Cover des Buches Im Land der Regenbogenschlange (ISBN: 9783499253171)
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Rezension zu Im Land der Regenbogenschlange von Andreas Altmann

Rezension zu "Im Land der Regenbogenschlange" von Andreas Altmann

von anushka vor 14 Jahren

Rezension

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anushkavor 14 Jahren
Einblicke in die Geschichte und die Mentalität eines Kontinents Andreas Altmann macht sich von Deutschland aus via Sydney auf den Weg durch Australien. Dabei ist er drei Monate fast ständig unterwegs: per Anhalter, Bus, Bahn oder Flugzeug. Unterwegs trifft er viele Menschen und kann sie für bereichernde Gespräche gewinnen. Auffällig häufig sind es Australier erster Generation, also solche Menschen, die im Verlauf ihres eigenen Lebens aus einem anderen Land nach Australien eingewandert sind. Und laut ihren Erzählungen scheint Australien auch wesentlich offener gegenüber Flüchtlingen des zweiten Weltkriegs gewesen zu sein. Aber Altmanns Berichte erzählen auch von einem intoleranten Australien und einer sehr gewalttätigen Geschichte gegenüber den Ureinwohnern. Altmanns Buch dient also keineswegs dazu, sich ein verklärtes und romantisiertes Bild dieses riesigen Landes aufzubauen. Im Gegenteil, häufig ist Altmann in (Zitat) "Kuhdörfern" unterwegs, die weder Unterhaltung noch manchmal eine ordentliche Unterkunft zu bieten haben. Die Trostlosigkeit in diesen verwaisten Orten macht der Autor fast greifbar. Und er bringt einem Episoden nahe, die man im eigenen Urlaub wohl nur sehr selten erleben wird. Und genau dies macht Altmann dem Leser (?)/anderen Reisenden zum Vorwurf. Oder den Menschen insgesamt. Er verdammt den Massendrang und die Durchschnittlichkeit und verkennt dabei, dass es Individualismus nur geben kann, wenn es auch eine breite Masse gibt, von der man sich abhebt. Er moralisiert: die Menschen sollten für sich selbst denken (sicher ein wunderbares Ziel, aber nicht jeder verfügt über die geistigen Kapazitäten) und sich nicht von der Konsumgesellschaft einlullen lassen. Für den Autor mag eine Busfahrt durch das australische Outback ein Highlight sein, für Ortsansässige hat es aber sicherlich längst seinen Reiz verloren und daher wenden sie sich von der Landschaft ab und dem Fernsehschirm zu. Altmanns Stil ist aber selten derart moralisierend, dass man das Buch weglegen möchte. Erfrischenderweise bezeichnet er sich selbst als Lästerer und das nimmt vielen Bemerkungen die Spitze. Teilweise ist er auch zynisch und ich konnte auch sehr lachen, wenn er - selbst in ernsten Angelegenheiten - absolute Absurditäten aufzeigen konnte. Überwiegend habe ich seinen Stil also sehr genossen. Altmann erzählt selten von sich selbst und dafür mehr die Geschichten seiner Begegnungen. Und er geht auch auf historische Anekdoten ein, ja, er sucht sie geradezu. Beispielsweise berichtet er nicht pauschal von der Besiedlung Australiens durch englische Sträflinge, sondern sucht sich Einzelschicksale heraus um beispielhaft zu skizzieren. Was mir den Autor noch viel sympathischer macht: ständig liest er irgendein Buch. Mich würde wirklich interessieren, wieviele er in seiner Zeit in Australien gelesen hat. Er folgt Empfehlungen, die er australischen Radiosendungen und Zeitungen entnommen hat. Und hat ihm eins gefallen, berichtet er in seinem Buch auch davon. Ein letzter Kritikpunkt sei noch erwähnt. Es drängt sich mir eine Frage penetrant auf: gehört zum richtigen Reisen und dem Schreiben von Reisebüchern eigentlich immer der Konsum von Drogen? Das ist mir bereits bei Helge Timmerbergs "In achtzig Tagen um die Welt" aufgefallen. Glücklicherweise thematisierte Altmann seinen eigenen Drogenkonsum weit weniger ausführlich. Und die Nebenwirkungen schienen bei ihm ja auch Reue ausgelöst zu haben. Als Fazit kann ich nur jedem, der sich für das Reisen und fremde Länder interessiert, dieses Buch empfehlen. Natürlich wird er keinen objektiven Abriss der größten Sehenswürdigkeiten erhalten, dafür kann man Reiseführer lesen. Für mich bleibt dieses Buch definitiv hängen, ich habe einiges dazugelernt und mich mit vielem kritisch auseinandergesetzt (wahrscheinlich war das sogar die heimliche Absicht des Autors). Ich habe den Autor auf einer interessanten Reise begleitet und werde auch in Zukunft seine virtuelle Reisebegleitung bleiben.
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