Andrés Barba

 4,3 Sterne bei 13 Bewertungen
Autor*in von Die leuchtende Republik, Katias Schwester und weiteren Büchern.

Lebenslauf

Andrés Barba, 1975 in Madrid geboren, ist einer der wichtigsten zeitgenössischen Schriftsteller Spaniens. Sein Werk ist mehrfach preisgekrönt: Für den Roman »Die leuchtende Republik« erhielt er den renommierten Premio Herralde de Novela. »Der letzte Tag des vorigen Lebens« wurde mit dem Premio Finestres de Narrativa ausgezeichnet. Andrés Barba hat Autoren wie Herman Melville, Henry James, Joseph Conrad und Thomas De Quincey übersetzt. Er lebt in Argentinien.

Quelle: Verlag / vlb

Alle Bücher von Andrés Barba

Cover des Buches Die leuchtende Republik (ISBN: 9783630875996)

Die leuchtende Republik

(11)
Erschienen am 14.09.2022
Cover des Buches Katias Schwester (ISBN: 9783888973390)

Katias Schwester

(2)
Erschienen am 06.09.2003
Cover des Buches Der letzte Tag des vorigen Lebens (ISBN: 9783442775521)

Der letzte Tag des vorigen Lebens

(0)
Erscheint am 13.08.2025
Cover des Buches Such Small Hands (ISBN: 9781846276439)

Such Small Hands

(0)
Erschienen am 03.08.2017

Neue Rezensionen zu Andrés Barba

Cover des Buches Die leuchtende Republik (ISBN: 9783630875996)
Christian1977s avatar

Rezension zu "Die leuchtende Republik" von Andrés Barba

Christian1977
Die Angt vor dem Fremden

"Die leuchtende Republik" des in Argentinien lebenden Spaniers Andrés Barba, in der deutschen Übersetzung von Susanne Lange bei Luchterhand erschienen, ist ein zutiefst seltsamer und ungewöhnlicher Roman. 

Das Buch spielt in der fiktiven südamerikanischen Kleinstadt San Cristóbal, wo sich im Oktober 1994 plötzlich eine ganze Reihe von offenbar obdachlosen fremden Kindern einfindet. Die Kinder kommunizieren in einer rätselhaften Sprache miteinander und fallen zunächst durch Betteleien auf, was von den Bewohner:innen San Cristóbals mehr oder weniger akzeptiert wird. Ein Wendepunkt ist ein Überfall der Kinder auf einen örtlichen Supermarkt, in dessen Folge sogar zwei Menschen ums Leben kommen. Als nach und nach einige der einheimischen Kinder verschwinden, um sich den Fremden anzuschließen, eskaliert die Situation und führt schließlich - so viel verrät der Roman gleich zu Beginn - zu 32 toten Kindern.

Erzählt wird das Ganze aus der Perspektive des damaligen Leiters der Sozialbehörde und mit einem Abstand von 22 Jahren. Womit wir neben dem merkwürdigen Inhalt bei einer weiteren Sonderbarkeit wären. Denn dieser namenlose Ich-Erzähler berichtet über die damaligen Vorfälle einerseits fast protokollarisch und bezieht haarklein Datumsangaben über Krisensitzungen, TV-Dokus, später veröffentlichte Tagebücher etc. in höchst sachlicher Form mit ein - nur um andererseits immer wieder emotional aus dieser Form auszubrechen und zutiefst philosophische Fragen zu stellen. Einen emotionalen Zugang findet man zu ihm jedoch nicht, soll man wahrscheinlich auch gar nicht. Und dennoch wird man wie er immer wieder überwältigt - von der Gewalt der Kinder, aber auch von deren Kreativität, die auch bei der Namensfindung des Romans eine immense Rolle spielt, ohne darüber zu viel verraten zu wollen.

Wahrscheinlich gibt es zahlreiche Interpretationansätze für die Geschichte. Ich persönlich habe es einerseits als eine Art Parabel in Romanform begriffen, die sich mit der Angst vor dem Fremden an sich beschäftigt. Die fremden Kinder gleichen denen der Einheimischen in keinster Weise. Sie werden als auffallend schmutzig beschrieben, andererseits strahlen sie etwas ungemein Würdehaftes aus. Hinzu kommt die seltsame Sprache, die übrigens von einem einheimischen Mädchen entschlüsselt wird. Auf der anderen Seite stellt der Roman wichtige philosophische Fragen wie beispielsweise "Wie definieren wir eigentlich Zivilisation?" oder "Wie verhält sich eine zivilisierte Gesellschaft?" Denn die Erwachsenen in San Cristóbal verhalten sich alles andere als zivilisiert und verursachen mit ihrem schlimmen Verhalten letztlich den tragischen Ausgang dieser Geschichte.

