Cover des Buches Die Bestie (ISBN: 9783596165667)
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Rezension zu Die Bestie von Anders Roslund

Rezension zu "Die Bestie" von Anders Roslund

von Asmos vor 11 Jahren

Rezension

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Asmosvor 11 Jahren
Wo ist die Grenze zwischen Mord, Notwehr und Selbstjustiz? Als ein gefährlicher Sexualstraftäter aus dem Gefängnis flieht, steht Schweden Kopf. Und er tötet wieder, vergeht sich an einem fünfjährigen Mädchen und verschwindet erneut. Schlussendlich macht sich der Vater des Kindes auf die Suche nach dem Mörder seiner Tochter. Er findet ihn. Er erschießt ihn. Ein eindrucksvolles Buch, das so schrecklich direkt ist, dass es einem eiskalt den Rücken hinunter läuft. Als Leser stellt man sich während der Lektüre viele Fragen über Recht und Unrecht, denn während die Vergewaltigung und der brutale Mord einer Fünfjährigen so eindeutig falsch ist, wie es nur irgend möglich ist, befindet sich die Tat des Vaters, der auf eigene Faust loszieht und den Mörder seines Kindes richtet, in einer nur allzu bekannten Grauzone. Den Figuren des Buches geht es wie dem Leser: sie versuchen zu verstehen, ob das, was geschehen ist, Recht war. Hat die Tat des Vaters weitere Kinderleben gerettet oder hat er sich unerlaubt das Recht genommen zu entscheiden wer sterben muss und wer leben darf, etwas, das durch die Abschaffung der Todesstrafe in vielen Staaten nicht einmal dem Rechtsystem mehr zugesprochen wird? Aber zurück zum Anfang: als Leser schaut man hinter die Kulissen; Man lernt Marie und ihren Vater kennen, die ein herrlich unkompliziertes Leben zu führen scheinen. Es scheint ein Tag wie jeder andere zu sein, als Fredrik sein Kind verspätet in den Kindergarten bringt. Zu einer Frau, die seit der Trennung von Maries Mutter Teil seines Lebens ist, sein Bett teilt, seine Tochter liebt. Wo könnte diese sicherer sein? Man lernt auch Lund kennen. Den Sexualstraftäter. Den Pädophilen. Den Mörder. Der sich nicht unter Kontrolle hat, der ausbricht und dort weitermacht, wo er bei seiner letzten Verhaftung aufgehört hat. Und natürlich lernen wir auch die Männer und Frauen kennen, die das Rechtsystem vertreten: Richter, Anwälte, Gefängniswärter, Polizisten. Sie alle tragen ihre Geheimnisse mit sich herum und sie alle versuchen sich darüber klar zu werden, auf welcher Seite sie stehen. War der Tod dieses schrecklichen Mannes in ihren Augen Recht? Die große Frage, ob Selbstjustiz in bestimmten Situationen gerechtfertigt ist, bleibt das gesamte Buch über im Hintergrund. Was die Charaktere des Buches so lebendig und glaubhaft macht, ist die Tatsache, dass auch für einen Anwalt, einen Richter, einen Polizist ein Mord nicht nur ein Mord ist. Dass sie die menschlichen Züge besitzen und Sympathie für einen Mörder empfinden, der das getan hat, was eigentlich ihre Aufgabe gewesen wäre: einen gefährlichen Mann einzufangen und die Gesellschaft vor ihm zu beschützen. Die meisten Ereignisse werden schon im Klappentext erklärt. Dass ein Kinderschänder aus dem Gefängnis flieht, dass er erneut tötet, der Vater ihn richtet und sein Prozess weit reichende Folgen mit sich zieht. Normalerweise stört es mich, wenn mehr oder weniger die gesamte Handlung eines Buches im Klappentext angegeben wird, da oftmals viel Spannung aus der Geschichte genommen wird. Auch hätte ich darauf verzichten können, doch im Gegensatz zu den letzten Malen, in denen ich das Gefühl hatte der Klappentext verrät gute neunzig Prozent des Buches, konnte ich bei ‚Die Bestie’ gut damit leben. Der Inhalt ist schockierend genug, um den Leser auch ohne großartige Überraschungsmomente an das Buch zu fesseln, außerdem liegt das Hauptaugenmerk auf dem Hintergrund des Falles, eben auf dieser Schneise zwischen Recht und Unrecht. Das mag zwar inzwischen ein recht abgegriffenes Thema sein, allerdings noch immer ein hochaktuelles. Der Stil von ‚Die Bestie’ ist flüssig und angenehm zu lesen, fast ein wenig rasant, sodass man das nicht allzu lange Buch in kurzer Zeit durchgelesen hat. Auch als der Mörder schon längst tot ist und es nur noch darum geht zu entscheiden, ob er für lange Zeit ins Gefängnis muss oder freigelassen wird, verliert die Geschichte nicht an Tempo. Sie passt sich dem Umfeld an, wird rau und vulgär, wenn man sich hinter den Mauern des Gefängnisses befindet, wird spielerisch, wenn Marie mit ihrem Vater und ihrem besten Freund im Garten herumtollt. Fazit: Alles in allem ein brilliantes Buch, das geschickt unter die Haut geht. Dem Klappentext hätte es nicht geschadet etwas weniger vom Inhalt zu verraten, aber schlussendlich schafft es der Inhalt von ‚Die Bestie’ trotzdem zu fesseln.
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