Rezension zu "Das schwarze Loch in mir" von Anders Johansen
Autismus auf den Färöerinseln - ein literarisches Wagnis im Hohen Norden von Anders Johansen
Dem Autismus literarisch oder im Film zu begegnen ist bestimmt nicht einfach, denn diese doch komplizierte Entwicklungsstörung ist natürlich für Außenstehende schwer zu begreifen und nach vollzu ziehen.
Die Färörinseln , eine Inselgruppe ziemlich in der Mitte von Norwegen, Großbritannien und Island uns in irgendeiner Form näherzubringen ixt bestimmt auch keine leichte Aufgabe .
Und dies dann in einem überzeugenden Jugendroman zu verbinden , um damit erfolgreich dann Verlagen und einer jugendlichen Leserschaft entgegenzutreten . die nur zu gern in Action - und Fantasywelten eintaucht . ist bestimmt keine beneidenswerte Herausforderung , die es erstmal oder ein Wenn und Aber anzuerkennen gibt.
Autismus kann man als eine Art Wahrnehmungs- und Informationsverarbeitungsstörung im Gehirn sehen ,die leider unheilbar ist .Sie ist angeboren und dann auch unter den Namen Kanner – und Asbergersyndrom einer breiterer Leserschaft bekannt. Autisten sind grundsätzlich sehr schüchtern und berührungsresistent , haben Defizite bei der Sprachentwicklung , scheinen aber auf einigen Gebieten dies zu gut kompensieren in dem sie dort zu herausragenden Leistungen fähig sind.
Nur knapp über 50 000 Menschen leben auf diesen kleinen meist felsigen Inseln, die oft übersät sind mit der uns allen bekannten gelben Sumpfdotterblumen , stellvertretend für einen Waldbestand der sich klimatisch nicht von selbst entwickelt höchstens wenn er von Menschenhand in bestimmten Projekten besonders intensiv versucht wird zu kulzivieren. Die Einheimischen sehen sich als eigenes Volk in der Tradition der Wikinger und sind mit autonomen Rechten innerhalb Dänemarks versehen.18 kleine Inseln die meistens bewohnt oft nebelverhangen im Nieselregen. Hier lebt man von Fisch und Walfang und dies auch sehr lange gut denn es gab ihn zu genüge. Man gab das dort erwirtschaftete Geld gerne und mit vollen Händen wieder aus und begann sich mit ehrgeizigen Projekten die Moderne auf die Inseln zu holen. Alle Dörfer sollten mit Straßen und ehrgeizigen Brücken - und Tunnelprojekten miteinander verbunden werden ,was abernur teilweise gelang , denn man schlitterte in eine deftige Finanzkrise wie später auch der Nachbar Island . uns allen noch wohl bekannt.
Tunnelprojekte – ein anschiebendes Wort nach einem Besuch auf diesen Inseln für diesen dänischen Autor ,der bei Aarhus lebt und nun sein erstes Buch in Deutsch bei uns präsentiert ,was fiktive Orte dort beschreibt.
Denn ein solches Projekt wird auch bei dem autistischen Jungen David in einem beschaulichen Dorf namens Fjeldvig auf der Insel Tango in Angriff genommen .Man will das abgeschiedene und oft wetterbedingt nur schwer zu erreichende Dorf trotz hoher Berge besser an den Rest anbinden. David hat einen verlässlichen Bruder Peter , seine Eltern und den Dorfschullehrer und Pastor auf seiner Seite während viele ihn leider wegen seiner Eigenart hänseln und ihm sein ohne hin schwieriges Leben noch schwerer macht Dazu kommen noch einige Originale – verschrobene Dorfbewohner, die zahlreiche Macken und Schrulligkeiten aufweisen. Typische Protagonisten zahlreicher Bücher und Filme aus dem hohen Norden. Die in weiten Bereichen unberührte rauhe Natur und das wenige Licht , je mehr man sich dem Polarkreis nähert ,haben Menschen geformt ,die oft ein wenig neben der Normalspur ihren interessanten Lebensweg zu bestreiten scheinen. Wir können sie nicht immer gleich gut ein ordnen ,sie erscheinen oft unnahbar und wegen ihres Eigenbrödlertums schwer greifbar. Nicht selten werden die Menschen hier oben melancholisch oder entwickeln ob ihres Lebenseinen besonderen oft schon schwarzen Humor. Um so schöner dass skandinavischen Autoren und Autorinnen diese Vielfalt menschlicher Natur nur zu gern annehmen und ihre nicht alltäglichen Geschichten in einer ausgeprägten Form der Beschaulichkeit erzählen . Oft im Einklang mit der noch intakten Natur ziehen sich Betulichkeit und Unaufgeregtsamkeit als Spiegel der Gesellschaft in den Romanen wie rote skandinavischtypische Fäden durch die erzählten Geschichten. Dunkle Wälderschluchten, schneebedeckte Gletscherberge , Geysire ,trügerische Moore , reißende Stromschnellen , ausgedehnte Seenplatten und die Begegnungen mit stattlichen Bären, Rentierherden und Elchen haben nun mal entscheidend geprägt , wie zum Beispiel der stille Film " Die Rückkehr " eines Norwegers verdeutlicht , wo zwei Brüder ihren Vater tragisch verlieren. Dafür sind hier packende Handlungen und klare aufgebaute Spannungsbögen sehr rar. Die starken Momente liegen oft in psychologischen Einblicken interessanter vielschichtiger Personen. Menschen ,die sich wie bei diesem Buch " Das schwarze Loch in mir " konfrontiert sehen mit anstehenden Veränderungen ihres bis jetzt intakten kleinen Umfeldes . Menschen , die es als eine Art Bedrohung, vielleicht auch Chance oder Korridor in neue Freiheiten sehen. Menschen, die damit reifen , sich überfordert fühlen und sogar tragisch daran zerbrechen. Skandinavien schreibt vieler solcher Geschichten voller Seltsamkeiten ob es die Ellingromane von Ingvar Ambjornsen sind oder den Film " Wilbur wants to kill himself ".Der Norweger Roy Jacobsen beschreibt unaufgeregt " Den Sommer ,in dem Linda schwimmen lernte " und ein " Dorf der Wunder ".In " Das Mädchen aus der Villa Sorrenta " öffnet uns die Autorin einen tiefen Blick ind ie erschütterte Seele eines Mädchens ,welches seine Freundin verloren hat.Ake Edwardson betätigt sich eher traurig in " Samuraisommer " und dem Nachfolgeband " Drachenmond " und Stefan Casta erzählt eigensinnig einfühlsam von der geheimnisvollen Esmeralda auf einem schwedischen Bauernhof n " Frag mich nicht nach meinen Namen",Sie können emotional berühren soweit man sich diesen Menschengestalten öffnen kann.Man sollte aber immer auch ein gewisses Interesse an Skandinavien und der eigenen Art und Weise manche Dinge dort anzugehen, mitbringen.Eine Naturverbundenheit ist von Vorteil,denn nicht selten ,wie auch hier , spielen Landschaftsbeschreibungen der ausgedehnten Natur eine große Rolle.Kein Wunder denn auch der Autor Anders Johanson
ist ein begeisterter Photograph dem hier nun
mal die Möglichkeit des Malens mit der Kameralinse fehlt und so wird auch auf den Stift zurückgegriffen. Im Großen und Ganzen ein gelungenes
Deutschlanddebüt mit Verbesserungspotential und ein erfolgreich bestandenes Wagnis unter der
Voraussetzung es finden sich genug Leser die die gewissenen passenden
oben dargestellten " Eignungen" :D dafür mitbringen. Ob sie alle in der angestrebten
Zielgruppe der Jugendlichen ab 12/13 Jahren zu finden sein werden gilt zu bezweifeln ,
denn ein 14 jähriger Hauptdarsteller ist nicht automatisch eine Garantie, dass
es eingeordnet als Jugendbuch so die angestrebte Leserschaft findet. Es gibt
viele sogenannte Kinder- und Jugendbücher die dann in der Mehrzahl von Erwachsenen
gelesen werden.
Aber dies ist jetzt kein Grund , dass sich nichtangesprochen Fühlende dem interessanten Thema des Autismus abwenden denn es gibt , was ein Glück , .wie immer im Leben nach erfolgreichen Suchen sich auftuende Alternativen .So können wir auf der " Grünen Insel " nach "Der Junge, der sich in Luft auflöste" von Siobhan Dowd ,Irlands leider schon verstorbener führender Jugendbuchautorin schauen . wo einem erheblich m ehr Spannung in einem Art Jugendkrimi betreff des Themas erwartet. Dies lässt sich spannungstechnisch noch toppen in dem man sich die sehr gelungene Filmversion von dem belgischen Roman " BEN X "ausleiht .Im Gegensatz zum Roman , der darunter leidet ,dass er zu kurz geraten ist und dadurch nie in die Tiefe gehen kann , gibt der Regiedebütant seinen autistischen Helden hier genug Raum und Zeit und schert sich um keine Konventionen .Er liefert einen der besten Jugendfilme Belgiens ab und kombiniert auf höchstem Niveau Emotionalität und Spannung weil er auch die ganze Breite der Optionen in der virtueller Spielewelt kreativ nutzt und überzeugend rüberbringt. Erwachsene schauen sich in einer weißen Landschaft vielleicht die Indieperle " Der Geschmack von Schnee an " wo Sigourney Weaver eine Autistin wundervoll verkörpert aber nunmal wesentlich unbekannter als Dustin Hoffmans Rolle in " Rain Mian " . Hochdekortiert mit vielen Oscars und anderen Fimpreisen aber Hollywood mag es ja generell wenn Schauspieler und - innen in an ihre Grenzen gehende Rollen aufgehen ob Leonardo de Caprio der archarischen Naturgewalten trotzend in dem ausgezeichneten Werk " The Revenant " oder Matthew David McConaughey und Christian Slater , sich fast von der Kinoleinwand weghungernd , in den Filmen " Der Maschinist " und " Dallas Buyers Club ".
In England kann man sich mit Mark Haddons " Supergute Tage " diesem Thema nähern und Daniela Schreiters Schattenspringer " Wie es ist, anders zu sein. " lädt uns immer herzlichst ein mit ihr gemeinsam auch Fachwissen zu diesem Thema anzueignen. Dabei geht sie ihren eigenen ungewohnten Weg und baut dies geschickt in Graphic Novels ein. Axel Brauns " Buntschatten und Fledermäuse. Mein Leben in einer anderen Welt " ist schon seit Jahren ein überall bekannter Klassiker
Legen wir also alle unsere schützende Hand über sie, die Davids Bens , Raymonds . Lindas und wie sie alle heißen und machen ihnen ihr schweres Los nicht noch schlimmer und bedenken dabei nicht selten verfügen sie mit sogenannten Inselbegabungen über Fähigkeiten wie das überdurchschnittliche Erinnerungsvermögen mit denen sie uns jederzeit locker in die Tasche stecken können. :D Danke.Skandinavische Themen lassen sich jederzeit durch Mitgliedschaft in den Gruppen " Bücher aus Island " und " Fans von Literatur und Landschaft Skandinaviens " hier bei LB vertiefen.Man ist immer willkommen.:D