Ich habe "Die leuchtende Republik" im eigentlichen Sinne zwar nicht gern, sondern mit einem gewissem Unbehagen gelesen, aber auch mit einer seltsamen Faszination - für die Kinder, aber auch für die Erzählweise. Insgesamt ist Andrés Barbas Roman keine leichte Kost, die trotz der knappen 220 Seiten eine Fülle an wichtigen Fragen behandelt.

Cover des Buches Die leuchtende Republik (ISBN: 9783630875996)
Gwhynwhyfars avatar

Rezension zu "Die leuchtende Republik" von Andrés Barba

Gwhynwhyfar
Eines Tages tauchen 32 obdachlose Kinder in der Stadt auf, die eine unverständliche, unbekannte Sprache sprechen.

«Vogelgezwitscher, fast ununterscheidbar, wie dieses Summen tief im Urwald.»


Dieser Roman ist als Reportage angelegt. 1995 in San Cristóbal (fiktiv) am Rande des Regenwalds in Südamerika: Eines Tages tauchen 32 obdachlose Kinder in der Stadt auf, die eine unverständliche, unbekannte Sprache sprechen, eine Sprache wie Vogelgezwitscher. Sie sind ziemlich verwildert, benehmen sich auch so, tollen in kleinen Gruppen durch die Straßen, treiben Schabernack. Sie verschwinden immer wieder zurück in den Wald. Anfangs stört sich niemand daran, auch nicht an den kleinen Diebstählen. Gleichzeitig sind die Kinder der Stadt fasziniert von den Wilden, fühlen sich magisch angezogen. Doch die Kinder werden immer dreister, sie bedrängen eine alte Frau, entreißen ihr die Einkaufstüten und die Handtasche. Sie stehlen auch im Supermarkt. Nun spaltet sich die Meinung der Bürger über die Kinder, die immer unverschämter werden. Die eine Seite ist empört – die andere meint, es seien doch nur Kinder, die niemanden haben. Es gibt Gerüchte, wo sie herkommen mögen – vielleicht entwischte Entführungsopfer?


«Viele der Kinder sammeln sich am Eingang, andere fangen zu weinen an, und manche bücken sich und betrachten aus einigen Metern Abstand ihre Opfer, wie betäubt von dem, was sie da gerade getan haben. Überraschend ist die Dauer des Überfalls, die Plumpheit und was sich simultan für unterschiedliche Dinge abspielen; fast zehn Minuten lang kommen Leute herein, gehen hinaus und wieder hinein, als würde nichts geschehen. Eine Frau nutzt die Gelegenheit und lässt etwas mitgehen, was wie ein Haarfärbemittel aussieht, während auf der anderen Seite des Regals ein zehnjähriges Mädchen einem Erwachsenen gerade ein Messer in den Bauch rammt.»


Der Ich-Erzähler ist ein Sozialarbeiter der Stadt und er erinnert sich nach 15 Jahren an den Vorfall, nimmt Zeitungsartikel und das Tagebuch einer Jugendlichen der Stadt zuhilfe, die die Ereignisse gut dokumentiert hatte. Irgendwann kommt es zu einem dramatischen Ereignis in einem Supermarkt. Dies ist der Kipppunkt, denn ab diesem Zeitpunkt ist das Verständnis für die Kinder seitens der Bürger verloschen. Nun wird Jagd auf die Kinder gemacht. Andrés Barba stellt durch den Icherzähler philosophische Fragen während des Schreibprozesses. Er stellt in Frage, was die Wahrheit ist, von der behauptet wird, sie ist es. Wahrheit ist das, worauf sich das Kollektiv der Gesellschaft zu einem Geschehnis einigt. Je nachdem, von welcher Seite man ein Ereignis betrachtet, um so mehr kann sich die Wahrheit verschieden, bis hin zu gegenüberliegenden Seite, zur Lüge. Die Wahrheit liegt oft in der Sicht des Betrachters. Wer sind hier die Täter und wer die Opfer? Andrés Barba stellt die Zivilisation in Frage: Was genau ist überhaupt wild und was zivilisiert – woran machen wir das fest? Auch hier wieder die Sicht des Betrachters. Ist unsere sogenannte zivilisierte Gesellschaft berechtigt, andere Gesellschaftsformen als unzivilisiert zu betrachten? Es ist eine dunkle dystopische Geschichte, ein Drama – aber ein leuchtendes Buch – eine leuchtende Republik! Ein feiner philosophischer Roman, den man keinem Genre zuschreiben kann; von allem ein bisschen: Dystopie, Fantasyroman, ein wenig Kriminalliteratur, denn es geschieht so einiges Kriminelles. Empfehlung!


