und emotional, dass es mich als Leserin durch die Seiten fliegen ließ, immer mit so einem schrecklich-schönen Stechen in der Herzgegend, weil alles so dicht, so glaubwürdig und so berührend geschrieben ist.

Vika – sie trauert noch um ihren kürzlich verstorbenen Freund Daniel, der ihre große Liebe war und nach nur drei Monaten Zusammensein bei einem Autounfall ums Leben kam. Sie lernt Etienne zunächst nur am Telefon kennen, denn sie will eine Reise nach Japan unternehmen, um Abstand zu bekommen. Reichlich unvorbereitet übrigens, weswegen der Freund ihrer Nachbarin ihr die Nummer von Etienne gibt, der sich mit Japan bestens auskennen soll. Nicht alles, was Vika tut und wie sie denkt, passt in mein Weltbild und war für mich nachvollziehbar, aber sie war in sich für mich glaubwürdig, und ich konnte mich nichtsdestotrotz in sie hineinversetzen und mit ihr mitfiebern, mitleiden und mich mit ihr in Etienne mit-verlieben.

Etienne – er sitzt seit sechs Jahren nach einem Autounfall im Rollstuhl, aber er liebt sein Leben und hat beschlossen, diesem alles abzutrotzen, was geht. Er studiert Philosophie und arbeitet als Karatelehrer (ja – Rollstuhlkarate gibt es tatsächlich, es ist nur in Deutschland noch ziemlich unbekannt) in einem „normalen“ Karatestudio, er geht auf Partys und in Clubs, er hat gute Freunde und kommt auch bei den Frauen gut an. Denn er ist charmant, witzig, kontaktfreudig, gutaussehend und nett. („Ich bin fast immer nett. Das ist meine Notfallversicherung. In einer Situation wie meiner empfiehlt es sich, niemanden vor den Kopf zu stoßen.“) Und so hilft er auch Vika, als sie ihn anruft, telefoniert mit ihr bis tief in die Nacht hinein und gibt ihr Tipps für ihre Japan-Reise.

Bei diesem Telefongespräch hätte es bleiben können, wenn … ja, wenn da nicht schon am Telefon irgendwie etwas zwischen den beiden gewesen wäre. Wenn der Zufall sie nicht in einem Club wieder zueinander geführt hätte. Wenn es nicht spätestens dort so richtig, richtig zwischen ihnen gefunkt hätte.

Doch leider ist das alles nicht so einfach zwischen den beiden. Da ist zum einen Hartmut, da ist Nadia – und vor allem ist da Daniel und sein Geheimnis, das aus Etiennes Sicht zwischen ihnen steht, und so ist es ein nervenzehrendes Auf und Ab mit Vika und Etienne. Sie kommen einander nahe, mal per Skype, mal auf einer Party, mal im Restaurant, mal bei Etienne in der Wohnung – aber gleichzeitig gibt es so vieles, was scheinbar zwischen ihnen steht, Missverständnisse, Fehlinterpretationen, die jeweils eigene Lebensgeschichte und die gemachten Erfahrungen … Es hat mir das Herz zerrissen, jedes Mal, wenn wieder etwas zwischen den beiden stand und es sie auseinanderbrachte, bevor sie überhaupt so richtig zusammengekommen waren. Und als dann auch noch Etienne eine Wunde am Oberschenkel auf die leichte Schulter nimmt und ich als jemand, der sich mit der Thematik auskennt, schon ahnen konnte, was passieren würde …, da las ich nur noch atemlos durch die Seiten und hoffte und bangte und ich konnte es kaum noch aushalten.

Wie gut, dass es auch noch Etiennes Schwester gibt und Anna. Und wie gut, dass das, was zwischen Vika und Etienne ist, sie so sehr verbindet, dass sie eben doch nicht voneinander loskommen. Wie die Geschichte letztlich endet, möchte ich natürlich nicht verraten. Für mich war das Ende perfekt, ich mag diese halb-offenen Enden sehr, weil ich dann die Geschichte in Gedanken noch weiterspinne und weil der Nachhall der Geschichte dann meist umso größer ist.

„Dein Weg, meine Liebe“ ist viel mehr als nur eine Liebesgeschichte. Denn es geht nicht nur um die Liebe, der Roman behandelt viele andere Themen wie z. B. Trauerbewältigung, die Lebensumstände eines Querschnittgelähmten (die übrigens perfekt recherchiert sind!), die Frage nach einem selbstbestimmten Leben … um nur einige von ihnen zu nennen. Das Besondere daran ist: Alles passt wahnsinnig gut zusammen, die Geschichte wirkt keinesfalls überladen, und bei all den ernsten und schweren Themen kommt auch der Humor nicht zu kurz. Zu gerne würde ich hier ein paar der Stellen zitieren, bei denen ich wirklich gelacht habe. Aber ich möchte den zukünftigen Leser*innen nichts vorwegnehmen, deshalb tue ich es nicht.

Fazit: „Dein Weg, meine Liebe“ ist ein sehr berührender, tiefgründiger und fesselnder Roman über die Liebe und das Leben, es ist einer dieser Romane, die mir das Herz zerreißen und die mich noch lange nach der Lektüre beschäftigen, so sehr, dass ich das Buch auszugsweise noch mehrfach wieder gelesen habe. Ich bin schon so gespannt auf die Fortsetzung, von der ich weiß, dass sie geplant ist, und kann es kaum erwarten, sie in den Händen zu halten. Ich vergebe alle Sterne, die der Buchhimmel zu bieten hat, und eine unbedingte Leseempfehlung.