Andreas Neeser

 3,8 Sterne bei 31 Bewertungen
Autor*in von Wie wir gehen, Zwischen zwei Wassern und weiteren Büchern.
Autorenbild von Andreas Neeser (© Ayse Yavas / Quelle: Haymon Verlag)

Lebenslauf

Andreas Neeser geboren 1964, studierte Germanistik, Anglistik und Literaturkritik an der Universität Zürich. 2003 bis 2011 Aufbau und Leitung des Aargauer Literaturhauses. Sein umfangreiches Werk sticht durch seine formale und inhaltliche Vielfältigkeit heraus. Es wurde mit zahlreichen Auszeichnungen und Preisen bedacht. Bei Haymon: Unsicherer Grund.Erzählungen (2010), Fliegen, bis es schneit. Roman (2012), Zwischen zwei Wassern. Roman (2014), Wie halten Fische die Luft an. Gedichte (2015) und Wie wir gehen. Roman (2020). 

www.andreasneeser.ch

Alle Bücher von Andreas Neeser

Cover des Buches Wie wir gehen (ISBN: 9783709934852)

Wie wir gehen

 (18)
Erschienen am 17.08.2020
Cover des Buches Zwischen zwei Wassern (ISBN: 9783709971321)

Zwischen zwei Wassern

 (7)
Erschienen am 08.11.2018
Cover des Buches Unsicherer Grund (ISBN: 9783852186351)

Unsicherer Grund

 (3)
Erschienen am 06.11.2018
Cover des Buches Wie halten Fische die Luft an (ISBN: 9783709972199)

Wie halten Fische die Luft an

 (1)
Erschienen am 03.03.2016
Cover des Buches Brusina sucht ein Adjektiv (ISBN: 9783033093362)

Brusina sucht ein Adjektiv

 (0)
Erschienen am 01.01.2023
Cover des Buches Die Sonne ist ein nasser Hund (ISBN: 9783952305720)

Die Sonne ist ein nasser Hund

 (0)
Erschienen am 01.08.2006
Cover des Buches Gras wächst nach innen (ISBN: 9783952283172)

Gras wächst nach innen

 (0)
Erschienen am 01.03.2004
Cover des Buches Grenzland (ISBN: 9783952305744)

Grenzland

 (0)
Erschienen am 10.09.2007

Neue Rezensionen zu Andreas Neeser

Cover des Buches Wie wir gehen (ISBN: 9783709934852)
Thomas_Lawalls avatar

Rezension zu "Wie wir gehen" von Andreas Neeser

Das Nebeneinander ...
Thomas_Lawallvor 4 Jahren

Gelegentlich wird geschrieben, was Andreas Neeser nicht schreibt. Also jenes, was er gerne zwischen den Zeilen versteckt, und Leserinnen und Leser immer wieder zu aufregenden Entdeckungsreisen veranlasst. Jene literarische Schatzsuche scheint in "Wie wir gehen" zu entfallen, da er sich mit Unausgesprochenem nunmehr sehr konkret beschäftigt.

Wo wird am meisten geschwiegen, verschwiegen und um den heißen Brei herumgeredet? Jede/r weiß es: In der Familie. Natürlich nur in den anderen Familien, denn in den eigenen vier Wänden ist die Welt ja in Ordnung.

Monika "Mona" will aus diesem System des eingefahrenen Nebeneinanderherlebens ausbrechen. Startschuss ist die Erkenntnis, dass sie von Kindheit und Jugend ihres Vaters so gut wie nichts weiß. Jenen Ursachen, die ihn so werden ließen, wie er sich seit eh und je zeigt. Inwieweit liegen Ursache und Wirkung beieinander? Hat das eine mit dem anderen überhaupt etwas zu tun?

Und wie funktioniert das mit Nähe und Liebe im engsten Familienkreis? Muss man alles akzeptieren, nur weil der Vater eben der Vater und die Tochter eben die Tochter ist? Liebe als Programm, verkleidet in immer die gleichen Abläufe, oder ist eben doch alles irgendwie "vermurkst", erfunden aus einer "kruden Mischung aus Fürsorge, Bevormundung, Vereinnahmung und schlechtem Gewissen"?

Genau dies lehnt Monas Tochter Noëlle kategorisch ab und hält ihrer Mutter somit den Spiegel direkt vor die Nase. Probleme hat sie damit dennoch genug, zumal sie sich vom lebenden Vater, dem "Samenspender", mehr und mehr entfernt, der sich nach einem Überfall auf seine Goldschmiedewerkstatt in Fremdenhass verliert. Die Tat der vier jungen Männer aus dem Kosovo verallgemeinert und verwandelt er nach brauner Manier.

