Cover des Buches Blut will Blut (ISBN: 9783492500074)
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Rezension zu Blut will Blut von André Kussmaul

Fesselnd von Anfang bis zum Schluss. Absolut genial und packend, aber leider auch recht knapp.

von Floh vor 7 Jahren

Kurzmeinung: Fesselnd von Anfang bis zum Schluss. Absolut genial und packend, aber leider auch mit knapp 250 Seiten viel zu kurz. Seufz*

Rezension

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Flohvor 7 Jahren
Schauplatz Berlin. Bei einem Thriller, der in meiner Lieblingsmetropole handelt, kann ich kaum dran vorbei gehen. Der Thrillerautor André Kussmaul hat mich mit seinem verheißungsvollen Klapptext und dem schleierhaft wirkendem Cover schnell für seinen neuen Spannungsroman „Blut will Blut“ gewonnen. Eine ganz besondere Herausforderung für mich war die doch recht überschaubare Seitenzahl für einen guten und ausgefeilten Thriller mit nur knapp 250 Seiten. Wird es dem Autor gelingen, auf so wenig Papier (jedem Baum und Naturschützer wird es freuen…) einen kompletten und zufriedenstellenden, umfangreichen Thriller zum Besten zu geben?
Erschienen im Piper Verlag (https://www.piper.de/)


Zum Inhalt (Klapptext):
"Es ist eisig kalt und der erste Schnee bedeckt den Boden im Berliner Tiergarten. Hannah bemerkt die Leiche zunächst gar nicht, doch als sie sie entdeckt, durchzuckt sie ein Schauer: Der Tote ist ein alter Bekannter, mit dem sie eine schreckliche Tat verbindet. Nur wenige Augenblicke später ist der leblose Körper aus dem Park verschwunden. Hat sich Hannah geirrt oder spielt jemand ein perfides Spiel mit ihr? All die Jahre fühlte sie sich mitschuldig, denn sie ist überzeugt, dass sie das abscheuliche Verbrechen hätte verhindern können. Die Schuld lässt sie nicht los und schon bald holt sie das Grauen der Vergangenheit ein… ."

Handlung / darauf darf sich der Leser freuen:
Ein traumatisches Ereignis in der Vergangenheit; ein Geheimnis, was die vier Freundinnen mit sich tragen und daran zu zerbrechen drohen. Aus vier Perspektiven (Hannah, Inga, Sofia und Laura) erzählt erlebt der Leser hautnah, wie die Vergangenheit mit einer Eigendynamik beginnt das Leben der vier Freundinnen zu bestimmen und ein anderes Leben schier unmöglich macht…

20 Jahre nach dem Vorfall aus der frühen Jugend: Hannah ist inzwischen forensische Psychologin und als Leser vermutet man schnell, dass sie durch ihren Beruf versucht, ihre eigene Vergangenheit zu verarbeiten und zu bewältigen. Alkohol und Drogen sind ihre täglichen Begleiter, um ein fast normales Leben und Alltag überhaupt führen zu können und sich täglich aufzuraffen. Ihr Leben bekommt eine Wendung, als sie eines im Berliner Tiergarten eine Leiche im Schnee entdeckt. Bilder zucken auf, Flashbacks, böse Erinnerungen, Schuldgefühle und ein längst vergangenes Geheimnis… Doch ehe Hannah wirklich realisieren kann, wen sie dort liegen sah, ist der leblose Körper auch schon verschwunden… Die Selbstzweifel beginnen Hannah aufzufressen, keiner will ihr glauben und es scheint noch nicht einmal aussagekräftige Spuren am Fundort der Leiche zu geben. Ein Hirngespinst? Die Ereignisse von vor über zwanzig Jahren beginnen sie einzuholen und sind präsenter denn je. Hannah war mit ihren drei Freundinnen Inga, Sofia und Laura in eine schlimme Geschichte verwickelt, die keine von den Freundinnen mehr seitdem loslässt. Doch innerhalb kürzester Zeit passiert ein schlimmes Ereignis nach dem nächsten und Hannah wird auf einmal als Verdächtige in einem Mordfall festgenommen....

