Cover des Buches Der göttliche Plan (ISBN: 9783839218211)
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Rezension zu Der göttliche Plan von Andreas Pittler

Ein perfider Machtkampf, göttliche Fügung und beste historische Atmosphäre und Sprache.

von Floh vor 8 Jahren

Kurzmeinung: Ein überaus bewerkenswerter historischer Roman. Sehr anspruchsvoll und sehr intelligent. Diese Sprachgewandtheit wird begeistern!

Rezension

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Flohvor 8 Jahren
Autor Andreas Pittler begibt sich in seinem neuesten historischen Werk „Der göttliche Plan“ auf weitreichende historische Wege und verbindet kirchliche Inquisition, Glaubenskrieg, Bürgerkrieg, Kaiserreich, englische Krone, Ketzertum und Liebesgeschichte zu einem äußerst spannenden und sehr detaillierten Meisterwerk. Diese historische Spannungsliteratur zeugt von bester Recherche, lobenswerter Sprachkunst und höchstem Anspruch. Fundiert, Überzeugt und bis ins kleinste Detail durchdacht. Der Bezug zu realen historischen Personen und Fakten tut sein Übrigens zu diesem anspruchsvollen und gehobenen Werk. Ein Meisterwerk der Sprachkunst und Gabe sich in die damalige Zeit des späten 16. und frühen 17. Jahrhunderts zu versetzen bedarf Zeit und Muße, bis sie die volle Wirkung auf den Leser erzielen kann. Vielseitig, recherchiert, fundiert, hochbrisant, thematisch sehr weitreichend und facettenreich und grandios anspruchsvoll. Fiktiv, surreal und real.
Erschienen im Gmeiner Verlag (http://www.gmeiner-verlag.de/)

Inhalt:
"Irrglaube!... Andrew O’Connor, irischer Aufständischer gegen Englands Königin, hat alles verloren, was ihm lieb und teuer war. In der katholischen Kirche findet er eine neue Familie, die ihn nach Wien entsendet, um dort einen protestantischen Laienprediger zu verhören, der des Ketzertums angeklagt wird. Die beiden ringen um Glaubenswahrheiten und gehen der Frage nach, welchen Sinn die menschliche Existenz nun wirklich hat. Doch alles, woran Andrew glaubte, wird plötzlich in Frage gestellt, als das Schicksal ihn auf dramatische Weise mit seiner Vergangenheit konfrontiert."

Zum Schreibstil:
Der ambitionierte und sprachgewandte Autor Andreas Pittler war mir bisher leider völlig unbekannt. Nun bin ich durch einen Zeitungsbericht auf diesen Autor mit seinem neuen interessanten Werk „Der göttliche Plan“ aufmerksam geworden. Historische Fakten, den Glaubenskrieg und die kirchlichen Hintergründe und Abgründe in einem zeitlosen Roman zu verbinden ist keine leichte Aufgabe für einen Autor und bedarf großes Geschick und Hintergrund. Doch der Autor Pittler überzeugt mich schon nach wenigen Seiten durch seine sprachlich geschickte Gewandtheit. Er bietet gehobene Dialoge und Erzählperspektiven, er bedient sich einer zeitgemäßen Sprache, wirkt dadurch beinahe poetisch und glänzt mit allergrößtem Geschick eine Atmosphäre damaliger Umstände zu erzeugen. Die nagende Kälte, der harte Winter, die Furcht vor der ersten Predigt, das anstehende Christfest, die Umstände und der Aufruhr um den Glauben, das Verwirrspiel, die Intrigen und der Kampf um die Krone. All das weiß der Autor anspruchsvoll und beeindruckend zu Papier zu bringen. Andreas Pittler bedient sich zwei Haupterzählsträngen mit einigen Nebenschauplätzen, die er gekonnt und abwechslungsreich bedient und mit Informationen und Entwicklung untermalt und füttert, so dass ein sagenhaftes Konstrukt an Elementen historischen Zeitgeistes entsteht. WOW. Damit hat mich der Autor sehr begeistert und ich zücke meinen imaginären Hut vor dieser lobenswerten und nicht alltäglichen Gabe der Schriftstellerei. Pittler wirkt sehr sicher in seinem Genre und weiß wovon er schreibt. Überzeugend, anspruchsvoll und sehr fundiert. Neben realen Ereignissen und historischen Personen und Größen, dieser geschichtlichen Denkmäler paart der Autor einen sehr spannend und komplex verwobenen Plan um den Sturz des Königreiches. Nach und nach entfaltet sich hier ein perfider Plan unter Gottes Namen, ein Glaubensantrieb, bestialische menschliche Abgründe und unvorstellbare Motivationen mitsamt einer tragischen Liebesgeschichte als Nebenhandlung. Seine Story, seine Schauplätze, die Charaktere...alles scheint bis ins kleinste Detail recherchiert und durchdacht zu sein. Einzigartig und bemerkenswert. Diese Stärke könnte aber auch gleich seine Schwäche sein. Denn um Seite 200 bis 300 passiert relativ wenig und es werden Fakten geboten, da fehlt stellenweise der Funke zum Weiterlesen und man vermisst einen Turbo, der einen in die Ereignisse zieht. Durchhalten lohnt sich an dieser Stelle sehr, auch wenn es zeitweise sehr mühselig wird…
Das Schriftbild ist angenehm und die Kapitel nicht allzu lang. Die Dialoge sind anspruchsvoll und von zeitgemäßer Sprache und Stand. Sehr authentisch dargelegt. Das Buch gliedert sich in drei Hauptabschnitte, wobei jedes dieser Teilabschnitte eine ausgezeichnete eigene Note und Tiefe besitzt.