Auch hier wird die familiäre Beziehung auf harte Proben gestellt, zudem muss Noëlle den freiwilligen Einsatz ihrer Mutter in einer Beratungsstelle des Migrationsamtes lernen, richtig einzuordnen. Salim, ein syrischer Flüchtling, ist in der "geliehenen Heimat" angekommen, aber trotzdem weiterhin auf der Flucht in jener "provisorischen Existenz".

Vier Generationen umfasst dieses grandiose Familienbild und Sittengemälde. Andreas Neeser skizziert Lebensentwürfe, die zeitlich und in einer klar definierten Reihenfolge dicht beieinander liegen, und doch so furchtbar weit auseinander. Literatur kann auch hier, was dem realen Leben nicht gelingen mag. Einen konkreten Ort beschreibt er nicht, was auch gar nicht notwendig ist. Jene Strukturen sind an keinen geografischen Ort gebunden.

Bis in die kleinste Einheit einer Familie scheint immer das gleiche Prinzip der Sprachlosigkeit zu wuchern. Gesprochen wird mitunter viel - gesagt eher weniger. Noëlle, die jüngste in der Runde, bricht in einer ebenso frischen wie knallharten Vehemenz aus dem gegebenen Rahmen, durchschaut generationenübergreifende Verhaltensmuster mit analytischer Brillanz und tut somit genau das, was ihr Großvater, der "Verdingbub" Johannes, niemals hätte wagen dürfen, geschweige denn dessen Vater Gottlieb.

In einer klaren Rezeptur, wie wir denn nun gehen sollten, verliert sich der Autor nicht und betritt in diesem Fall wieder die von ihm gewohnte Bühne der offenen Türen. "Wie wir gehen" bleibt also allein unsere Entscheidung. Möglichkeiten haben wir heute mehr denn jemals zuvor. Und so verwundert es nicht, wenn Andreas Neeser das Ende, nachdem Mona die "Geologie überlistet" hat, entsprechend ambivalent gestaltet.

Cover des Buches Wie wir gehen (ISBN: 9783709934852)
Fantasticfoxs avatar

Rezension zu "Wie wir gehen" von Andreas Neeser

Wenn man trotz Nähe nicht zueinander findet
Fantasticfoxvor 4 Jahren

Andreas Neeser berichtet in seinem Buch von der schwierigen Beziehung eines Vaters zu seiner Tochter. Schon bald wird klar, dass es viel mehr ist als das. Die Distanz, die in dieser Familie herrscht, zieht sich durch mehrere Generationen. Wie soll man Liebe weiter geben, die man selbst kaum oder gar nicht erfahren hat? 

Das Thema an sich finde ich super, allerdings ist der Schreibstil überhaupt nicht mein Fall und so kam ich nur schleppend voran. Gerade zu Beginn waren die Zeitsprünge zwischen Kindheit des Vaters und dem Jetzt ziemlich verwirrend, was die Lesemotivation extrem verringert hat. Außerdem wurde vieles zu oberflächlich behandelt.

Leider für mich kein Highlight.

Cover des Buches Wie wir gehen (ISBN: 9783709934852)
RedCats avatar

Rezension zu "Wie wir gehen" von Andreas Neeser

„Das ist nicht für unsereins.“
RedCatvor 4 Jahren

….. Dieser Satz der Bescheidenheit und des Verzichts zieht sich wie ein roter Faden durch Johannes Leben, bestimmt sein „Werden und Sein“ und wirkt sich auch auf das Leben seiner Tochter Mona aus.

Mona (so um die 50 Jahre) hat sich nach 20 Jahre Ehe von ihrem Mann Pierre getrennt und lebt nun mir ihrer 14-/15-jährigen Tochter Noelle, die immer mehr ihre Selbständigkeit fordert, allein. Mona muss sich nun neu sortieren und stellt fest, dass sie sehr wenig über ihren Vater weiß, dass sie sich in all den Jahren, entfremdet haben. Erschreckt stellt sich fest, dass zwischen den beiden letzten ihrer Umarmungen mehr als 30 Jahre liegen. Nun will sie ihrem Vater, Anfang 80, der Krebs hat, wieder näher kommen. Sie will ihn verstehen und mehr von seinem Leben erfahren, da sein Leben auch das ihrige bestimmt und weiterhin auch das ihrer Tochter, da alle Beteiligten „Teil dieser Familiengeschichte“ (S. 62) sind.