Schreibstil:
Der begeisternde Thrillerautor André Kussmaul veröffentlicht mit „Blut will Blut“ einem Thriller hinter den Kulissen Berlins und bietet eine zermürbende Handlung, die die Abgründe der menschlichen Seele nach und nach an die Oberfläche holt. Um das ganze Grauen der Vergangenheit und der Gegenwart plastisch abzubilden und den Leser mit jeder Faser des Schreckens und der Qual mit ins Gefecht zu ziehen, nutzt er einen interessanten Perspektivenwechsel. Wir erhalten somit Einblicke aus jeweiliger Situation der vier Freundinnen von einst, wobei die forensische Psychologin Hannah als Hauptprotagonistin agiert. Dieser Thriller muss auf wenigen Seiten alles bieten, was ein Thriller-Leser sich bei einem guten und spannenden Buch wünscht. Dazu nutzt der talentierte Autor unterschiedliche Stilmittel und überrascht mit dem ein oder anderen unerwarteten Schachzug in der Umsetzung seines Plots. Beinahe ein Kurzthriller, und bewegt sich damit auf gewagtes Gebiet. Kein einfaches Los für einen Schriftsteller auf wenig Papier all das zu bieten, was sich Leser wünschen. Herr Kussmaul hat dafür lobend genau das richtige Stilmittel in der Umsetzung gefunden. Perfekt. Der Autor André Kussmaul war mir bis Dato völlig unbekannt, aber das wird sich für mich mit diesem Buch geändert haben und ich fiebere einer möglichen Fortsetzung entgegen. Denn André Kussmaul behält sich ein Hintertürchen offen, indem er (noch) nicht alle Fragen beantwortet und (noch) nicht alle Fäden verknüpft. André Kussmaul hat eine ganz besondere Art, für Nervenkitzel zu sorgen, er schafft es gleich zu Beginn mit einer angespannten Stimmung den Leser an die Seiten zu fesseln. Er sorgt für eine Aura, die vor Elektrizität und Hochspannung nur so knistert. Sehr gut, genau dass, was ein Thriller-Liebhaber in guten und mitreißenden Thrillern finden und erleben möchte. Regelrecht routiniert versetzt er den Leser in Unglaube und Entsetzen und bietet psychologische Akzente, die den Leser um den Verstand bringen werden. Erschreckende Einsichten in eine gestörte und von Wahn besessene Seele auf der Suche nach Antworten und dem Warum?! Autor A. Kussmaul versteht sein Genre (Psycho-) Thriller, hier kristallisiert sich schriftstellerisch eindeutig seine große Leidenschaft für Nervenkitzel heraus. Der Autor besitzt einen sehr durchdringenden Schreibstil mit psychologischen Noten. Sein Wiedererkennungswert ist hier zweifellos der gnadenlose und direkte Ton und die psychologischen Aspekte in die Seele der Gestörten und Mörders zu blicken.



Charaktere:
Der Autor beschreibt hier wunderbar fesselnd und eindringlich, wie sehr das scheinbar geregelte und alltägliche, augenscheinlich friedliche Leben aus den Angeln gerät und ein einziger Tag einen ganzen Menschen in den Wahnsinn treiben kann... Ein besonderes Lob geht an die besondere und eindringliche Zusammenstellung der Protagonisten aus Haupt- und Nebenrollen und wichtigen Schlüsselrollen, sowie die Blickwinkel auf die vier Freundinnen.
Hier gibt es eine ausgefeilte und mit Potential besetzte Mischung grandioser Protagonisten, die mit besonderen Charakterstudien und fesselnden Psychogrammen aufwarten können. Im zerrütteten Seelenleben der Charaktere liegt der Kern dieses Thrillers. Bewegend, schockierend, überraschend, provozierend und ein bisschen morbide…
Hannah hat eine bewegte Vergangenheit, die sie mit ihren damaligen Freundinnen teilt. Um das traumatische Ereignis aus der frühen Jugend zu bewältigen und hinter sich zu lassen, wählt Hannah den Beruf der forensischen Psychologin. Damit erfüllt sie ein typisches Klischee, der zerrütteten Seele und der sich in Alkohol und anderen betäubenden Mitteln suchende psychisch angeschlagene Person, die niemals die Chance hatte, das Erlebte zu verarbeiten. Doch auch ihr Weg als Psychologin ist ihr da keine große Hilfe. Schlimmer noch: Hannah sieht eines Wintertages eine Leiche im ruhigen und beinahe seelenlosen Berliner Tiergartens. Ein Wahnhinweis ihrer traumatisierten Psyche? Ein Alarm? Ein Hirngespinst? Ein Trugbild? Oder weiß jemand, was vor knapp 20 Jahren geschehen ist und spielt den jungen Frauen nun einen üblen Streich? Die Vorfälle mehren sich und schnell fällt der Mordverdacht auf Hannah, die Wahn und Wirklichkeit scheinbar nicht mehr voneinander trennen kann und sich immer weiter in Aussagen verzettelt und verstrickt…. Bis ein absolut unvorhersehbares Bild des Grauen und der psychischen Abgründe Gestalt annimmt und den Leser verblüffen wird…
WOW. Erschütternd, gnadenlos und gut inszeniert. Aber auch ganz besonders intensiv stellt der Autor die Denkmuster des Grauen und des eigentlichen Stars des Thrillers hier vor. Tiefe Einblicke in die schlimmsten Gedanken. Krass und schonungslos.
Viel Geschick und Können beweist der Autor A. Kussmaul bei der Darstellung seiner zunächst überschaubar anmutenden Anzahl der Charaktere, die jedoch ein weites Netz flechten und ungeahntes Ausmaß annehmen. Das Böse bekommt ein Gesicht und eine Struktur. Der Autor André Kussmaul bietet eine ausgefeilte Zusammenstellung an Rollen und Nebenrollen in seinem Buch. Ein gelungener Thriller, der unvergessen bleibt und noch lange einen Schauer bereitet, gerade durch diese sehr nahen und intensiven Protagonisten, die auf so wenigen Seiten alles bieten müssen, was sich ein Leser für Nervenkitzel und Gänsehaut im Buch erhofft und wünscht. Der Opfer-Täter-Status ist zwar augenscheinlich zunächst klar definiert und kristallisiert sich hier rasch heraus, könnte aber auch ein Mittel sein, um die Leserschaft auf sicheren Terrain zu wiegen, um ihn dann erneut im Showdown nochmals zu überraschen… die Spannung bleibt bis zum Schluss. Versprochen!

