„Einfach alle wollen nach Italien … Ich mache ihre Träume wahr und besonders einen: den Traum, sein Leben zu verändern, alles Schreckliche hinter sich zu lassen und in ein europäisches Land zu gehen, wo man gut leben kann.“ (Seite 182) so wird ein Schleuser zitiert und einer der afrikanischen Ausreisewilligen meint: „Europa, das heißt … große Häuser, SUVs, Taschen voller Geld, das man ganz leicht „macht“, Bier nach Herzenslust und Fleisch so viel man will.“ (Seite 126)
Soweit zu den Motivationen der Beteiligten in dieser außergewöhnlichen Arbeit von Di Nicola und Musumeci.
Ist das die ganze Wahrheit? Alles, was wir hören, handelt nur von mit Menschen vollgestopften Lastkähnen, die elend über das Mittelmeer fliehen und sich an die Möglichkeit, ein besseres Leben als das Leben in ihrem eigenen Land zu führen, klammern. Aber die Frage ist: wie viel wissen wir wirklich über das, was hinter dem Menschenhandel ist?
Nichts, würde ich sagen, nachdem ich dieses Buch gelesen habe. Die beiden Autoren haben in zwei Jahren Recherche in direktem Kontakt zu den Schleusern auf den unterschiedlichsten Stufen und in unterschiedlichen Länder, dieses Buch vorgelegt, in dem sie die Figuren selber sprechen lassen. Handelnde in einer Reiseveranstaltungs-Agentur mit Milliarden-Dollar-Umsätzen. Akteure im zweitprofitabelsten Markt nach den Drogen.
Wir lernen sie alle persönlich kennen: ihre Lebensläufe, ihre Beweggründe, ihre Routen, ihre Techniken, ihre Kompetenzen, ihre Handwerkszeuge. All die Vermittler, Skipper, Organisatoren, die Koordinatoren, die Investoren, die Gebietsmanager, ihr Dienst- und Hilfspersonal, alle, die sich ein unterschiedlich großes Stück aus diesem Milliardengeschäft sichern.
Wir lernen ihre unglaublich raffinierten, effektiven und gleichzeitig einfachen Methoden kennen, mit denen sie ihre Netzwerke aufbauen und sichern. „Es gibt keine Bosse, keine Strippenzieher. Wir sind viele, wir kennen und vertrauen uns. Jeder erledigt seine Aufgabe. Wir sind ein Netzwerk, in dem alle zusammen arbeiten.“ (Seite 112) Wir erfahren ihre Tricks, auch die legalen, ihre Tarife ihre Maßgeschneiderten Reisen. Wir lernen ihre Unterstützer kennen und auch ihre Gegenspieler die Staatsanwälte und Ermittler. Das Geschäft basiert auf Vertrauen und erfordert Kreativität, Gerissenheit und Anpassungsfähigkeit.
Dieses echt investigative Buch liest sich so faszinierend wie ein Abenteuerroman. Und es ist ein erster wichtiger Schritt, um das Phänomen der Migration als Ganzes zu verstehen. Es führt uns in das Herz der kriminellen Vereinigung. Eine parallele Welt, die niemand kennt
Es ist eine wahrhaftige und detaillierte Arbeit zwischen Fragen und Geschichten, die so denke ich, von allen gelesen werden sollte und zu einem Thema der Diskussion in den Schulen werden sollte.
Hier geht es direkt zum Buch auf der Seite des Kunstmann Verlages:
http://www.kunstmann.de/titel-0-0/bekenntnisse_eines_menschenhaendlers-1105/
Fragen Sie in Ihrer örtlichen Buchhandlung nach diesem Buch. Wenn Sie in meiner Gegend „Landkreis Merzig-Wadern“ leben, dann wenden Sie sich an die Rote Zora: http://www.rotezora.de