Und so gibt Mona ihrem Vater ein Diktiergerät mit der Bitte, von sich zu erzählen. An seinem 83. Geburtstag holt Mona die Aufnahme heraus und fängt an, in die düstere, harte und entbehrungsreiche Kind- und Jugendzeit ihres Vaters einzutauchen, in der es nur wenige Menschen gab, denen er am Herzen lag. Es sind „siebenundvierzig Minuten für vierundzwanzig Jahre (…). Viel Gestotter, viele Pausen (…) So bleibt am Ende wenig von einem Leben“ (S. 9).

Die Eckdaten von Johannes Biographie füllt Andreas Neeser mit einer beeindruckenden, nachdenklich machenden Erzählkunst. Poetische und tiefsinnige Sätze, geprägt von einer Schwere und Bitterkeit, die schwer zu schlucken und zu verdauen sind, bestimmen die Atmosphäre in diesem Mehrgenerationenroman.

Und beim Lesen fragt man sich – so wie Mona auch - „was so ein Junge für ein Vater wird“ (S. 14) und wie er diese Härte – oder auch Ungerechtigkeit - des Lebens nur aushalten konnte. Was ist das für eine Leben, wenn man in einer Familie eher Ballast ist, eher geduldet als willkommen! Und wie ist es, wenn trotz physischer Nähe eine große emotionale Distanz das Leben – oder 'Dasein' bestimmt. Andreas Neeser schafft es, dass man in das Leben, die Gefühls- und Gedankenwelt der Protagonisten gut eintauchen kann.

Johannes Elias Haller wurde als viertes Kind nach drei Mädchen geboren und wurde schon früh als Verdingbub auf den Hof seines reichen Onkels geschickt, wo er bis zum Ende der Schulzeit aushelfen musste. Eine Lehre nach der Schulzeit kam nicht in Frage; so musste er sich zunächst als einfacher Laufbursche in der Firma, bei der seine Mutter als Näherin in Heimarbeit beschäftigt war, Geld verdienen. Gezeichnet durch Tuberkulose konnte er seinen Beruf als Schlosser nicht ausüben und musste umschulen. Mit 24 Jahren heiratete Johannes Verena Müller, ein Jahr später kommt Monika (Mona) auf die Welt. Und 15 Jahre später trübte die Todgeburt seines Sohnes Martin das Familienglück. 


Die Geschichte von Johannes zieht sich aber nicht gradlinig durch das Buch. Man muss schon etwas konzentriert lesen, um am Ball zu bleiben, da der Roman von der Gegenwart in die Vergangenheit springt und auch Perspektivenwechsel auf Lager hat. Mal sieht man Einzelheiten aus der Ich-Perspektive von Mona oder aber – und das vorrangig - eher distanziert als Betrachter. Neben Johannes Vergangenheit spielt auch Monas Vergangenheit und Gegenwart eine große Rolle. Und so wird der aktuellen Lebenssituation von Mona mit ihren 'Problemen' ein eigener Aktionsraum gegeben, der dem Roman Vielschichtigkeit verleiht, aber nicht vom Hauptthema ablenkt, da man merkt, dass die Biographien miteinander verwoben sind.- So spielen auch Monas Engagement in der Flüchtlingsarbeit, die Beziehung zu ihrer Tochter Noelle, die nicht alles schluckt, sondern auf fordert, rebelliert und protestiert sowie die Trennung von ihrem Mann eine mehr oder weniger große Rolle. 


Mir hat der Roman ausgesprochen gut gefallen, da diese Mehrgenerationengeschichte zeigt, dass die Lebenswege einzelner Generationen nicht unabhängig von denen anderer sind. Man erkennt eine Entwicklung der Selbstständigkeit vom bloßen Hinnehmen und sturen Aushalten, ohne darüber nachzudenken, über die Möglichkeit, sein Leben zumindest etwas anders zu planen bis hin zur Prämisse, selbstbestimmt zu sein. 

Beim Lesen wurde mir klar, dass „Wie wir gehen“ auch davon abhängt, wer uns wie vorausgegangen ist und wer nach wie vor mit uns oder neben uns geht.

Wer tiefsinnige Geschichten mit poetischer Sprache mag, wo man auch zwischen den Zeilen viel Gefühlvolles entdeckt, sollte dieses Buch unbedingt lesen. 

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