Schauplätze:
Bei der Wahl der Schauplätze verdient der Autor Andreas Pittler weitere Sterne. Er hat einen fundierten historischen Roman erschaffen, der mit einer fast erschlagenen Vielzahl an Glaubensrichtung, Kulturen, Ländern und einer sehr treffenden Auswahl an Schauplätzen im Bereich Kirche, Kaiserreich, Glaube und Herrschaft, sowie familiärer Clans und Verbündete mit Geschichte, Poesie, Literatur, Macht und Ruhm glänzt. Andreas Pittler definiert seine Schauplätze mit Details, das Buch erzeugt Bilder und erinnert immer wieder daran, was für Umstände und Skrupellosigkeit in diesen Jahrzehnte lang währenden Krieg herrschte. Großes Kino. Seine Recherche zahlt sich stimmig aus. Hut ab! Orte und Epochen, an denen ich als Leser noch nie war, werden mir so nahe gebracht wie meine eigene Hosentasche. Von Prag, Rom, Spanien, Irland, England, Schottland, Wien… Dennoch gibt Pittler nur so viel preis wie möglich, aber nur so viel wie nötig. Dieser Umstand beflügelt die Fantasie der Leser sehr und nimmt ihn mit in die beklemmende und kaltblütige Welt der Glaubenskriege und der Ketzerei.
Viele atemberaubende Sequenzen bringen den Leser aufgrund der Facette und des Wirkens zum Staunen und bieten allerhöchsten Lesegenuss mit größtem Anspruch und viel Wissen und Hintergrund.

Charaktere:
Bei der Wahl der Charaktere beweist der Autor ein gutes Händchen, dennoch hätte ich mir gerade hier mehr Übersicht gewünscht. Ein Namensregister sowie ein Stammbaum des Adelsgeschlechts wäre sehr hilfreich gewesen. Wir begleiten in wechselnden handlungssträngen unterschiedliche Priester, Mönche, Abgesandte, Missionare und Päpste sowie Kardinäle und Herrscher. Das Spektrum ist hier sehr weitreichend an Darstellung der Einflussgrößen. Ganz besonders interessant ist die Beziehung zwischen Andrew O´Connor und seinem Freund Brendan O´Rourke, dessen Schwester sich Andrew zur Frau zu nehmen wünscht. Eileen hat Andrew schon von Kindesbeinen an bezaubert. Die beiden scheinen für einander bestimmt zu sein. Freund und Bruder Brendan gibt seinen Segen zu dieser Ehe die diese beiden Familienclans weiter verschweißen wird. Ein Stück Irische Stärke und Verbundenheit. Doch der Krieg und der Kampfeinsatz fordern ihren Tribut… Dieser historische Roman ist bemerkenswert intelligent und komplex. Neben realen wichtigen Größen der Weltgeschichte gibt es immer wieder interessante und klischeehafte Nebenrollen aus Kaiserhof und Kirche, sowie Regierung und Parlament. Dem Autor möchte ich hoch anrechnen, dass er einen sehr stimmigen und komplexen Pool aus Haupt- und Nebenrollen erschaffen hat und diese stets stimmig und rund in Einklang bringt. Seine Figuren sind der Zeit angemessen und erzeugen ein stimmiges Werk seiner Zeit und Epoche. Manche wird man bis zum Ende nicht mögen, manche werden den Leser überraschen, und manche sind im großen Finale gar nicht mehr am Leben.
Gerade die Macht der Herrschaft und die Skrupellosigkeit der Obrigkeiten, der Kirche und Glaubensrichtungen in diesem großen Krieg lassen den Leser nicht mehr los. Tief und eindringlich wird hier jeder Charakter vorgestellt.

