Ein Psychopomp begleitet die Seelen der Toten auf ihrer Reise ins Jenseits. Hermes, der Götterbote mit den geflügelten Füßen, wird auch als Pychopompos bezeichnet.
Die Autorin wurde in Japan geboren, wo der Kranich einen ganz eigenen Stellenwert hat. Schon mit fünf Jahren, als die Tochter eines belgischen Konsuls nach Bangladesch umsiedeln musste, hatte sie eine besondere Affinität zu Vögeln entwickelt. Wenn sie kein Vogelgezwitscher hörte, fehlte ihr etwas. Früh begann sie vom Fliegen zu träumen. Doch diesen Traum erfüllte sie sich erst als Erwachsene, indem sie mit dem Schreiben von Geschichten begann.
In diesem Buch haben wir Leser die Möglichkeit, mit ihr durch die Welt zu fliegen. Wir erleben eine erlebnisreiche Kindheit und Menschwerdung nach einer schweren Pubertät. Die Vogelliebhaberin arbeitet mit zahlreichen Metaphern und vergleicht sich selbst mit den unterschiedlichsten Vögeln.
Erst spät wurde mir klar, dass die Autorin von ihrer Geburt als Schriftstellerin berichtet. Dabei resümiert sie auch, welche Rolle dabei der Psychopomp gespielt hat. Unweigerlich landen ihre Gedanken dann beim Tod und dem Umgang damit.
Obwohl es mir nicht immer möglich war, ihren Gedanken geradlinig zu folgen, gefiel mir das Buch sehr gut. Die letzten Abschnitte regten mich an, selbst über mein Verhältnis zum Tod nachzudenken.
Fazit: Ich möchte noch weitere ihrer bisher erschienenen Bücher lesen. Und dieses kann ich denjenigen empfehlen, die bereit sind, sich mutig auf Ungewöhnliches einzulassen. Es lohnt sich!
Amélie Nothomb
Lebenslauf
Ein bewegtes Leben, das Inspiration für zahlreiche Geschichten bietet: Amélie Nothomb wurde 1967 in Japan geboren und verbrachte dort die ersten fünf Jahre ihres Lebens.
Da ihr Vater Diplomat war, reiste die Familie viel und lebte u.a. in Japan, China, den USA und Burma. Erst als Nothomb 17 war, reiste sie das erste Mal nach Europa, wo sie einen drastischen Kulturschock erlebte und sich, obwohl sie europäischer Abstammung war, als Fremde fühlte.
An der Universität in Brüssel studierte sie Romanistik. 1992 veröffentlichte sie ihren ersten Roman „Die Reinheit des Mörders“ und setzte damit ihre Karriere als Schriftstellerin in Gang.
Mit 21 Jahren kehrte sie nach Japan zurück und arbeitete für einige Zeit in einem Konzern. Jedoch scheiterte ihr Berufsleben im Land der aufgehenden Sonne, was sie in ihrem Roman "Mit Staunen und Zittern" verarbeitet. In Japan lernte sie auch ihren späteren Verlobten kennen. Von dieser Beziehung berichtet sie in ihrem Buch "Der japanische Verlobte."
Aber ebenso wie in Europa fühlte sie sich hier fremd und hatte kulturelle Schwierigkeiten. Nach einigen Jahren in Japan kehrt sie wieder nach Brüssel zurück, wo sie bis heute lebt.
Neue Bücher
Psychopompos
Alle Bücher von Amélie Nothomb
Kosmetik des Bösen
Böses Mädchen
Mit Staunen und Zittern
Reality-Show
Der Professor
Quecksilber
Metaphysik der Röhren
Töte mich
Neue Rezensionen zu Amélie Nothomb
Als Diplomatentochter wächst Amélie Nothomb fernab der belgischen Heimat, vornehmlich im asiatischen Raum auf. Gerade die ersten Jahre ihres Lebens, die sie mit ihrer Familie in Japan verbringt, wirken sich prägend auf ihre Faszination für die Vogelwelt aus. Diese wird Amélie auf den weiteren Stationen in ihrem Leben fortan begleiten und letztlich eine elementare Rolle in diesem Roman spielen.
Auf die zentrale Frage, was sich hinter dem Buchtitel verbirgt, geht die Autorin allerdings mit einer solch philosophisch anmutenden Intensität ein, dass ich mich vorübergehend dabei verloren habe. Der Vogel als mythologische Figur des Seelenbegleiters für Verstorbene, ist vielleicht nicht unbedingt mein Interessensschwerpunkt in diesem Buch, dafür haben mich die intimen, persönlichen Einblicke, die Nothomb in diesem Roman wieder einmal gewährt, um so mehr vereinnahmt. Neben den ungewöhnlichen Episoden aus ihrer Kindheit, sind das ein traumatisches Erlebnis in der frühen Jugend und die Anorexie, in die sie sich für Jahre flüchtet. Aber auch ihr Werdegang als Schriftstellerin und die Beziehung zu ihrem Vater, die erst mit seinem Tod an Tiefe gewonnen hat, sind wichtige Themen, denen sich die Autorin hier schonungslos offen widmet.
Es ist lesenswerter literarischer Drahtseilakt zwischen nüchterner Distanz und emotionalen Tönen, gespickt mit viel Persönlichkeit, einem Hauch Selbstironie und einer Spur Provokation.
"Psychopompos" ist ein stilles, intensives Buch, das sich eher wie ein innerer Monolog als wie ein klassischer Roman liest. In kurzen, oft sehr knappen Sätzen erinnert sich Amélie Nothomb an ihre Kindheit und Jugend, die sie als Tochter eines belgischen Diplomaten unter anderem in Japan, China und Bangladesch verbringt - in ständiger Bewegung, begleitet von Fremdheit, Anpassung und innerer Vereinsamung.
Stilistisch ist der Text stark reduziert. Nothomb schreibt lakonisch, in knapper, präziser Sprache. Vieles bleibt unausgesprochen, wirkt aber lange nach. Nothomb gelingt es, mit wenigen Worten sehr viel zu sagen. Gerade durch diese Zurückhaltung entfaltet das Buch seine Kraft. Themen wie Entwurzelung, Sprachlosigkeit, ein traumatisches Erlebnis in der Kindheit werden nie breit ausformuliert, sondern sehr nüchtern erzählt – und wirken gerade dadurch umso nachdrücklicher.
Der Text liest sich wie ein innerer Monolog, durchzogen von existenziellen Fragen und philosophischen Bildern. Die Figur des Vogels zieht sich als zentrales Motiv durch das ganze Buch - begleitet vom Fliegen. Fliegen als Metapher für Schreiben, Fliegen als Flucht.
"Psychopompos" ist kein Roman, den man einfach wegliest. Ein leises, aber starkes Buch über Identität, Schmerz und die rettende Kraft der Sprache und des Schreibens.
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Zusätzliche Informationen
Amélie Nothomb wurde am 10. August 1967 in Kōbe (Japan) geboren.
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