Rezension zu "Schatten" von Andras
Einen ganz kleinen Blick auf das Geschehen gibt die Kurzinfo hier auf der Buchseite. Meine persönliche Meinung:
Einen ganz kleinen Blick auf das Geschehen gibt die Kurzinfo hier auf der Buchseite. Meine persönliche Meinung:
Wien wird von einer Mordserie erschüttert: vermeintlich junge Frauen werden an ein Kreuz genagelt, gefoltert und sterben. Was man der Presse vorenthält: die Opfer sind minderjährig und die Todesursache bleibt nach der Obduktion unbekannt.
Nachdem die Medien entsprechenden Druck aufbauen, weiß man nur noch eine Lösung: die Rehablitierung von Markus Wolf.
Diesen hatte man vor zehn Jahren vom Polizeidienst suspendiert, weil er als Kommissar der Sitte eine unmoralische Erbschaft gemacht hatte: einen Sado-Maso-Club inklusive der erwirtschafteten Millionen.
Zunächst will Wolf ablehnen, doch die Verbindungen zu seinem Club lassen ihn nicht. So beginnt er zu ermitteln.
Als "Erotikthriller der besonderen Art" wird das Buch verkauft. Von einem Insider-Journalisten mit Pseudonym verfaßt.
Alles gut und schön. Bloß: es liegt auf der Hand, daß ein Thriller-Gerüst für die Selbstdarstellung der Sado-Maso-Szene herhalten muß. Denn die Allzeit-bereit-Stimmung des Buches ist überzogen, langweilig nervig nach 300 von 600 Seiten und läßt eher die Assoziation zu einem billigen Porno als zu einem Erotik-Thriller zu.
Der Täter ist relativ früh bekannt und "Andras" gibt sich nicht mal im geringsten die Mühe, eine Wendung oder einen Zweifel einzuflechten. Womit auch der Thriller-Gehalt futsch ist.
Fazit: viel heiße Luft um Sexpraktiken jenseits der Norm, die mich nur begrenzt interessiert haben und ein Thriller, der spannungslos zum Ende plätschert. Und wird eine 119jährige (!) Ururoma mit in die Handlung eingepflegt, sitzt man mit offenen Mund davor und sucht die Ernsthaftigkeit des Buches.
Ganz davon abgesehen, daß die Frage offen bleibt, weshalb die Romanfigur den Namen des DDR-Meister-Spions tragen muß.
Im verschneiten Wien wird bereits die dritte junge Frau gekreuzigt vorgefunden. Der nackte Körper ist übersät mit Striemen von einer Peitsche. Marcus Wolf, ehemaliger Polizist und durch eine Erbschaft vor acht Jahren Besitzer des bekanntesten SM-Clubs der Stadt wird in die Ermittlungen einbezogen. Alle Spuren führen zu seinem Edel-Bordell und er ist der einzige, der über die nötigen Kontakte zur Szene verfügt, um den Täter zu identifizieren. Doch Wolf plagen plötzlich Zweifel, ob alles, was er im „Dominion“ und mit seinen drei Subs tut so richtig ist. Was hat der Erbonkel zweien von ihnen angetan und welche Verbindungen hatte er, dass ein altes Video einer Kreuzigungssession im Internet auftauchen konnte und nun nachgestellt wird? Ein geplanter Rachefeldzug gegen Wolf oder Sadisten, die keine Grenzen kennen und mit einer unbekannten Substanz ihre Opfer willig machen? Doch viel Zeit für Nachforschungen bleibt nicht mehr, denn über das nächste Opfer wird bereits im Internet abgestimmt und in drei Tagen ist Deadline…
Der Roman fesselt. Gleich mit einem Tatort beginnend, wartet man darauf, dass dieser Strang der Geschichte weitererzählt wird. Doch die Verwicklungen führen in die Vergangenheit, erzählen ein bisschen von damals, vor acht Jahren, als Marcus Wolf noch Polizist war und keinen Kontakt zu seinem Onkel hatte. Bei der Sitte hat Wolf genügend Puffs von innen gesehen, doch das „Dominion“ ist etwas anderes: Ein BDSM-Schuppen, der zu den bekanntesten Wiens gehört.
Dass die ganze Story damit zu tun hat, mag kaum verwundern. Der Umfang jedoch schon – und alle großen und kleinen Geständnisse, die ans Licht kommen.
Andras, der Autor, erzählt sehr feinfühlig, wie es in der BDSM-Welt zugeht. Er beschreibt krasse Sexszenen, malt Sessions in blutigen Farben und irgendwo dazwischen findet sich auch mal Blümchensex unter Stinos. Sein Protagonist Marcus Wolf war auch mal so ein Stino, ein Stinknormaler eben, der mit Peitschen, Handschellen, Ball-Gags und Paddels nicht viel zu tun hatte. Er ist verheiratet mit einer seiner drei Subs und kein Dom aus Leidenschaft. Vielmehr kämpft er mit sich, muss sich teilweise dazu zwingen, Caro, Amber oder Jacqueline wehzutun. Doch nach all den Jahren hat er sich daran gewöhnt und muss feststellen, dass er Gefallen daran gefunden hat, seine Liebsten zu demütigen, ihnen wehzutun oder sie an andere auszuleihen. Was wie ein No-Go klingt, ist in der Szene üblich und gar nicht so verwerflich, wie es erscheint. Durch die Zweifel des Protagonisten an seinen neuen sexuellen Vorlieben, durch seine Angst, die Grenzen zu überschreiten, erfährt der Leser, der mit der Szene nicht viel zu tun hat, dass hinter BDSM keine skrupellose Gewalt steht, keine harten Kerle, die gerne Frauen dominieren, die sich nicht wehren können, sondern genau das Gegenteil: Dahinter stehen starke Frauen, die es kickt, wenn sie geschlagen werden und wehrlos gefesselt eine Nacht auf dem Fußboden verbringen müssen. Dahinter steckt viel Vertrauen und Zustimmung und noch etwas ganz Wichtiges: Liebe. Was Außenstehende nicht begreifen können, ist die gegenseitige Zuneigung und die Verantwortung, die der dominante, sadistisch veranlagte Top für den devoten und masochistischen Partner übernimmt – und dass jeder Bottom Mayday sagen und damit das Spiel sofort beenden kann. Andreas hat ein Tabuthema angesprochen und mit viel Sorgfalt aufgearbeitet.
Dass es auch anders geht, dass Grenzen überschritten werden und ein Save-word eben nicht berücksichtigt wird, ist der unschöne Teil der Geschichte und daraus resultieren die Morde, die ausgepeitschten jungen Frauen an den Kreuzen in Wien.
Manchmal ist es eklig, was beschrieben wird. Ich kann das Buch nicht an einem Nachmittag durchlesen und nur warnen, es kann verstören. Aber spannend ist es von der ersten bis zur letzten Seite und immer wieder für eine überraschende Wendung gut.
Fazit:
Eine gut durchdachte Story, die alles hat, was man erwartet: Viel Sex, ausreichend Crime und kleine Prisen Liebe und Romantik.
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Andreas – Schatten
592 Seiten
Heyne Hardcore 2008
9,95 €