betti ist plötzlich mutig. sie fährt ihre brieffreundin besuchen, september nowak heißt die (wow!), lebt in monaco und schreibt interessante briefe über ihre eigene interessante person. betti ist beeindruckt. september nowak braucht immer länger für eine antwort als betti. september nowak muss schön und begehrt sein. in monaco angekommen stellt sich jedoch heraus: september nowak heißt nicole, nicole ist fett, alles erzählte aus den briefen war gelogen, nur die auslotung des möglichen, ein simpler zeitvertreib. betti weint. aber sie bleibt in südfrankreich. sie setzt sich in einen bus mit fahrgästen ("minuten später verlor sich das meer türkis im grauen morgendunst. die anderen sahen kaum hin oder mit blicken wie fahrgäste in westfalen auf maisfelder").
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bei allem dachte ich immer: genau, auweia, das ist gleiche wie, vielleicht, wenn man nach rom fährt und denkt sich sowas wie wasmussdasfüreinestadtsein, da glitzerts und alles ist aus gold! und dann kommt man an und da ist auch nur verkehr und müll und gedrängel. oder: wie ein versehentlich schönes licht auf eine ecke welt, die eigentlich (sagen die anderen!) gar keiner belichtung bedurft hätte. und dann doch so schön wirkt, man weiß gar nicht genau wieso, aber man muss da ständig hingucken. baucontainer auf parkplatz im schnee mit absperrband ohne grund oder so. man würde das dann fotografieren, würde man denn fotografieren. oder es aufschreiben, würde man denn aufschreiben. markus berges schreibt sowas dann jedenfalls auf, vielleicht mit absicht, vielleicht, weil er muss. für die musik macht er das ja auch. und er achtet beim erleben, das vermute ich aber nur, auf licht und gegenstände und materialbeschaffenheit, die dinge sind immer irgendwie falsch platziert, wirken außerirdisch und nicht, als hätten menschen das erfunden: architektur und gebrauchsgegenstände ("alle paar meter bodenlampen wie trockenhauben für riesinnen"). nebenfiguren haben hautunreinheiten, singen falsch, fahren schlecht auto.
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die hauptfigur betti ist jedenfalls im kern der handlung unterwegs, im schwimmbad von monaco macht sie sich selbst zu september nowak, nach ihrem namen gefragt. september nowak, die zweite im text. es kommt dann zu gesprächen und ortswechseln; bettis september nowak erlebt etwas. man kann nicht immer folgen. aber immer wieder kommen wörter vor, wie in den liedern, die der autor schreibt, wie vokabeln einer fremdsprache, die man dann unbedingt sofort auch mal sagen will, weil man sie noch nie im mund hatte.
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das ist so scheißeschön!
Rezension zu "Ein langer Brief an September Nowak" von Markus Berges



