Alma Mathijsen

 3,8 Sterne bei 5 Bewertungen

Lebenslauf

Alma Mathijsen wurde 1984 in Amsterdam geboren, studierte Kreatives Schreiben in New York und an der Kunstakademie Gerrit Rietveld Academie. Neben "Ich will kein Hund sein" wurden bereits drei Romane, eine Kurzgeschichtensammlung, mehrere Theaterstücke, Essays und Kolumnen von ihr veröffentlicht.

Quelle: Verlag / vlb

Alle Bücher von Alma Mathijsen

Cover des Buches Ich will kein Hund sein (ISBN: 9783406768477)

Ich will kein Hund sein

(5)
Erschienen am 27.01.2021

Neue Rezensionen zu Alma Mathijsen

Cover des Buches Ich will kein Hund sein (ISBN: 9783406768477)
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Rezension zu "Ich will kein Hund sein" von Alma Mathijsen

AnkeH.
Hund müsste man sein?

“I just wanna be your dog” sang David Bowie bei den Stooges schon Ende der 60er. Das größte Glück des Liebenden ist es, ein Hund zu sein. Oder etwa nicht? In ihrer Novelle Ich will kein Hund sein stellt die niederländische Schriftstellerin Alma Mathijsen ein literarisches Gedankenexperiment an, das der hündischen Sehnsucht im Menschen nachspürt. Dafür lässt sie ihre Protagonistin, die nur unter dem Kosenamen Flauf auftritt, ganz wörtlich zum Hund werden. Denn was soll Mensch auch tun, wenn der entsetzliche Liebeskummer vermeintlich nur noch zwei Optionen erkennen lässt: Suizid oder Tierwerdung? Es ist die kuriose und dabei furchtbar ehrliche Geschichte einer versuchten Selbstrettung, ein modernes Märchen von der verzweifelten Suche nach dem bisschen Glück, von dem man sich so gerne einredet, dass es reichen würde.

Anders, als der Klappentext es verspricht, ist Ich will kein Hund sein zwar eine tragische Geschichte, aber selten eine komische. Von Anfang an ist die Erzählperspektive an die Protagonistin gebunden, die abwechselnd in der trostlosen Gegenwart oder der schmerzhaften Vergangenheit versinkt. Erzählerisch wird keine Distanz zur Figur aufgebaut und damit auch jede (Selbst-)Ironie unterbunden. Der Fluchtpunkt aller Reflexionen ist die verlorene Liebe, die mit viel Ernst und Pathos beschworen wird; die unfreiwillige Komik des absurden Leidens bleibt von der Erzählerin dagegen unerkannt. Auch andere Figuren brechen diese Monoperspektive nicht auf: Abgesehen von den Getrennten gibt es nur die junge und unerfahrene Nico, die Flaufs Gefühle nicht nachempfinden kann, aber auch keine Gegenperspektive zu bieten hat, und Gerard, der Flauf in ihrer Leidenshaltung unterstützt und einen klassisch-romantischen Tod an gebrochenem Herzen stirbt.

Viele Gelegenheiten, dem Tragischen das Komische entgegenzuhalten, bleiben daher ungenutzt. Auf einer inszenierten Beerdigung etwa tragen Flauf und eine Freundin ihre verlorene Liebe symbolisch zu Grabe. Dass es sich dabei um das Verscharren benutzter Taschentücher in einem öffentlichen Park handelt, hätte nur eine gewisse erzählerische Distanz zu den Figuren in seiner ganzen Situationskomik erfassen können. Doch die Erzählinstanz bleibt dem Todesernst der Figuren verhaftet und ergeht sich in detaillierten Beschreibungen der dramatischen Kostüme, die beide Frauen sich eigens für das Ritual und dessen obligatorische Inszenierung auf Social Media angefertigt haben.

Streiten kann man sich auch über die Sprache, die in Mathijsens Novelle meiner Meinung nach erfolglos an den inhaltlichen Ideenreichtum anzuknüpfen versucht. Wiederholt werden ganze Kapitel in einem einzelnen atemlosen Satz abgehandelt, was ohne Frage innovativ ist, aber auch an die notorischen Sprachexperimente aus der Poetry-Slam-Kunst erinnert. Selbiges gilt für den längst abgenutzten Verzicht auf Majuskeln, der in Zeiten von What’s-App-Nachrichten und Onlinekommentaren wohl niemanden mehr ernsthaft alarmiert. Dass der Exfreund nahezu permanent als impliziter Leser adressiert wird, trägt schließlich dazu bei, den theatralischen und stellenweise offen anklagenden Ton der Erzählung zu besiegeln.

Durch viele Kapitel muss man sich so regelrecht hindurchkämpfen, ehe das starke Ende mit dem ersehnten Bruch aller Heilserwartung aufwartet. Letztlich steht die Protagonistin vor verschlossenen Türen, abhängig, zutiefst verwirrt und wieder einmal allein mit der Ohnmacht ihrer Sehnsucht. In der totalen Unterwerfung unter die eigene Bedürftigkeit hat Flauf ihre menschlichen Züge verloren und damit letztlich sogar die Fähigkeit, ihren Geliebten zu verstehen. Ein ernüchterndes Bild, das die Novelle wie eine späte Antwort auf Die Geschichte der O. und alle anderen Erzählungen von der glücklichen Selbstaufgabe wirken lässt. Die Vorstellung, nicht verantwortlich sein zu müssen für Bedürfnisse, Gefühle und das eigene Leben, besitzt unfraglich einen großen Reiz für uns  alle, die wir „zur Freiheit verdammt“ sind. Die größte Stärke von Ich will kein Hund sein liegt darin, uns zumindest diese Form von Sehnsucht auszutreiben.

