Leider muss ich zu Beginn der Rezension zugeben, das ich vor dem Roman noch nichts von Georgia O'Keeffe weder als Künstlerin noch ansonsten als starke Person gehört habe, die sie in diesem Roman verkörpert. Dennoch war ich gespannt, sie und ihr laut dem Klappentext so bewegtes Leben kennenzulernen. Doch nun erstmal zum Inhalt:
Georgia wächst als eines von mehreren Kindern in einer Familie auf, der es weitestgehend an nichts fehlt. Durch die Mutter erhält sie schon früh die Möglichkeit, ihr Interesse für die Malerei zu fördern und fertigt eigene Kunstwerke an. Doch nicht, um damit berühmt zu werden, sondern einfach nur, weil es sie glücklich macht. Ihre damalig beste Freundin findet aber genau das Gegenteil: Georgias Bilder müssen gesehen werden. So schickt diese heimlich ein paar der Zeichnungen an einen Bekannten in New York, Alfred Stieglitz, der als großer Fotograf und Kunstkenner bekannt ist. Von Anfang an macht er sich für Georgia als KünstlerIN zu der damaligen Zeit und ihre Bilder stark und setzt alle Hebel in Bewegung, um aus ihr eine Berühmtheit zu machen. Nach und nach wird aus einer Freundschaft zwischen den beiden eine Beziehung. Von nun an arbeiten Georgia und Alfred jeden Tag zusammen und müssen sich -auch durch die Kunst- blind vertrauen. Doch schnell lernt Georgia, wie hoch der Druck und die Kritiken in der Künstlerwelt ist und das nicht immer alles von allein geht. Und als Alfred sie auch noch betrügt, stürzt Georgia in eine Krise. Wird sie tatsächlich aufgeben oder schafft sie es durch ihren starken Charakter immer wieder aufzustehen und weiterzumachen?
Mit dieser Inhaltsangabe wollte ich vor allem ausdrücken, was für eine starke Persönlichkeit Georgia O'Keeffe war. Denn die Handlung ist keinesfalls frei erfunden. Die Autorin schreibt im Nachwort, dass auch sie von der Künstlerin fasziniert war und in Amerika, wo die Geschichte spielt, einige Ausstellungen zu Ehren von Georgia besucht hat. Unsere Protagonistin schafft es schon früh, sich besonders bei männlichen Widersachern durchzubeißen und den besten Weg zu finden. Ich habe während des Lesens immer wieder bewundert, wie hoch ihr Selbstbewusstsein ist. Gerade wenn man bedenkt, dass das Buch größtenteils in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts spielt und Frauenrechte keineswegs auf dem gleichen Stand waren wie heute. Ich finde, sie ist wirklich ein Vorbild für alle, die etwas erreichen wollen und die täglich für ihre Ziele kämpfen. Georgias Mann Alfred empfand ich während des gesamten Romans als sehr schwierig. Ich verstehe zwar, dass er als Georgias "Seelenverwandter" beschrieben wird, doch viele, ja fast alle seiner Handlungen konnte ich nicht immer nachvollziehen. Er hat Georgia zwar was die Kunst anging stets großen Freiraum gelassen, doch was das Zwischenmenschliche anging eher kaum. Doch das solltet ihr lieber selbst lesen. Genauso wenig möchte ich, dass ihr schon eine vorgefertigte Meinung von Alfred Stieglitz habt, denn was seine Karriere angeht, hat auch er wirklich viel geschafft. Meine Kritikpunkte an ihm beziehen sich nur auf seinen Charakter.
Den Schreibstil der Autorin fand ich toll. Ich hatte durchweg großen Spaß beim Lesen von Georgias Geschichte und konnte es kaum aus der Hand legen. Neben den oben genannten Charakteren fand ich auch die Authentizität des Buches sehr gelungen. Ich fühlte mich glatt ins Amerika einer längst vergangenen Zeit zurückversetzt. Auch die vielen Parts in New Mexiko waren stets toll beschrieben. Die Landschaft hat nicht nur Georgia, sondern auch mich begeistern können. Großes, großes Lob! Soviel zum Setting. Einen konstanten Spannungsbogen gab es meiner Meinung nach nicht, es geht in Georgias Leben wie bei den meisten auf und ab. Ich habe dennoch stets mit ihr zusammen gebangt und mich mit ihr gefreut, so viel Spaß hat es gemacht, ihre Geschichte kennenzulernen. Außerdem ist es wichtig zu erwähnen, dass man kein Kunstkenner sein muss, um die Geschichte zu verstehen. Es werden leicht verständliche Dinge zur Malerei erklärt und man braucht keinen Übersetzer, um den Text zu verstehen. Also bitte nicht zurückschrecken! Auf diese Art und Weise lässt es sich flüssig lesen. Da sehr viele Charaktere vorkommen, findet sich am Ende eine Übersicht mit handelnden Personen, die während des ganzen Buches (nicht alle auf einmal) vorkommen. Dies hat es für mich sehr viel leichter gemacht. Auch andere historische Ereignisse werden angesprochen, zum Beispiel der zweite Weltkrieg und das derzeitige Leben in Amerika. Alles in allem hat mich Georgias Geschichte wirklich fasziniert. Es ist bekannt, dass sie am besten durch Farben kommuniziert hat, um ihre Mitmenschen an ihrem Leben teilhaben zu lassen, aber auch eine erstaunlich große Briefsammlung von ihr ist heute noch vollständig erhalten. Somit lebt ergänzend zu ihren zahlreichen Gemälden noch ein anderer Teil von Georgia bis in die Gegenwart weiter.
Ganz große Leseempfehlung von mir, es war wirklich ein absolutes Highlight!