Cover des Buches Voodoo (ISBN: 9783955201395)
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Rezension zu Voodoo von Andreas Gößling

Magie, richtig verstanden

von rumble-bee vor 10 Jahren

Kurzmeinung: In diesem leicht verständlichen, aber fundierten Buch werden so manche Vorurteile auf den Kopf gestellt. Hat mir sehr gefallen!

Rezension

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rumble-beevor 10 Jahren
Ich habe so manchen fragenden Blick geerntet, als ich dieses Buch las. Voodoo?? Du gibst Dich mit Hexerei ab??! Das war höchst verdächtig. Doch hier fangen ja die Missverständnisse schon an. Die wenigsten meiner Mitmenschen wussten, dass es sich beim Voodoo um eine anerkannte Religion handelt, die noch heute praktiziert wird. Und die ausgesprochen farbig und faszinierend ist.

Ich habe endlich einmal mit meinen eigenen Vorurteilen aufräumen wollen - außerdem interessiere ich mich schon lange für alle möglichen Weltreligionen. Mit diesem Buch habe ich einen kleinen Glückstreffer gelandet. Andreas Gößling weiß offensichtlich, wovon er schreibt - wenngleich man ihm auch die eine oder andere ein wenig schwärmerische Formulierung nachsehen muss.

Er ist, so erfährt man, "Mythenforscher", also durchaus Wissenschaftler. Gleichzeitig aber auch Autor von eher "phantastischen", aber fantasievollen Romanen. Beides merkt man diesem Werk an! Er beschreibt den Voodoo wirklich umfassend, von der Geschichte über die "Heiligengalerie" bis hin zu modernen Praktiken. Es bleibt eigentlich keine Wissenslücke offen. Gleichzeitig spricht er aber auch die emotionalen Aspekte an, und die Bedeutung, welche diese Religion heute noch für die sie Praktizierenden hat.

Es ist insofern ein "halbes Sachbuch", als sich der Autor eben an mancher Stelle sehr in die Psyche der Haitianer versetzt. Er schildert aus sehr menschlicher Sicht, dass zum Beispiel Voodoo zur Zeit der (französischen) Besatzung vor allem ein politisches Instrument war. Und wie hinterlistige, politisch findige Hexer dies schon immer auszunutzen wussten. Vor allem dieser Aspekt hat mich an dem Buch sehr überzeugt: hier wird unsere - westliche - Sicht von "gut" versus "böse", von "weißer" versus "schwarzer" Magie sehr relativiert. Man muss eben alles vor einer viel weiteren Perspektive betrachten. Das macht manchen Ritus immer noch nicht "schöner" in unseren Augen, aber verständlicher.

Der einzige, winzige Minuspunkt an diesem Buch ist - manchmal - die Sprache, und die Tatsache, dass man nicht immer weiß, woher der Autor seine Kenntnisse bezieht. Oft bezieht er sich auf einen befreundeten Haitianer, einen katholischen Pater, der aus eigener Anschauung vor Ort so manches zu berichten weiß. Vieles bleibt aber auch unklar. Die angehängte Literaturliste ist ebenfalls eher dürftig.

Doch letztlich hat das für mich den Wert dieses Buches nicht geschmälert. Ich bin durchweg sehr begeistert, weil mir die Augen geöffnet wurden für ein pralles Stück Leben, das am anderen Ende der Welt stattfindet. Ein Leben und eine Weltsicht, die ich ja nicht immer teilen muss - die mir aber zeigt, wie sehr einen der verstandeslastige Eurozentrismus doch bisweilen in eine Sackgasse führt. Hat mir wirklich sehr gut gefallen.
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