Cover des Buches Der Hydrograf (ISBN: 9783866482623)
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Rezension zu Der Hydrograf von Allard Schröder

Zarte und langsame Erzählung über das Meer und das Leben.

von MarjaLethe vor 7 Jahren

Rezension

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MarjaLethevor 7 Jahren
Allard Schröder erzählt uns in seinem Roman "Der Hydrograf" vom Leben des jungen Hydrografen Franz von Karsch-Kurwitz, der sich vor seinem Alltag auf die Posen flüchtet, um dort seiner Arbeit als Hydrograf nachzugehen.
Bisher habe ich diese Thematik noch nie in einem Roman verfolgen können; besonders zu Beginn des Romans lernt man einiges über die Arbeit eines Hydrografen, die auf eine einfach, aber trotzdem sehr anschauliche Weise beschrieben wird. Dabei steht aber weniger das Technische im Vordergrund als die symbolische Bedeutung dieser Arbeit - vor allem in Bezug auf das Leben des jungen Mannes.

"Die Menschheit war hier nicht mehr Herrscher, nicht mehr die Krone der Schöpfung, ohne Machtehrgeiz irrte sie hier umher, unfähig, diese immer weiter fortwuchernde Welt ihrem Willen zu unterwerfen." (S. 76)

Mit der Besatzung der Posen lernen wir verschiedene Charaktere kennen, die sich dem jungen Hydrografen mehr oder weniger stark annähern - und auf verschiedene Arten. Auf dem Schiff scheint es keine Zeit zu geben, wir erfahren nur grob, wie viel Zeit vergeht; es entsteht ein eigenes kleines Universum, das nur denen gehört, die sich auf der Posen befinden.
Was zunächst wie ein maritimer Roman über die Arbeit und das Leben auf einem Schiff erscheint, wird schnell zu einem philosophischen Roman über den Wert des Lebens und die Fragen danach, wie man eigentlich lebt, wie man Beziehung aufbaut und hält und vor allem danach, was am Ende bleibt.

"Hier, in diesen Breiten, hatte er zum ersten Mal erkannt, was er im naturwissenschaftlichen Sinn eigentlich war: eine zufällige winzige Wucherung auf der Erdkruste, Moos, Schimmel, Blattlaus, Brüllaffe - in jedem Fall nichts Notwendiges." (S. 77)

Allard Schröder (und Übersetzer Andreas Gressmann) überzeugt mit einer zarten, einfühlsamen Sprache, die an keiner Stelle zu aufgesetzt wirkt.

"Sein Leben hatte oft einer Flucht geglichen. Nicht vor etwas, sondern zu etwas. Er suchte ein Refugium, ein Asyl, einen stillen, weiblich duftenden Ort, an dem sich alles in seiner regungslosen Herrlichkeit zeigte." (S. 26)

Selten habe ich mir in einem Roman, der nicht allzu viele Seiten hat, so viele Stellen markiert; ich habe langsam gelesen und mich zu den Figuren auf die Posen geträumt. An einen Ort, der mir ein neues Universum eröffnet hat, einen anderen Blick auf das Leben und seine vielen Nichtigkeiten, aber auch auf das Wundersame, das Besondere im Leben. Und vor allem hat es dieser Roman geschafft, meine bereits vorhandene Liebe zum Meer noch um einiges zu steigern.
Danke.


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