Cover des Buches Bunker (ISBN: 9783894015862)
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Rezension zu Bunker von Andrea Maria Schenkel

Rezension zu "Bunker" von Andrea Maria Schenkel

von rumble-bee vor 13 Jahren

Kurzmeinung: Ha! Gerade als Mängelexemplar auf einem Wühltisch ergattert. Und das, wo mir die dünnen Bücher von nautilus sowieso immer zu teuer sind...!

Rezension

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rumble-beevor 13 Jahren
Und ich dachte, der Tag würde nie kommen, an dem ich nur einen Stern verleihe. Denn ich glaube nicht nur an das Gute im Menschen, sondern auch an das Gute in Büchern! Doch nun ist dieser Tag gekommen. Ich habe absichtlich einen Tag nach der Lektüre verstreichen lassen, damit meine Enttäuschung sich nicht so unmittelbar in meinen Worten entlädt, und damit ein Mindestmaß an Sachlichkeit gewahrt bleiben kann. Doch viel wird es nicht sein, das sage ich euch gleich... Sicher, es ist für keinen Autor leicht, nach zwei Bestsellern und zahlreichen Preisen an seine Erfolge anzuknüpfen. Doch bei Frau Schenkel ist die Lage ja noch ein wenig anders. Sie war ursprünglich überhaupt keine Autorin, hat vorher nichts in dieser Richtung gemacht, war einfach Hausfrau - soweit ich weiß, sonst korrigiere man mich bitte. Hinzu kommt, dass ihre ersten beiden (!) Bücher auf wahren Fällen beruhten - sie konnte sich also die Mühe sparen, selbst einen Plot zu gestalten, und brauchte sich nur um die "Fiktionalisierung", um die Stimmen und den Tonfall, zu kümmern. Dass sie nun mit dem Erstellen eines kompletten Buches, auf sich allein gestellt, überfordert war, das zeigt "Bunker" nur allzu deutlich. Mein erster Kritikpunkt betrifft die Sprache. In den ersten beiden Fällen, den ersten beiden Büchern, fand ich sie noch angemessen. Kurze, lakonische Sätze, wenig Emotionales, wenig Beschreibendes. Doch das war ja auch der "mündlichen" Form und der dörflichen Atmosphäre geschuldet. In "Kalteis" hatten wir es ja zudem mit einer Art Protokoll mit einem Verbrecher zu tun. Doch hier... Ich kann einfach keine stilistisch angemessene Weiterentwicklung von Frau Schenkels Sprache feststellen. Keine Sprache, die der Handlung und der emotionalen Verfassung der beiden Personen angemessen wäre, ihnen wirklich entsprechen würde. Was soll ich nur mit solchen Sätzen? "Er nahm die Milch. nahm ein Glas. Schüttete die Milch ein. Stellte das Glas auf den Tisch." (Ich garantiere nicht für die wortwörtliche Richtigkeit der Sätze - das waren Beispiele.) Zudem ist Stimmung und Tonfall bei beiden handelnden Personen, Opfer und Täter, für mich vollkommen gleich. Beides der typische Schenkel-Ton, keiner erhält wirklich eine Persönlichkeit. Und manche Sätze wiederholen sich fast wörtlich - "Ich werde verrrückt! ich muss hier raus!" Das war an Einfallslosigkeit und Platitüde schon nicht mehr zu unterbieten. Den Wechsel zwischen den Perspektiven von Entführungsopfer und Täter, auch unterstützt durch verschiedene Drucktypen, fand ich als Einfall noch recht gelungen. Doch dass sie auch noch die Chronologie und Logik dabei völlig durcheinander würfelt, das hat mich beim Lesen einfach angestrengt, und es hat auch nicht zur Glaubwürdigkeit der Handlung beigetragen. Das Buch beginnt nämlich mit einer Szene, die man erst im Nachhinein richtig einordnen kann - sie kommt eigentlich erst kurz vor Schluss. Auch die Vorgeschichte des Überfalls auf diese Verkäuferin wird irgendwie planlos mitten in das Buch eingebaut - indem nämlich der Täter immer wieder zurück denkt an die Zeit, als er sie heimlich beobachtete - er ist offenbar ein Stalker. Vollends verwirrt haben mich dann die Abschnitte, die in einer weiteren, dritten, verschiedenen Schriftart gesetzt waren - sie handeln offenbar von der Bergung eines Opfers durch eine Ambulanz, und von der anschließenden Behandlung im Krankenhaus. Hier fehlte mir vollkommen die logische Erklärung - wie kam die Ambulanz in den Wald? Wer hat sie gerufen?? Nichts wird erklärt, das Buch geht einfach zu Ende, einfach so. Sehr, sehr merkwürdig. Und als wäre all das noch nicht genug, hat die Handlung meiner Ansicht nach auch noch haarsträubende logische Lücken, sowohl in der Charakterisierung, als auch im Ablauf. Der vollkommen überraschend auftauchende Krankenwagen ist da nur ein Beispiel. (Vorsicht, ich werde in diesem Abschnitt ein wenig spoilern müssen! Ansonsten bitte erst im nächsten Abschnitt weiterlesen!) Und welches Entführungsopfer, bitteschön, läuft denn freiwillig (!!) zu der Hütte zurück, in der es fast wahnsinnig wurde, nachdem ihm überraschend die Flucht glückte?? An dieser Stelle wurde ich beinahe wütend. Und dann auch noch ein zweites Mal!! Sie könnte fliehen, aber nein, sie schaut lieber, was der Täter da hinter der Hütte grillt. Unglaublich!! Sie verbrennt sich am Lagerfeuer - ob absichtlich oder nicht, wird mir nicht klar. Der Täter besorgt ihr daraufhin Drogen, um die Schmerzen zu lindern. obwohl sie also ständig "high" sein müsste, kommt sie auf einmal auf den genialen Plan. ihren Chef in den Wald zu locken - worauf der Täter auch noch eingeht!! Doch er war doch gar nicht an Geld interessiert....?? ja was denn nun?? Der Schluss ist mir erst recht nicht klar. Offenbar ist es dem Opfer gelungen, den Täter in den Bunker zu locken. Ja, und warum sitzt sie dann noch in aller Seelenruhe da, als der sich schließlich (in einer völlig halsbrecherischen Aktion) befreien kann?? Fragen über Fragen, die das Buch in keinster Weise beantwortet. Ansätze zu einer spannenden Handlung sind zwar da - aber man kann geradezu riechen, wie das Projekt der Autorin entglitten ist. Ein Stalker, der eine junge Frau entführt. Der sie genau dort verbirgt, wo auch er als Junge mit seiner Familie gelitten hat. Aha. Und das Opfer selbst ist auch nicht ganz unschuldig - in ihrer Vergangenheit gibt es einen dunklen Fleck, einen mysteriösen Todesfall in der Familie. Ja, aber genau dieses Potenzial wird nicht genutzt! Es wird alles nur angedeutet, aber in die eigentliche Handlung nicht eingebaut! Und das ist ungemein schade. Ich kann wirklich nur sagen, dass ich heilfroh bin, dieses Buch günstig als Mängelexemplar auf einem Wühltisch ergattert zu haben. Denn für dieses planlose, dünne Büchlein, das sich in zwei Stunden mühelos lesen lässt, auch noch 12 oder 13 Euro zu verlangen, grenzt für mich an Unverschämtheit. Schade, Frau Schenkel. Vielleicht versuchen Sie sich demnächst lieber gleich an Kurzgeschichten?
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