Meinung:
Manches wirkte auf mich sehr anspruchsvoll und ermöglichte mir kein schnelles „weglesen“. Dieses Buch muss Zeile um Zeile aufgesogen und wirken gelassen werden. Sehr dicht und atmosphärisch, geballt mit Wissen und Sprachkunst. Die Passagen rund um den katholischen Glauben vielen mir besonders schwer, da ich mit dem Glauben nicht sehr bewandert bin. Jedoch war es für mich umso spannender und lehrreicher hier genauer ins Detail zu gehen. Ich bin verblüfft ob diese grandiose Recherche und Darstellung bis ins kleinste Detail. Jeder Aspekt scheint enorm wichtig zu sein. Viele Fakten und Puzzleteile erschließen sich auch erst recht spät im Verlauf der Handlung zu einem Ganzen. Sehr beklemmend und ich musste beim Lesen häufig meinen Blickwinkel verstellen, das hat mir wirklich gut gefallen. Ein grandioser historischer Spannungsroman, mit feinem Nervenkitzel, ausgesprochener Recherche, viel Hintergrund und Muße ob der historischen Meilensteine. Grandioser Anspruch, zeitlose Thematik. Hier liest man das Wissen und die Erfahrung des Autors durch seine Recherchen. Mainstream? Fehlanzeige. Ich wurde unterhalten, belehrt, gelehrt, angespornt und mit einem Meisterwerk belohnt. Ich liebe dicke Wälzer und anspruchsvolle Kost. All das darf man mit diesem Buch genießen. Hier gibt es Historie auf großem Niveau in vielerlei Hinsicht! Komplex und überraschend! Vielleicht nicht immer von leichter Kost. Man merkt hier in jeder Zeile, wie der Autor mit seiner Story lebt und sich seine Welt aus Fiktion und realen Ereignissen zusammengewoben hat. Sehr geschickt lässt er drei Handlungsstränge zu einem großen Komplott, einem göttlichen Plan, zusammenlaufen. Sehr schlau und talentiert gelöst. WOW, von diesem Autor möchte ich unbedingt mehr lesen!
Kritikpunkt:
Der Autor Andreas Pittler holt in seinen Ausformulierungen und Darstellungen sehr sehr weit aus. Manche Passagen ziehen sich daher arg und bieten Hintergrund und Informationen in geballter Form, die langsam und müßig zerkaut wird. Das bringt die Handlung nur wenig voran und stellt den Leser vor einer Herausforderung. Genießt man all das Wissen, oder lässt man sich ärgern, da es im Verlauf nur sehr langsam weitergeht. Hier kommt der Plot etwas ins Stocken, aber der Informationsfluss fließt… Zwischen Seite 200 bis 300 muss man sich schon sehr zusammenreißen um am Ball zu bleiben. Hier wollte ich zwischenzeitlich abbrechen, da es mir zu arg ausschweifend wurde. Aber: Das Durchhalten lohnt sich schon bald und die Handlungsstränge werden sich schon bald die Hand reichen und als Motor und Turbo dienen… Der dritte Abschnitt des Buches war mein persönliches Highlight und hat alle Mühsal und jeden Anspruch des Lesens schnell vergessen lassen und mit einem guten Buch beglückt!

Der Autor:
"Andreas Pittler wurde 1964 in Wien geboren und studierte dort Geschichte und Politikwissenschaft. Er arbeitete viele Jahre als Journalist, veröffentlichte daneben seit 1985 insgesamt 49 Bücher, zumeist historische Werke und Biografien. Im Jahr 2000 erschien sein erster Kriminalroman, dem bislang elf weitere folgten. Seine Werke wurden in insgesamt sechs Sprachen übersetzt und für mehrere Preise nominiert. 2006 erhielt er zudem vom österreichischen Bundespräsidenten das »Silberne Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik«."

Zum Cover:
Das Cover ist sehr ansprechend und passt absolut zum Roman. Es wirkt künstlerisch und deutet auf den Inhalt hin, der uns in diesem historischen Machtkampf um Glaube, Herrschaft und Krieg erwartet. Beinahe ein Verschwörungsroman. Genial. Das Buch wirkt absolut hochwertig und liegt wunderbar in der Hand, trotz seiner über 800 Seiten Stärke ist ein gemütliches Lesen garantiert. Auch nach Beenden des Buches sieht es fast wie neu aus, keine Leserillen im Buchrücken. Super!

Fazit:
Wer Historie, stetig wachsende Spannung und Recherche liebt, hohen Anspruch und Einblicke in die Welt der Glaubenskriege, irischer Clangefüge, Ketzerei und der Herrschaft der Krone, Kirche und Macht nicht scheut, sich von gelungener Recherche fesseln lassen will, der muss dieses Buch lesen. 4 mehr als verdiente Sterne für grandiose Sprachgewandtheit und fundierter Studie damaliger Ereignisse und Fakten. Hut ab!!!
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