Cover des Buches Ich will kein Hund sein (ISBN: 9783406768477)
E

Rezension zu "Ich will kein Hund sein" von Alma Mathijsen

EvaLo
Ein Genuss

Guten Abend zusammen. Heute gibt es endlich die #rezension zu


#ichwillkeinhundsein

Von @almamathijsen

Aus dem Niederländischen von Andreas Ecke

Am 27.01.21 beim @beckverlag erschienen

159 Seiten

18€


Vielen Dank noch mal an der Stelle für das #rezensionsexemplar

Was würdest du tun, um deinen Liebeskummer loszuwerden und deiner geliebten Person wieder nahe zu sein? Wie weit würdest du gehen? Würdest du auf dein Menschsein verzichten?


Die Protagonistin und Ich-Erzählerin droht in ihrem Boot des Lebens aufgrund des Orkans „Trennungsschmerz“ unterzugehen und segelt glückselig auf ihren letzten Hoffnungsschimmer am Horizont zu: Entgegen der Titelaussage wünscht sie sich, in einen Hund verwandelt zu werden, um auf diese Weise ihrem Exfreund wieder nahe sein zu können. Wie kann man nur sooooooo cool sein, um auf diese geniale Idee zu kommen? Allein dafür feiere ich Frau Mathijsen schon sehr!


Ich war von der ersten Seite, vom ersten Satz in der Geschichte drin. Seite um Seite habe ich mit ihr und irgendwie auch ihm mitgelitten und mich dabei an die ein oder andere Trennung erinnert gefühlt…..


Und dann kommt diese Entscheidung. Darauf muss man sich einlassen können und wollen. Genau das hat mir einfach nur unglaublich viel Spaß gemacht! Wenn man das kann, kann man auch ihre Vorfreude und ihre Anspannung auf die Verwandlung teilen, deren Schilderung einen nicht unbedeutenden Teil des Textes einnimmt.


Eine Bewertung ihrer Entscheidung findet sich - unter anderem auch- am Ende, das ich mit einem halben Spannungsherzinfarkt glücklicherweise noch lebend lesen konnte, und bietet spätestens dann die Gelegenheit, ihre geschilderte Abhängigkeit kritisch zu hinterfragen. Passend dazu kommt dann wieder großes Leid um die Ecke spaziert und verteilt noch mal einen „Schlag in die Fresse“. Ein wahres Wechselbad der Gefühle. Wo ist der Bademeister?


Der schleichende „Beziehungsbröckel“prozess des Auseinanderlebens, der Tanz um heißen „Ich-mach-(nicht)-Schluss-Brei“ und das Ende einer Partnerschaft werden unglaublich nachfühlbar, gleichzeitig unaufgeregt, melancholisch, ironisch-witzig erzählt, sodass diese Novelle einfach ein kurzweiliger Genuss ist. Sprachlich einfach wunderschön, da würde ich jetzt eigentlich gern Niederländisch können :)


Also eine absolute Leseempfehlung für alle, die gerade keinen Liebeskummer haben, oder für diejenigen, die sich in ihrem mal so richtig suhlen wollen :-)


Naaaa, wie siehts aus? Habt ihr Bock auf Liebeskummer?

Cover des Buches Ich will kein Hund sein (ISBN: 9783406768477)
Verena2603s avatar

Rezension zu "Ich will kein Hund sein" von Alma Mathijsen

Verena2603
Amüsante Novelle

“... wer kann einem sagen, wie es ist, ein glücklicher Mensch zu sein? Wo findet man so jemanden? Ich weiß, dass ich gerade dabei bin aufzugeben. Es wird mir nicht mehr gelingen, ein glücklicher Mensch zu werden, deshalb werde ich jetzt ein glücklicher Hund.”

Die Protagonistin von Alma Mathijsens “Ich will kein Hund sein” hat Liebeskummer. Allumfassenden, nichts anderes zulassenden Liebeskummer. Sie und ihr Freund haben sich auseinandergelebt, sie gibt sich ganz dem Herzschmerz, der Melancholie, der Nostalgie hin. Hängt sich an die Vergangenheit, als noch alles gut war, verzweifelt an der Gegenwart & wünscht sich einfach nur, dass es aufhört. “Glücklicherweise” lebt sie in einer Welt, in der es Menschen möglich ist, ihrem Kummer zu entfliehen, mit den verlorenen Partner:innen wieder vereint zu werden um dann mit Liebe überschüttet zu werden. Ganz simpel indem sie sich einer Transformation unterzieht & sich in einen Hund verwandeln lässt. Die erste Hälfte der Novelle, die an ein modernes Märchen erinnert, ist geprägt vom Liebeskummer der Protagonistin; der zweite Teil ist der Verwandlung gewidmet & sehr amüsant zu lesen, v.a. wenn sie plant, was für ein braver Hund sie ihrem Exfreund sein wird. Ohne zu spoilern (der Titel es ja schon verrät): vielleicht ist es gar nicht so verkehrt, ein Mensch zu sein, mit menschlichen Gefühlen, auch wenn diese nicht immer angenehm sind. “Nach innen explodieren. Für alle unsichtbar.” - dieser Satz ist hängengeblieben, als grandiose Beschreibung, aber auch als der Fehler, den wir Menschen oft begehen, unsere Gefühle der Harmonie zuliebe in uns begraben. Von meinem Hund kenne ich das nicht – sie zeigt immer zu min. 150% was sie grade fühlt😅

TW Suizidgedanken: Ein kleiner Kritikpunkt ist der laxe Umgang der Autorin mit den Suizidgedanken ihrer Protagonistin, da täte eine Triggerwarnung ganz gut.

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