Meinung:
Das ganz besondere an diesem Thriller ist, dass er mich durch den gelungenen Perspektivenwechsel die Blickwinkel beider Seiten erahnen und vielleicht sogar nachvollziehen lässt. Pluspunkt für diese Umsetzung und das Spiel mit dem Grauen! Zudem finde ich die dargestellten Charaktere in den vier Erzählperspektiven mit seinen parallel laufenden Handlungssträngen sehr interessant, intelligent und komplex. Die Einblicke in die Gefühlswelten, der Ängste, der Verdrängung, der Schuld, der schieren Panik und den immer wieder kehrenden Erinnerungen an die Jugend… finde ich äußerst komplex und von Können und sensationeller Authentizität, psychologischer Aspekte und Recherche geprägt. Der spannungsgeladene Hintergrund im Buch, mit seinen Handlungen und Denkmustern lassen den Leser vor Gänsehaut erschauern. Brrrr… Das ist spannend, schockierend und fesselnd. Mir gefällt zudem der sachliche und sprachlich geschickte Wortlaut des Autors in der Art, wie er dem Leser unter die Haut kriecht und die Nervenenden des Lesers reizt. Er glänzt mit Intelligenz, Wissen, Erlebtem und Vielseitigkeit. Sprachlos. Zudem lobe ich den eindringlichen Ton des Autors und das Gespür für stimmige und authentische Dialoge mit etwas Ironie und Sarkasmus. Das gehört einfach zu einem guten Thriller dazu, um kleine Ruheoasen für den Leser zu schaffen. Ein Thriller-Leseerlebnis, wie ich es gern habe. Ein Thriller, der jedoch sehr konzentriert ist und einen Extrakt aus den besten Thriller-Stilelementen bietet, die man sich wünscht, dadurch aber auch sehr komprimiert und reduziert erscheint. Dem Buch hätte ich gut und gern 100 oder 150 Seiten mehr gegönnt, um ein längeres Leseevent zu ermöglichen und auch hie und da etwas mehr ins Detail und in die Nebenhandlungen zu gehen. Dafür bleibt hier nämlich eher weniger Platz. Denn auf knapp 250 Spannungsseiten muss eben das Wesentliche und der Kern ersichtlich sein. Vom Schnickschnack und schmückendem Drumherum muss man sich hier leider verabschieden.

Cover:
Dieses Cover ist einfach sensationell. Ein trüber Tag, altes gefallenes Laub, eine Ruhe und das Verderben eines grausigen Tages…. WOW. Das Cover, nebst ansprechendem Klapptext, zog sofort meine Blicke an. Es lädt zu Assoziationen ein, die sich gewiss im Inhalt wiederfinden. Es weckt Neugier und wirft Fragen auf. Das Buch liegt sehr leicht in der Hand und bietet ein offenes und einladendes Schriftbild. Viel zu schnell ist dieser grandiose Thriller gelesen….

Der Autor:
"André Kussmaul, geboren 1970 im Schwarzwald, ist Autor, Drehbuchschreiber und freier Synchronredakteur. Er studierte Kommunikationswissenschaften an der LMU München und lebt mittlerweile in Berlin. Für nationale wie internationale TV-Projekte ist er als Creative Producer und Dramaturg tätig. „Blut will Blut“ ist sein zweiter Spannungsroman – bei Bastei Lübbe hat er unter dem Pseudonym Alexander Odin bereits „Pandämonium“ veröffentlicht."

Fazit:
Psychologisch ausgefeilt und hammergenial! Mit Rasanz, Logik und sehr schlau und komplex. Auf leider zu wenigen Seiten von rund 250 an der Zahl, bietet der Autor ein richtiges Thriller-Highlight, was jedoch aufgrund der Kürze sehr viele Möglichkeiten und Potential verschenkt. Das Ende könnte als vage offen bezeichnet werden und ich hoffe mir nur eins: dass dieser grausame Ritt in die menschliche Psyche und Gräuel fortgesetzt wird! Bei knapp 250 Seiten dürfte man von einem Kurzthriller reden, das muss man akzeptieren und mögen. Für mich stellt sich in Anbetracht des schmalen Buches der Buchpreis von knapp 13 Euro doch ungewöhnlich hoch dar…. Eine Buchausgabe, die sich jedoch auch absolut lohnt. Ganz nach dem Motto: „Bücher rechnen sich nicht, aber sie zahlen sich aus…“. 4 Sterne von mir für „Blut will Blut“. Lieber Herr Kussmaul, bitte verwöhnen Sie Ihre neugierigen Leser schon bald mit einer Fortsetzung von diesem packenden Werk!

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