Cover des Buches Dirndl Porno (ISBN: 9783954512713)
kriegerins avatar
Rezension zu Dirndl Porno von Andreas Karosser

Heiß, heißer... DIRNDL PORNO

von kriegerin vor 10 Jahren

Kurzmeinung: Heiß, heißer... DIRNDL PORNO! Himmelherrschaftssakrament... welch eine "Hommasch" an die bayerische Tracht und deren Trägerinnen.

Rezension

kriegerins avatar
kriegerinvor 10 Jahren
Inhalt:
Ja, in Feilnbach geht's heiß her. Nicht was die Temperaturen betrifft, sondern der "Kalender-Strip" und der DIRNDL PORNO erregen/erhitzen die Gemüter des Nests Feilnbach am Fuße der Alpen. Da wird mal eben schnell im Handumdrehen der Hauptdarstellerin Sarah Lubner mit einem Hirschfänger der Garaus gemacht. Die Liste der Verdächtigen wächst rasch an und der "Rosenheim-Cop" Lorenz(0)/Lenz(i) Hölzl (Deutsch-Italiener) ermittelt zusammen mit seiner Kollegin Franzi Graßmann im sprichwörtlich heißesten Fall ihrer Karriere.

Meine Meinung:
Mit DIRNDL PORNO hat Andreas Karosser mal eben im Handumdrehen ein neues Genre innerhalb des Kriminalromans geschaffen: den erotischen Heimatkrimi. Diese Bezeichnung trifft den Nagel auf den Kopf. Diesem Werk haftet nichts Schmutziges an - wie es der Titel vielleicht vermuten ließe. Nein, hier wird niemand verunglimpft (außer vielleicht einmal... *hihi*) und die erotischen Szenen sind schon fast als kunstvoll zu bezeichnen. Die Sex-Szenen sind allesamt schon fast so beschrieben, dass man sich als Leser schwer tut, das mit dem Begriff "Porno" in Einklang zu bringen. Eben untypisch Porno. Das ein Mann so was zu Wege bringt, ist schon erstaunlich. Bislang kennt man das nur aus der E. L. James-Ecke.
Alles in allem eine "Hommasch" an die bayerische Tracht und deren Träger(innen), die Alpen, die Traditionen und überhaupt.

"... Dort bekam Lorenz, dank der beiden ungewohnt starken Radlermaß eine ordentliche Frischluftwatsch'n geschallert..."

Irrwitzige Dialoge, z. T. in Mundart, untermalen die Szenerie zusätzlich. So sorgen Sätze, wie z. B. "Starren ihre Brüste deine Augen an?", "Es ist kurz nach halb drei. Wenn wir Glück haben, sind die Studenten schon aufgestanden." oder "Kennen Sie die Fotos? Junge Madl'n, halb nackert in diesen Zirkus-G'wändern. Der Fotograf, der sagt immer, des sei eine Hommasch an die Tracht. Ich sag, des is a Sauerei.", immer wieder für Schmunzler an den richtigen Stellen, vor allem dann, wenn es vorher wieder heiß her gegangen ist. Tut gut, der Abkühlung wegen...

"... Die Kamera schwebte um die beiden Mädchen herum, als wäre sie ein Schmetterling, der zufällig Zeuge des sündigen Treibens geworden war..."

Der Plot selbst spielt in zwei verschiedenen Zeitebenen: einmal in der Gegenwart (nach dem Auffinden der Leiche) und einmal in der Vergangenheit, vor Sarah Lubners Ableben. Die zweite Ebene nähert sich Schritt für Schritt dem Verbrechen. Dadurch wird der Leser nach und nach mit zusätzlichen Informationen gefüttert, ohne sich an der eigentlichen Handlung zu "überfressen".

"... Lorenz war auf der künstlerischen Ebene schwer beeindruckt, auf der körperlichen brauchte er dringend eine kalte Dusche..."

Auch die einzelnen Kapitelüberschriften sind absolut herzig. "Da Schnacksl-Film", "A unmoralisch's Angebot" und "Nix Gwiss woass ma ned" machen im wahrsten Sinne des Wortes Lust auf mehr.

"... Ein Fuchs, der Mann, dachte Lorenz. Man möchte ihn am liebsten an die Wand klatschen, während man ihm anerkennend die Hand schüttelt..."