Andrés Barba, 1975 in Madrid geboren, zählt zu den »zehn besten zeitgenössischen Schriftstellern Spaniens« (Granta’s). Sein Roman » Die leuchtende Republik« erscheint in 21 Sprachen und wurde mit dem renommierten Premio Herralde de Novela ausgezeichnet.

Cover des Buches Die leuchtende Republik (ISBN: 9783630875996)
thenights avatar

Rezension zu "Die leuchtende Republik" von Andrés Barba

thenight
Die leuchtende Republik

Dichter grüner Regenwald, tropische Trägheit: San Cristóbal ist eine verschlafene lateinamerikanische Provinzstadt, bis eines Tages wildfremde Kinder von der anderen Seite des schlammig-breiten Eré-Flusses dort einfallen und die Ruhe stören. Niemand kennt sie. Niemand weiß, woher sie kommen. Niemand versteht ihre Sprache. Sie haben Hunger, sie stehlen, sie jagen den Menschen Angst ein.

Die Bewohner von San Cristóbal stehen zunehmend unter Druck: Wie lange wollen sie dem Ganzen tatenlos zusehen? Wie unschuldig sind Kinder? Darf man Böses mit Bösem vergelten?

Ein Mitarbeiter der Sozialbehörde erzählt rückblickend von 32 Kinder, die vor 20 Jahren in San Cristóbal auftauchten. Niemand kennt diese Kinder oder weiß, woher sie kommen, niemand weiß, wohin sie in der Nacht verschwinden. Sie reden wenig und wenn dann in einer Sprache, die nur sie verstehen. Zuerst sind es nur wenige Kinder, die betteln und stehlen, dann werden es immer mehr. Und sie werden immer aggressiver. 

Vielleicht muss man die Kultur und die Lebensumstände in südamerikanischen Ländern und anderen Ländern, in denen Straßenkinder zum normalen Stadtbild zu gehören, verstehen, um das Verhalten der Erwachsenen diesen Kindern gegenüber begreifen zu können. Da tauchen kleine Kinder zwischen 9 und 13 Jahren, in der Stadt auf, die offensichtlich ohne Eltern sind, um die sich niemand kümmert und niemand reagiert. Ein halbherziger Versuch des Erzählers scheitert, weil er sich gegen ein überraschend gewalttätiges nicht behaupten kann.
Erst als Kinder aus wohlbehütetem Elternhaus verschwinden, mehren sich die Stimmen, die 32 Kinder zu suchen.

Aber worum geht es eigentlich wirklich in diesem Roman? 

Wenn ich ehrlich bin, ich weiß nicht, was der Autor Andrés Barba mir vermitteln will, denn dass er nicht einfach nur um eine Geschichte um der Geschichte willen erzählt, glaube ich nicht. Ich bin mir sicher, er hat eine Botschaft, nur welche hat sich mir nicht offenbart. Ich kann jetzt spekulieren, dass es um den Verlust der kindlichen Unschuld geht, um die Gleichgültigkeit der Erwachsenen Kindern gegenüber, wenn es nicht die eigenen sind. Oder geht es vielleicht darum, dass Kinder eher in der Lage sind gleichberechtigt und friedlich miteinander zu leben, als Erwachsene? Das letzte kann aber, wegen der Handlungen der Kinder nicht sein.

Ich hatte auch mit der Art und Weise, wie die Geschichte erzählt wird, meine Schwierigkeiten. Tagebuchartig erzählt der Mitarbeiter der Sozialbehörde von den Vorkommnissen. Erzählt er direkt von den Kindern, ist die Geschichte durchaus interessant, erzählt er von Dokumentation, Fernsehbeiträgen und ähnlichem verkehrt sich das leider ins Gegenteil. Wobei ich hier natürlich nur für mich sprechen kann, andere mögen die Art und Weise wie die Geschichte der 32 Kinder erzählt wird, lieben.
Die leuchtende Republik ist eines dieser Bücher, von denen ich hoffe, eines Tages mit jemandem sprechen zu können, der verstanden hat, was der Autor damit sagen will.



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