Wie haben Sie sich gefühlt, als Sie erfuhren, dass Sie für Ihr Manuskript "Parkour - Nur die Wahrheit ist unbezwingbar" mit dem Goldenen Pick ausgezeichnet wurden?
An dem Tag der Jurysitzung habe ich das Telefon kaum aus den Augen gelassen. Als dann ein Anruf mit Hamburger Nummer kam und mir die Programmleiterin von Chicken House sagte, ich solle mich erst mal setzen, ahnte ich natürlich, was jetzt kommen würde. Ich werde in aufregenden Situationen oft sehr still und habe daher vermutlich nicht viel gesagt. Dann fragte sie mich: „Möchten Sie Ihr Manuskript bei uns als Buch veröffentlichen?“ Natürlich wollte ich! Anschließend stellte sie das Telefon auf laut und ich hörte die anderen Mitglieder der Jury im Hintergrund. Das war sehr bewegend! In den beiden darauffolgenden Nächten habe ich kaum ein Auge zugetan, weil ich diese Eindrücke verarbeiten musste. Erst nach und nach wurde mir klar, was es bedeutet, den Preis gewonnen zu haben.
Der Protagonist Ihrer Geschichte, Leo, ist ein Parkour-Läufer, der alle Hindernisse überwindet und keine räumlichen Grenzen wie z.B. Gebäude oder Mauern akzeptiert. Ist Schreiben ein bisschen wie Parkour laufen? Welche Hindernisse mussten Sie dabei überwinden?
Ja, Hindernisse gab es einige auf meinem Weg, aber Laufen hat mit Geschwindigkeit zu tun und schnell war ich nicht. Für diesen ersten Roman habe ich fast fünf Jahre gebraucht. Nach einem Jahr hatte ich 130 Seiten geschrieben, die ich anschließend komplett verwarf. Es fehlte einfach der rote Faden. Danach wusste ich immerhin genau, was ich erzählen wollte und ich kannte die wichtigsten Personen schon ganz gut. Die größte Schwierigkeit bestand darin, die Zeit zum Schreiben zu finden. Ich habe oft nachts oder am Wochenende in den frühen Morgenstunden geschrieben.
Ihr Buch spielt im Hier und Jetzt mit seinen sehr realen Problemen, in das immer wieder
fantastische Elemente einbrechen. Welche Rolle spielt dieser magische Aspekt für Sie?
Mein Ziel war es, eine mythische Geschichte in unserer realen Welt zu erzählen. Dabei spielen die magischen Aspekte eine zentrale Rolle. Schon bevor die Handlung einsetzt, lernt der Leser die rätselhafte Prophezeiung kennen, später kommen Hinweise hinzu, dass Leos Mutter über besondere Fähigkeiten verfügt. Gleichzeitig wird auch immer über ganz reale Hintergründe berichtet, beispielsweise über die Geschichte des verwunschenen Waldes oder das Naturverständnis der Kelten. Und die fantastischen Elemente brechen nicht nur von außen ein, sondern werden oft von innen heraus als Träume oder traumähnliche Momente erlebt. Insgesamt habe ich versucht eine eigene Welt abseits der vermeintlich bekannten Realität zu schaffen, die aber in sich logisch sein sollte. Leo zweifelt an dieser magischen Welt, denn er ist viel zu rational veranlagt, um sich auf solche Dinge einzulassen. Dahinter steckt auch die Frage, ob es eine objektive Realität gibt oder ob Realität vielleicht eine Frage des Bewusstseins, der Wahrnehmung oder des eigenen
Standpunktes ist.
Schauplatz der Geschichte ist unter anderem ein mystischer Wald, den man beim Lesen
förmlichen riechen kann – und der von der Abholzung bedroht ist. War es Ihnen als Biologin wichtig, mit Ihrem Buch auch eine ökologische „Botschaft“ zu vermitteln?
Wenn der Eindruck entsteht, man könne den Wald beim Lesen förmlich riechen, dann ist das für mich eine große Bestätigung. Ich wollte so schreiben, dass man „mitläuft“, wenn Leo dort unterwegs ist. Dadurch sollte dieser Wald für den Leser real werden. Außerdem ging es mir um das Gefühl mit der Natur verbunden zu sein. Leo wehrt sich dagegen. Naturverbundenheit ist ja auch nicht unbedingt ein Thema, mit dem Jugendliche sich primär beschäftigen. Aber nur wer dieses Gefühl kennt, kann sich für den Schutz der Natur einsetzen und ihre heilende Kraft erfahren. Darum war mir dieses Leitmotiv wichtig.
Was ist das Spannendste für Sie bei der Veröffentlichung Ihres ersten Buches?
Ich fiebere dem Moment entgegen, in dem ich mein Buch in den Händen halte. Außerdem bin ich natürlich sehr gespannt auf die ersten Reaktionen.