Die Protagonisten:
Mädels, haltet euch fest! Der Lorenz(o) ist nicht nur waschechter, glatzköpfiger, gut gebauter Deutsch-Italiener, nein, er hat noch dazu ein Faible für teure Schuhe. Ist das nicht geil? Männer mit Schuhtick sind ungefähr so oft anzutreffen wie Frauen mit Liebe zum Werkzeug (ich zähle mich da allerdings schon dazu, schon allein berufsbedingt).
In einem weiteren Punkt können sich mit Sicherheit auch eine Menge Leser mit ihm identifizieren: er ist wunderbar chaotisch und auf seinem Schreibtisch arbeitet er nach dem Zwei-Ablage-Prinzip, wobei alles früher oder später in Ablage "P" (=Papierkorb) landet. Herrlich! Lorenzo ist ein Kommissar mit einer gesunden Mischung aus (Selbst)Ironie und Humor.

Über Franzi Graßmann, seine Kriminaler-Kollegin, hingegen erfährt man eher wenig. Dadurch wirkt sie im direkten Vergleich mit ihm etwas blass und das liegt nicht nur daran, dass Lorenzo italienische Wurzeln hat. Da das Ende des Buches jedoch auf eine Fortsetzung hoffen lässt, gehe ich davon aus, dass wir Franzi im nächsten Buch etwas näher kennenlernen werden.

Andreas Karosser (ja, man merkt ihm an der ein oder anderes Stelle sein Germanistik-Studium an...) schafft es wie kein anderer Dinge so zu beschreiben, dass sogar einer Biogasanlage etwas erotisches anhaften bleibt. Glaubt mir, ihr werdet nie mehr an einer aufgeblasenen Biogasanlage vorbeigehen/vorbeifahren ohne zwangsläufig an folgende Be-, bzw. Umschreibung denken zu müssen (Kopfkino!): "Auch eine Biogasanlage gab es. Derzeit hatte sie sich kugelrund aufgebläht und sah aus wie ein nippelloser grüner Busen, der aus der Erde spross."

Den einfachsten Dingen, wie z. B. leuchtenden Straßenlaternen, haucht Andreas Karosser Leben ein, indem er sie nicht einfach leuchten oder brennen lässt, nein, er lässt sie ihre Nachtschicht beginnen. Wundbar - wenn auch etwas ungewohnt - zu lesen. Ja, daran könnte man sich gewöhnen.

Aber jetzt genug des Lobes (ich glaub ich habe mindestens zweimal so viel gelobt, wie ich jetzt "rügen" werde) - hier sind zwei Punkte, die mich etwas stören/irritieren:

Der erste Punkt ist Alkohol im Dienst. Ich bin selbst Bayerin und weiß, dass in Bayern das Bier zu den Grundnahrungsmitteln gehört. Jedoch gilt in Bayern was u. a. Polizeidienst angeht striktes Alkoholverbot, welches jedoch für das Kriminaler-Duo Hölzl-Graßmann nicht zu gelten scheint, denn sie knallen sich am Eisrebenfest kräftig die Birne zu.

Ein anderer Punkt, der mir aufgefallen ist, ist das erste Treffen mit Sarahs Vater, Manfred Lubner. Geschäftsmann durch und durch, und möchte man meinen, dass Pünktlichkeit bei ihm groß geschrieben wird. Doch Lorenz und Franzi kreuzen statt um 10 Uhr (wie verabredet wurde) schon um 8:30 Uhr dort auf und es wird kein Wort darüber verloren.

Das war's dann aber auch schon an negativer "Kritik". Nicht weiter tragisch, aber ist mir doch direkt ins Auge gesprungen.

Und jetzt noch ein weiteres, wunderbares Zitat zum Abschluss:

" [...], ärgerte sie, dass Cornelius auf ihr zu spielen vermochte wie auf einem Klavier und ihn ihr, ohne dass sie es verhindern konnte, viele schmerzhafte Saiten zum klingen brachte."

Na, seid ihr jetzt auf heiß auf den DIRNDL PORNO? Dann nix wie ab in die nächste Buchhandlung - es lohnt sich!

... und ich begebe mich bis zum Erscheinen eines Nachfolgers des erotischen Heimatkrimis auf die Suche nach weiteren literarischen und unterhaltsamen Schätzen, die es wert sind, ein paar Stunden seiner Lebenszeit dafür zu opfern.
Angehängte Bücher und Autor*innen einblenden (2)

Was ist LovelyBooks?

Über Bücher redet man gerne, empfiehlt sie seinen Freund*innen und Bekannten oder kritisiert sie, wenn sie einem nicht gefallen haben. LovelyBooks ist der Ort im Internet, an dem all das möglich ist - die Heimat für Buchliebhaber*innen und Lesebegeisterte. Schön, dass du hier bist!

Mehr Infos

Hol dir mehr von LovelyBooks