In diesem Buch begleitet der/die Lesende den jugendlichen Rafe in einer Art Neuanfang/Sozialexperiment. Zwar wird er nach seinem Outing von den Leuten seiner Umgebung akzeptiert und von seinen Eltern geliebt und gefeiert, aber er fühlt sich dennoch abgeschnitten, denn das Label 'Homosexuell' scheint alles andere an ihm einfach zu überdecken. Selbst FreundInnen in der Schule sehen in ihm offenbar nur den schwulen Jungen (nicht den Jungen, der schul ist). Ihm ist, als wäre das Label 'Schwul' eine unüberwindbare Barriere, also zieht er für die Highschool in ein Wohnheim acht Bundesstaaten und fast 2000 Meilen entfernt, wo ihn niemand kennt, und legt das Label ab.
Ohne dass er sich im neuen Umfeld outet, geht man dort davon aus, er sei heterosexuell (Heteronormativität wie Mensch sie kennt). Doch als Rafe die anderen Jungs besser kennenlernt, werden bald kleine Notlügen nötig, um nicht wieder die selbe Situation wie in der Heimat herbeizuführen, und so stellt sich bald die Frage, wie gut man sich eigentlich kennt, wenn man einen Teil von sich verdeckt hält. Hat Rafe eventuell die Barriere des alles überdeckenden Labels doch nur gegen eine seine Sexualität verdeckende Fassade eingetauscht? Wer ist Rafe?
Von diesem Roman las ich das englische Original Openly Straight, und kann daher zur Übersetzungstechnik in der deutschen Fassung wenig sagen, möchte aber meinen Eindruck von Story und Stil gerne mitteilen.
Diesen Roman fand ich sehr interessant im Ansatz und unterhaltsam in der Umetzung. Es wird sehr eingängig mit Themen von Identität und Labels gespielt. Vor allem auch der charmante Humor im Buch hat mich angesprochen, und die nicht ganz einfache Liebesgeschichte macht einen authentischen, nachvollziehbaren Eindruck. Das Ende läst einiges an Interpretationsspielraum zu - man könnte aber auch sagen, es bettelte um eine Fortsetzung, welche der Autor ja auch in "Honestly Ben" geliefert hat (leider bisher, 2019, nur in englischer Fassung erhältlich).
Andreas Diesel
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Aus der Vielzahl der jährlichen Bucherscheinungen, hab ich einen bestimmten Roman ins Auge gefasst und mich sehr darüber gefreut, dass der Albino Verlag ihn nun auf Deutsch herausgebracht hat: Guapa von Saleem Haddad. Rasa ist der Hauptprotagonist in diesem Debütroman und der Leser irrt mit ihm scheinbar ziellos durch seine Heimatstadt, in einem namenlos-bleibenden arabischen Land, dass zerrissen ist und irgendwo zwischen einer Diktatur und einer radikal-islamistischen Opposition festhängt. In dieser aufgeheizten Stimmung wird sein bester Freund seit Kindertagen verhaftet und in ein Foltergefängnis des amtierenden Präsidenten gebracht. Zu allem Übel ist Rasa von seiner Teta, seiner Großmutter, in einem intimen Moment mit seinem Freund Taymour beobachtet worden. Rasa hängt seinen Erinnerungen an seiner Kindheit und scheinbar besseren Tagen nach und lässt den Leser daran teilhaben.
Das literarische Jahr hat gerade erst begonnen und dennoch traue ich mir zu sagen, dass - Guapa - von Saleem Haddad mein persönliches Lesehighlight des Jahres 2017 ist und unbedingt gelesen werden sollte. Wir begleiten den Hauptprotagonisten während eines einzigen Tages, aus dessen Sicht die Geschichte erzählt wird, und erfahren so über das schwierige Leben als Homosexueller in einem radikal islamisch geprägten Land. In einem Interview hat der Schriftsteller gesagt, dass all die Protagonisten die in diesem Roman vorkommen, teil seiner selbst sind und es in diesem Sinne auch biografisch gelesen werden kann. Dennoch habe ich das Gefühl, dass Saleem Haddad nur an der Oberfläche kratzt und der Leser nur eine Ahnung bekommt, wie es ist so aufzuwachsen wie er es wohl getan hat und auch so zu leben.
Prosaisch, Sehr bewegend, authentisch, ein literarisches Kleinod - sind jene Eigenschaften, die mir zu - Guapa - einfallen. Eigenschaften, mit dehnen andere Romane hochgelobt und gehypt worden sind, und dort - meiner Meinung nach hin vorhanden waren. Lieber Volker Weidermann, hier hatte ich Tränen in den Augen, hier musste ich weinen und nicht in diesem anderen literarischen Buch, dass Sie so wunderbar beschrieben haben. Lesen Sie doch dieses Buch, ich bitte Sie.
Wenn Ihnen - Guapa - gefallen hat, dann lesen Sie doch auch bitte den biografisch inspirierten Debütroman - Das Ende von Eddy - von Éduard Louis, der vom Ende der Kindheit in einem französischen Dorf schreibt.
"Skullflush" nennt sich eine neue Droge, die scheinbar aus dem Nichts ihren Weg vom Regenwald hinein ins glitzernde Nachtleben von Miami gefunden hat - und mit Nachdruck auf sich aufmerksam macht. Denn diese Droge ist anders; sehr viel anders sogar. Wer eine Prise "Skullflush" konsumiert, wird nie mehr der Gleiche sein. Denn das grüne Pulver aus dem Regenwald kann mehr als nur kurze Phasen der Freude schenken. Vielmehr verwandelt es normale - oder auch weniger normale - Menschen in reißende Bestien; Kreaturen, die nur noch einen Daseinszweck kennen: Dem Töten. Ein Strudel aus Zufällen sorgt dafür, dass der Journalist Justin Trent eines Abends Bekanntschaft mit dem grünen Pulver schließt. Ganz zu schweigen von Tony Mendoza, seines Zeichens Drogendealer und für jede Gewalttat zu haben. Und als Justin ihm das Skullflush entwendet, bevor es weiteres Unheil anrichten kann, zückt Mendoza natürlich die Waffen - bereit, seinem Gegner eine Kugel zwischen die Augen zu jagen und wieder in den Besitz der Droge zu kommen.
Eine ungeheuer spannende Geschichte, die mich schon nach den ersten Seiten in ihren Bann gezogen hat. Die Charaktere sind sehr detailreich, werden psychologisch hervorragend ausgeleuchtet, und die ganze Situation und die Abläufe sind (soweit es das phantastische Element zuläßt) realistisch und logisch dargestellt. Man bekommt einen Einblick in den Alltag von Dealern und Drogenbossen, in ihre Motive, Methoden und gelegentlich auch ihre Skrupel.
In den Händen eines anderen Autors wäre die Story um die geheimnisvolle Droge aus dem Urwald zu einer splattrigen Pulp-Story ohne viel Tiefgang geworden. Doch Hodge lässt sich glücklicherweise nicht auf diesen Fehler ein und verleiht seinen Hauptpersonen Tiefe und eine Vergangenheit. Ohnehin wird Zwischenmenschliches sehr groß geschrieben in "Nightlife". Aber ganz ohne Tempo und Dramatik kommt das Werk dann nun doch nicht aus. Mit einem erstaunlichen Gespür für perfekte Übergänge wechselt Hodge mehrmals auf drastische Art und Weise zwischen Zart und Hart. Alles in allem kann man dem Festa-Verlag also mal wieder dazu gratulieren, ein weiteres Horror-Kleinod ausgegraben und an die deutschen Horrorfans weitergereicht zu haben.
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